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Fertiglasagne von Edeka.

© pa

Ein Jahr nach dem Pferdefleisch-Skandal: Wie gut sind Fertiggerichte heute? Der Lasagne-Test

Die Produktion von Tiefkühlkost müsse besser kontrolliert werden, hieß es vor einem Jahr, als rumänisches Pferdefleisch als "Rindfleisch" auf deutschen Tellern landete. Was hat sich seitdem getan?

Von Maris Hubschmid

Knapp zwölf Monate ist es her, dass deutsche Verbraucher erfahren mussten: Am Ende eines Geflechts aus internationalen Geschäftsbeziehungen und Transportwegen war rumänisches Pferdefleisch als „Rindfleisch“ auf ihren Tellern gelandet. Fast alle Händler waren betroffen, bis zu 2,8 Millionen Fertiggerichte. Was hat sich ein Jahr nach der Qualitätsdebatte verändert?

„Untersuchungen auf Pferde-DNA sind inzwischen Standard im Prüfmuster der Unternehmen“, sagt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVL). Zeitweise hatten Kontrolleure auch auf Känguru, Rentier und Esel getestet – damit ist es wieder vorbei. Manche Händler haben die Zahl ihrer Kontrollen erhöht, so auch Edeka: „Wir führen pro Tag mehr als 74 freiwillige Lebensmittel-Analysen durch“, heißt es bei dem Unternehmen, zu dem auch Netto Marken-Discount gehört. „Als Konsequenz aus den kriminellen Vorfällen haben wir uns entschlossen, bei den Eigenmarken-Fertigprodukten von Rewe und Penny nur noch deutsches Rindfleisch zu verwenden“, erklärt ein Sprecher der Konkurrenzgruppe Rewe.

Nicht, weil Pferdefleisch ungesund wäre, sondern weil deutlich wurde, wie wenig über die Inhalte etlicher Tiefkühlprodukte in Erfahrung zu bringen ist, waren damals viele Konsumenten verunsichert. Supermarktketten und andere Händler, die mehr und mehr die Einkaufspreise drückten, müssen stärker in die Pflicht genommen und bestraft werden, fordern Verbraucherschützer heute wie damals. „Wie der Lieferant den Niedrigpreis möglich macht, ist den Händlern erst mal egal“, kritisiert Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch.

Deutschland behindert Pläne für stärkere Kontrollen

Politisch wie rechtlich ist die Lage heute die gleiche wie im Frühjahr 2013. „Als Handelsunternehmen müssen wir uns darauf verlassen können, dass sich unsere Industriepartner, also die Produzenten und Vorlieferanten, an die gesetzlichen Vorschriften halten“, erklärt man bei Rewe. Das Gesetz gibt dieser Haltung recht. Lebensmittelkontrolle ist in Deutschland nach wie vor Sache der Länder, pro Jahr werden standardmäßig etwa 1600 Proben genommen. Vereinzelte Pläne, die Kontrollergebnisse künftig zu veröffentlichen, wurden verworfen. Auch ein behördenübergreifendes Netzwerk gibt es nicht.

Der von der damaligen Verbraucherministerin Ilse Aigner eilig angestoßene „Nationale Aktionsplan“ hat bisher wenig erbracht. Eine detaillierte Kennzeichnungspflicht, die Auskunft gibt, wo die Tiere, deren Fleisch verarbeitet wurde, aufgezogen, geschlachtet und zerteilt wurden, konnte auf EU-Ebene nicht durchgesetzt werden. Aus Frankreich kommt der Vorwurf, gerade Deutschland behindere die Pläne aus Rücksicht auf die Industrie.

