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Sigmar Gabriel (SPD), Bundesminister a. D., wird Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Bank.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

„Eine große Ehre“: Sigmar Gabriel wird Aufsichtsrat bei Deutscher Bank

Der SPD-Politiker wacht künftig über die Deutsche Bank – auf Bitten der Anteilseigner. Aufsichtsratschef Achleitner lobt ihn als Europäer und Transatlantiker.

Der ehemalige Bundesminister Sigmar Gabriel (SPD) wird Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank. Er soll Jürg Zeltner nachfolgen, der sein Aufsichtsratsmandat Ende vergangenen Jahres niedergelegt hat.

Gabriel werde zunächst gerichtlich als Aufsichtsrat bestellt werden und sich bei der nächsten Hauptversammlung am 20. Mai den Aktionärinnen und Aktionären zur Wahl stellen, bestätigte die Bank die Personalie in einer Pressemitteilung. Der Antrag sei am heutigen Freitag eingereicht worden.

„Wir freuen uns sehr, mit Sigmar Gabriel einen überzeugten Europäer und Transatlantiker für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewinnen zu können“, sagte Paul Achleitner, Aufsichtsratsvorsitzender des Geldinstituts. „Als ehemaliger Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister wird Sigmar Gabriel mit seinem großen Erfahrungsschatz einen besonderen Beitrag leisten und unsere Kompetenz im Aufsichtsrat ergänzen.“

Das Aufsichtsratsmandat Zeltners soll Kritik der EZB hervorgerufen haben. Denn der leitet hauptberuflich die Bankengruppe KBL European Privat Bankers, ein Netzwerk von Privatbanken in Luxemburg. Die Notenbank soll darin einen Interessenskonflikt gesehen haben. Seinen Job bei KBL wollte Zeltner aber nicht aufgeben. Anteilseigner Katar, das 2014 bei der Deutschen Bank eingestiegen war, wollte ihn trotzdem durchbringen.

Deutsche Bank im Umbruch

Gabriel besitze aber ebenfalls das Vertrauen der Großaktionäre aus Katar, hieß es in Finanzkreisen. In seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident saß Gabriel auch im Aufsichtsrat von Volkswagen, an dem die katarische Herrscherfamilie seit 2009 ebenfalls Anteile besitzt. Auch aus seiner Zeit als Außenminister kennt er die Großaktionäre vom Golf.

Auch die Bankenaufsicht, die Gabriels Vorgänger Jürg Zeltner abgelehnt hatte, soll informell bereits ihre Zustimmung signalisiert haben. Der formale Zustimmungsprozess beginnt immer erst nach einer gerichtlichen Bestellung.

Gabriel sagte, die Deutsche Bank habe die Chance und die Verantwortung, "die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft mit zu gestalten. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten".

Sigmar Gabriel hatte vor seiner Zeit bei der Deutschen Bank diese Ämter inne:

  • Von 2009 bis 2017 war der 60-Jährige Vorsitzender der SPD und mehrfach Bundesminister.
  • Von Januar 2017 bis März 2018 war er Außenminister, von 2013 bis 2017 Bundesminister für Wirtschaft und Energie.
  • Vor seiner bundespolitischen Karriere war er vier Jahre lang Ministerpräsident des Landes Niedersachsen und in dieser Zeit auch Präsidiumsmitglied des Aufsichtsrats von Volkswagen.
  • Zudem gehörte er von 2005 bis 2009 dem Verwaltungsrat der KfW-Gruppe an.

Die Transparenzorganisation Abgeordnetenwatch kritisierte Gabriels Nominierung und forderte eine Karenzzeit für solche Wechsel von drei Jahren. „Es schadet dem Demokratieverständnis, wenn Sigmar Gabriel keine zwei Jahre nach seinem Ausscheiden als Vizekanzler jetzt sein Adressbuch an die Deutsche Bank versilbert, das er nur als Vertreter des Volkes so prall füllen konnte“, sagte abgeordnetenwatch.de-Sprecherin Léa Briand dem Tagesspiegel. „Für Seitenwechsel in die Wirtschaft braucht es dringend ein Verbot von mindestens drei Jahren. Es muss für Konzerne unattraktiv werden, hochrangige Politikerinnen und Politiker als Türöffner einzukaufen.“

Auch die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus, sagte dem Tagesspiegel, der Wechsel sei "das falsche Signal zur falschen Zeit". Für den langfristigen Umbau müsse die Deutsche Bank verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. "Der Wechsel von Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat ist da wenig hilfreich und bestätigt die Vorurteile vieler Bürger und Bürgerinnen", so Paus.

Der Juso-Vorsitzende und SPD-Vize Kevin Kühnert kommentierte die Personalie mit einem Verweis auf die Kunstsammlung im Willy-Brandt-Haus. Bei Twitter verbreitete er ein Bild des Siebdrucks „Letzte Warnung an die Deutsche Bank" von Joseph Beuys. Der frühere Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske, der für die Arbeitnehmerseite dem Aufsichtsrat angehört, begrüßt die geplante Berufung Gabriels. „Vor dem Hintergrund seiner internationalen Erfahrung und Vernetzung wie auch seine Expertise in Nachhaltigkeitsfragen kann der Einsatz von Sigmar Gabriel eine sinnvolle Ergänzung des Aufsichtsratsgremiums sein“.

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Dagegen ist Klaus Niedung von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) eher skeptisch. Er sei doch sehr überrascht und wundere sich. „Herr Gabriel ist sicher nicht der absolute Experte im Bereich der Finanzindustrie“. Er bringe zwar ein gewisses Netzwerk mit, für die Bank sei er inhaltlich aber „doch nicht ganz der richtige“.

Die Deutsche Bank befindet sich derzeit im Umbruch. Ist sie zwar nach Bilanzsumme nach wie vor die größte Bank der Bundesrepublik, musste sie dennoch in den vergangenen Jahren einen rapiden Abwärtskurs verkraften. Der Aktienkurs schrumpfte von 114 Euro im Jahr 2007 auf rund sechs Euro im vergangenen Sommer. Vorstandschef Christian Sewing kündigte daraufhin im Juli einen drastischen Sparkurs an, der insgesamt rund 18.000 Jobs kosten soll. Berichten zufolge soll die Hälfte davon in Deutschland wegfallen. Ziel ist es, die Belegschaft auf 74.000 zu reduzieren.

Viele Einkommensmillionäre

Neben hausgemachten Problemen macht der Deutschen Bank auch das Niedrigzinsumfeld schwer zu schaffen. Trotz der Dauerkrise zählen die Spitzenmanager des Geldhauses zu den am besten bezahlten in Europa. 643 Angestellte der Deutschen Bank können sich als Einkommensmillionäre bezeichnen; das heißt, sie bekommen ein Jahresgehalt von mindestens einer Million Euro brutto. In keiner anderen Bank des Kontinents liegt der Wert so hoch.

Gabriel ist Autor der Holtzbrinck-Gruppe, zu der auch der Tagesspiegel gehört. Außerdem ist er Vorsitzender der Atlantik-Brücke.

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