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Wühltisch für Profis. Ganz so rabiat wie in den USA geht es in Deutschland noch nicht zu.

© REUTERS

Einzelhandel: Black Friday: Was Kunden von der Rabattoffensive haben

Der „Black Friday“ stammt eigentlich aus den USA. Doch auch in Deutschland locken immer mehr Verkäufer mit Rabatten.

Die Deutschen importieren gern Bräuche aus Amerika. Burgerläden gibt es in Berlin fast mehr als in jeder mittelgroßen US-Stadt. Bei Halloween hat es eine Weile gedauert, aber mittlerweile ist der Tag aus den USA auch bei deutschen Kindern beliebt. Und was den Kleinen ihr 31. Oktober, ist den Händlern ihr „Black Friday“ – hierzulande der kommende Freitag.

Ihn gibt es in den USA seit mehr als 50 Jahren, 1961 fing in Philadelphia alles an. Der Black Friday ist dort stets der Tag nach Thanksgiving, das immer am vierten Donnerstag im November stattfindet. Das Wochenende gehört dann traditionell der Familie, der Freitag ist Brückentag. Also dachten sich ausgefuchste Einzelhändler, das sei doch eine prima Gelegenheit, die Familien von der Couch ins Geschäft zu locken – mit kräftigen Preisnachlässen und zahlreichen Rabattaktionen. Das kam so gut an, dass sich andere Städte anschlossen, irgendwann öffneten die Geschäfte schon morgens um fünf, da standen die ersten Pfennigfuchser bereits Schlange.

Mit dem, was wir in Deutschland unter dem Schwarzen Freitag oft verstehen, nämlich dem Börsencrash des Jahres 1929, hat der Tag übrigens nichts zu tun. Der war ein Donnerstag und kam nur wegen der Zeitverschiebung einen Tag später am deutschen Finanzplatz an. Der Namensursprung des Black Friday ist dagegen nicht gesichert: Wie eine schwarze Masse hätten die Menschen vor den Läden ausgesehen, selbst der erfolgloseste Händler schaffte es, von den roten in die schwarzen Zahlen zu kommen, die Verkäufer hätten schwarze Finger vom vielen Geldzählen gehabt – Theorien darüber gibt es viele.

Klar ist nur: Die Veranstaltung ist längst so erfolgreich, dass nicht nur amerikanische Einzelhändler dabei mitmachen wollen, auch in Deutschland bieten viele Händler Rabatte an, um am 24. November möglichst viele Kunden in die Geschäfte zu locken und damit das Weihnachtsgeschäft einzuläuten.

Männer geben sechs Euro mehr aus als Frauen

„Wir haben noch lange keine amerikanischen Verhältnisse, aber auch in Deutschland entwickelt sich der Tag in den letzten vier bis fünf Jahren zu einem wirklich beliebten Einkaufstag“, sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB). Zwar gebe es in Deutschland nicht die terminliche Entsprechung zu den USA, dass durch den Brückentag die meisten Menschen frei haben, aber der späte November, sei noch einmal „ein schöner Anreiz, Klamotten für schlechtes Wetter zu kaufen“, sagt Busch-Petersen.

Anders als im Onlinehandel sei es in den Geschäften jedoch nicht so, dass sich durch den Black Friday der Höhepunkt des Weihnachtsgeschäfts in den November verschiebe. „Bei uns ist nach wie vor der letzte verkaufsoffene Sonntag vor Weihnachten einer der wichtigsten Tage im Jahr“, sagt Busch-Petersen. Da hätten die Geschäfte schlicht den Vorteil, dass Kunden ihre Ware gleich mitnehmen und keine Angst vor Lieferschwierigkeiten haben müssten.

Im Internethandel zündet das Black- Friday-Wochenende dafür jedes Jahr stärker. Mögen im Einzelhandel und in den Geschäften noch keine amerikanischen Verhältnisse herrschen, die Menschen sich noch nicht am Eingang über den Haufen rennen und sich gegenseitig die Tupperware und Flachbildfernseher aus den Händen reißen, noch bevor die Sonne aufgegangen ist, so drängeln sich im Netz die Händler um immer mehr Aufmerksamkeit, teils mit skurrilen Auswüchsen.