Im Herbst 2013 war ein Gutachten der Kommission zu dem Schluss gekommen, dass eine solche Kennzeichnungspflicht die Produkte um bis zu 50 Prozent verteuern würde und deshalb „nicht ratsam“ sei. „Wir glauben nicht, dass eine Herkunftskennzeichnung das entscheidende Mittel ist“, meint auch Böttcher vom BVL. „Damals hat schließlich einer mit krimineller Energie Gesetze umgangen.“ Die Lieferketten für Pferdefleisch seien immer noch höchst unübersichtlich, kritisiert Foodwatch. Erst vor wenigen Wochen deckten Kontrolleure in Frankreich auf, dass ausgediente Pferde aus der Pharmaforschung zu Lebensmitteln verarbeitet wurden.

Die Ermittlungen im großen Lasagne-Skandal derweil dauern an. Der französische Betrieb, aus dem die Produkte kamen, steht nicht mehr im Fokus. „Wir glauben nicht, dass Profis über Monate nicht merken, dass sie anderes Fleisch verarbeiten“, sagt Foodwatch-Aktivist Wolfschmidt. Den Händlern zufolge haben die Fälle zu keinem anhaltenden Rückgang der Nachfrage nach Tiefkühlgerichten geführt.

Der Lasagne-Test von Netto bis Bio Company

Fertiglasagne von Edeka.
Fertiglasagne von Edeka.

© pa

MARKE: ALBERTO
GEKAUFT BEI: GALERIA KAUFHOF
PREIS: 2,59 EURO

Ein Produkt der mittleren Preiskategorie, gekauft in der – gehobenen – Lebensmittelabteilung der Galeria Kaufhof am Berliner Alexanderplatz. Enthält unter den Testprodukten den nachweislich größten Käseanteil: vier Prozent Edamer. Das schmeckt man, den sieht man sogar – der Käse wurde üppig über die oberste Teigschicht geraspelt, schmilzt im Ofen schön und verleiht der Lasagne so ein appetitliches Goldbraun. Vielleicht seinetwegen kommt das Produkt auf die meisten Kilokalorien pro 100 Gramm: 169. Grundsätzlich ist diesem Gericht eine gute Note auszustellen, auch weil auf Aromen und sonstige Zusatzstoffe größtenteils verzichtet wurde. Was die Würzung angeht, so ist die Lasagne aber auffallend süßlich im Geschmack, das gefällt uns nicht so gut.

MARKE: A&P
GEKAUFT BEI: KAISER’S
PREIS: 1,25 EURO

Ein Tester sagt sofort: Etwas knorpelig. Ansonsten ist an der Konsistenz dieses Gerichts nichts auszusetzen. Es hält im Ofen gut die Form, der Teig ist angenehm al dente. So dermaßen unitalienisch allerdings schmeckt kein anderes Produkt im Test – ob man bei einer Blindverkostung überhaupt auf Lasagne käme, scheint fraglich. „Charakterlos“, „fad“, „wenn überhaupt bitter-süßlich“ sind die Notizen der Teilnehmer. Was da bloß mit den diversen Gewürzen und Aromen aus der Zutatenliste passiert ist? Käse glaubt die Zunge überhaupt nicht zu erkennen. Und tatsächlich: der macht laut Angaben lediglich ein Prozent der Masse aus. Dafür sind Champignons und Margarine mit reingemischt, was wohl nicht zum italienischen Originalrezept gehört. Das Produkt weist den höchsten Fettanteil aus (sieben Prozent), der Fleischanteil beträgt 15 Prozent – elf Prozent Rind und vier Prozent Schwein. Noch schlichter, als die Packung aufgemacht ist, präsentiert sich also ihr Inhalt. Da ist nichts attraktiv und darum auch nichts preiswert – und dafür steht der Name A&P ja eigentlich.

