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Der Burger wird teurer - wenn der Stundenlohn der Burgerbrater auf zwölf Euro steigt, wie die Gewerkschaft NGG fordert.

© REUTERS

Einkommen in der Ernährungsindustrie: Gewerkschaft will zwölf Euro für McDonald's

Gewerkschaftschef Zeitler über gute Löhne und niedrige Fleischpreise: Tierwohl und Arbeitswohl zusammensehen.

In den Burgerbuden droht Zoff. Sollte es am heutigen Freitag keine Tarifeinigung geben, „werden wir mit Streikmaßnahmen den Druck erhöhen“, sagt Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Zum dritten Mal verhandeln Arbeitgeber aus der Systemgastronomie, zu der unter anderem McDonald’s, Burger King, Starbucks, Nordsee und Pizza Hut gehören, mit der Gewerkschaft über die Einkommen von 120 000 Beschäftigten. Der Einstiegsstundenlohn liegt derzeit bei 9,35 Euro; die Arbeitgeber haben bislang 9,48 Euro geboten, die Gewerkschaft will ein paar Euro mehr: „Die Forderung nach zwölf Euro prägt die Tarifauseinandersetzung und verbindet gleichzeitig die Beschäftigten in den unterschiedlichen Fast-Food-Ketten“, sagt Zeitler im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Gewerkschaftschef seit 18 Monaten

Der 48-Jährige führt seit 15 Monaten die NGG mit ihren knapp 200 000 Mitgliedern. In Berlin-Lichterfelde geboren, lernte Zeitler Hotelfachmann in einem Haus in Wilmersdorf. Seit gut 20 Jahren ist er für die NGG tätig. Das Kerngeschäft unterscheidet sich nicht von der IG Metall oder Verdi, und doch ist in der Ernährungsindustrie und der Gastronomie die Tarifflucht ausgeprägter als in anderen Branchen. „Wir beschäftigen uns jede Woche mit möglichen Arbeitskampfmaßnahmen“, sagt Zeitler, „wir sind Weltmeister bei Haustarifen.“

Wer den Flächentarif nicht zahlen will, der wird von der Gewerkschaft zu einem Haustarif „bewegt“. Das versucht die NGG aber nur dann, wenn mindestens 50 Prozent einer Belegschaft NGG-Mitglieder sind, die dann auch bereit wären, einen Tarif per Streik durchzusetzen. „Die vielen Auseinandersetzungen auf der betrieblichen Ebene sind für uns ein Kraftakt, dem wir uns aber stellen“, sagt der NGG-Chef.

Großkonflikt bei Brauerei Gilde

Zum Beispiel bei der Gilde Brauerei in Hannover. Das Unternehmen ist 2019 aus dem Tarif ausgestiegen und hat jetzt eine Zweiklassengesellschaft in der 130 Köpfe zählenden Belegschaft: Wer noch nach Tarif bezahlt wird, dessen Jahreseinkommen liegt rund 15 000 Euro über dem der Brauer ohne Tarif. Gilde hat das Unternehmen inzwischen in vier Einheiten aufgespalten und wehrt sich mit Aussperrungen gegen die Streiks. „Das habe ich in der Form noch nicht gekannt“, ärgert sich Zeitler. In der Systemgastronomie geht man pfleglicher miteinander um. Ein wichtiges Datum ist für den Gewerkschafter 2006 – damals habe sich McDonald’s entschieden, das Image nach und nach mit besseren Arbeitsbedingungen aufzupolieren. Der Branchenführer ist Trendsetter, denn von 120 000 Beschäftigten der Fast-Food-Ketten arbeitet die Hälfte bei McDonald’s.

Nur noch zwei Zigarettenfabriken

Die Fluktuation in der Branche ist groß; Arbeitnehmer, die mehrere Jahre in demselben Betrieb arbeiten, „sind eher selten“, sagt Zeitler. Das bedeutet aber auch, dass die Betriebe auf dem engen Arbeitsmarkt Mühe haben, Personal zu finden. Höhere Löhne können da helfen. Dabei sollte der Abstand vom gesetzlichen Mindestlohn (aktuell 9,35 Euro) so groß sein wie möglich, weshalb die NGG<TH>zwölf Euro aufruft. Die wird es nicht von heute auf morgen geben, das weiß Zeitler auch. Über den Zeitraum wird verhandelt. Alles in allem ist die Fast-Food-Wirtschaft ein Wachstumsbereich – auch für die NGG.

In anderen Branchen der Ernährungs- und Genussindustrie – Zucker etwa oder Tabak –, geht es bergab. Nach dem Aus des Philip-Morris-Werks in Neukölln gibt es hierzulande nur noch in Langenhagen bei Hannover und in Dresden Zigarettenfabriken.

Miese Arbeitsbedingungen im Schlachthof

Und dann ist da noch die Fleischindustrie. In den Debatten über zu niedrige Preise sind die Arbeitsbedingungen unterbelichtet, sagt Zeitler. „Allein auf das Tierwohl zu schauen, ist zu wenig. Wir müssen Tierwohl und Menschwohl zusammendenken.“ Die Arbeits- und Wohnbedingungen der oft aus Osteuropa stammenden Beschäftigten in den Schlachthöfen seien noch immer schlecht, insgesamt „werden weniger als zehn Prozent der Schlachthofbeschäftigten nach Tarif bezahlt“. Auch das ermögliche erst die Ramschpreise, zu denen bisweilen Fleisch angeboten werde.

„Eine Sonderabgabe auf Fleisch oder Milchprodukte ist der falsche Weg und betrifft vor allem schwächere Einkommensschichten“, sagt Zeitler. „Wichtiger sind politische Rahmenbedingungen für Tierhaltung, Tiertransport und -verarbeitung.“ Und Kontrollen wie neulich in Nordrhein-Westfalen, wo die Überprüfung von 30 großen Schlachtbetrieben 8700 Verstöße gegen Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetze ergab.

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