Die Wirkung lässt sich in Zahlen messen: 2015 machten die Aktionen um das Black-Friday-Wochenende beim Onlinehandel in Deutschland 18 Prozent der Onlinekäufe im November aus. 2016 kauften laut dem Preisvergleichsportal mydealz.de am Black-Friday-Wochenende die Verbraucher für 1,1 Milliarden Euro ein. Größer geht es selbstverständlich immer: In den USA kauften 2016 am Black Friday 154 Millionen Amerikaner ein, also fast die Hälfte der gesamten US-Bevölkerung – an nur einem einzigen Tag. Übrigens: Männer geben laut Statistischem Bundesamt an diesem Tag im Schnitt sechs Euro mehr aus als Frauen.

Eine Flatrate für Schnaps - vererbbar

Schwindelerregend sind die Zahlen, die ein vergleichbarer Tag in China brachte. Dort gilt der 11. November als eine Art Gegenveranstaltung zum Valentinstag. Wegen der vielen Einsen im Datum heißt der Tag „Singles Day“. Vor acht Jahren begann Chinas größter Internethändler Alibaba, seinen Kunden besondere Rabatte anzubieten, viele andere Händler zogen nach. In diesem Jahr verkaufte allein Alibaba Waren im Wert von umgerechnet fast 22 Milliarden Euro binnen 24 Stunden. In den ersten 60 Minuten wurden 150 000 Rasierer und 100 000 Mikrowellen verkauft. 16 Tonnen Frischwaren und mehr als sechs Millionen Pakete wurden verschickt. Ein Schnapshersteller bot eine Flatrate für ein Jahr an – vererbbar für den Fall, dass der Abonnent binnen fünf Jahren stirbt.

Solche Zahlen lassen Händler nicht nur in Fernost von Größerem träumen. Und weil den großen Händlern wie Amazon, Ebay und Co. ein einzelner Tag nicht reichte, wurde auch hier schnell der „Cyber Monday“ ins Leben gerufen, der immer auf das Thanksgiving-Wochenende folgt. Irgendwann wurde daraus dann ein komplettes Wochenende von Black Friday bis Cyber Monday, mittlerweile bieten Unternehmen wie Amazon und auch Saturn ganze Rabattwochen an. Saturn kündigte zum Beispiel an, die ganze Woche bis über den Black Friday hinaus Sonderangebote zu gewähren. Amazon veranstaltet schon zum wiederholten Mal eine ganze „Cyber Week“.

Für die Händler hat das Konsequenzen. Gemessen an den Umsätzen hat sich in den vergangenen Jahren der Startschuss für das Online-Weihnachtsgeschäft merklich nach vorn verschoben, von der ersten Dezember- in die zweite Novemberhälfte.

Wer mitmacht, muss sich vorbereiten

Das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln hat sich unter großen Onlinemarktplätzen wie Ebay und Amazon umgehört. Fast 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben dabei an, wegen des Black Friday ihren Gesamtumsatz in der Weihnachtszeit erhöht zu haben. 15 Prozent der Befragten sagten sogar, in der Cyber Week mehr als 40 Prozent ihres gesamten Weihnachtsumsatzes gemacht zu haben.

„Darin liegt Fluch und Segen zugleich“, sagt Oliver Brimmers vom IFH. Die Händler sollten verstehen, dass sie sich angemessen darauf vorbereiten müssten. Es werden zwar mehr Waren verkauft, aber mit einer geringeren Gewinnmarge. Der größere positive Faktor ist der Marketingeffekt. „Die Kunden werden da häufig neu verteilt“, sagt Handelsforscher Brimmers. Deshalb müsse sich jeder Händler darüber im Klaren sein: „Wenn man bei der Rabattaktion mitmacht, dann nur vorbereitet. Sonst kann viel falsch laufen.“

Etwa, wenn die Verkäufe nach oben schnellen, die Logistik aber überfordert ist und der Händler nicht gewährleisten kann, dass die Ware rechtzeitig beim Kunden ankommt. „Manche wollen damit vielleicht einen Adventskalender bestücken oder zu Nikolaus etwas verschenken, dann muss ich die Liefertermine auch einhalten können“, sagt Brimmers. Hier nutzten manche Händler ihr Potenzial offenbar noch nicht voll aus.

Vorausgesetzt natürlich, auch die Deutsche Post spielt mit. Die hatte auf mehrere Anfragen zum Thema nicht reagiert. Bis Weihnachten ist ja noch ein bisschen Zeit.

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