MARKE: GUT & GÜNSTIG
GEKAUFT BEI: EDEKA
PREIS: 1,49 EURO

Wolf Stenzel, staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker, erklärt uns beim Blick auf diese Packung: Die Lasagne stammt aus der gleichen – luxemburgischen – Fabrik wie das billigere A&P-Produkt. Das überrascht, denn dieses Gericht schmeckt eindeutig besser. Wohl nicht ohne Grund: Der Fleischanteil ist höher, auch immerhin drei Prozent Käse sind dabei. Allgemein ist das Ganze ansprechender aufbereitet, die Zutatenliste ist übersichtlicher, obwohl letztlich die gleichen Bestandteile drin sind. Die aber werden hier ordentlich den verschiedenen Saucen, Bolognese und Béchamel zugeordnet. Außerdem findet sich der Hinweis: Fleisch aus QS-zertifizierten Betrieben. Das bedeutet, dass die Fleischlieferanten im Bezug auf die Lebensmittelsicherheit den Anspruch erfüllen, etwas mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen einzuhalten, zum Beispiel bei der Qualität der Futtermittel oder der Salmonellenvermeidung. Auf 100 Gramm hat diese Lasagne dazu etwas weniger Kalorien als das A&P-Produkt: 120 statt 138. Dass konkurrierende Händler beim selben Hersteller beziehen, komme häufig vor, sagt Stenzel. Die Einkäufer können für sich aber bestimmte Konditionen aushandeln, was die Unterschiede in der Zusammensetzung erklärt. Auch das Produkt aus dem Hause Netto (Testbericht unten) kommt von diesem Hersteller aus Luxemburg.

MARKE: MAMMA GINA
GEKAUFT BEI: NETTO
PREIS: 1,25 EURO

Dieses Produkt vom Discounter kommt im Test sogar besser weg als das etwas teurere Produkt von Edeka, obwohl der Supermarkt zum gleichen Unternehmen gehört und die Artikel aus dem gleichen Herstellerbetrieb stammen. Die Inhaltsangaben sind nahezu identisch, lediglich der Fleischanteil ist bei der Netto-Variante geringfügig geringer. Nach den empfohlenen 35 Minuten Backzeit (die bei allen getesteten Tiefkühlprodukten die gleiche ist) sieht diese Lasagne am ehesten so aus, wie wir sie servieren möchten – oben goldbraun, mit kräftigen Farben in der Sauce und in der Konsistenz stabil. Und sie scheint etwas intensiver zu schmecken, was Zufall sein, aber auch auf eine gegenüber dem Supermarktartikel leicht veränderte Würzmischung zurückzuführen sein könnte. Informationen über eine besondere Auswahl der Mast- und Schlachtbetriebe sind nicht ersichtlich. Unser Urteil: Kann man gut essen, wenn es einem nicht fragwürdig erscheint, nur 1,25 Euro für ein Fleischgericht auszugeben. An eine hausgemachte Lasagne kommt sie allerdings nicht heran.

MARKE: SALOMON
GEKAUFT BEI: BIO COMPANY
PREIS: 3,99 EURO

Kommt ganz anders daher: Die „Bio Schlemmer Lasagne Classica“ aus der Kühltruhe der Bio Company hat eine reine Pappverpackung und misst statt 400 Gramm 450. Zuerst sind wir skeptisch: Die Lasagne scheint im Ofen total zu zerfließen, keine ist so weich wie diese. Geschmacklich aber hat sie uns schnell für sich eingenommen: Sie hat nicht diese für Fertigkost in Deutschland typische Süße, sondern schmeckt angenehm herzhaft. Nach ein paar weiteren Bissen finden wir: Ein bisschen weniger Würzung hätte es auch getan. Mag sein, dass wir nach der Billigkost einfach anderes gewohnt sind, aber im Gesamteindruck wirkt die dominante Würzung eher unnatürlich. Auf künstliche Aromen wurde jedoch verzichtet. Statt Magermilch, Margarine und Hühnerei-Eiweiß ist hier Sahne drin, auch Basilikum, Rosmarin und Oregano werden aufgeführt, das finden wir vertrauensbildend. Interessant: Der Fleischanteil ist in diesem Produkt niedriger als in jedem anderen, gerade mal acht Prozent (reines Rindfleisch). „Man kann es so sehen, dass von einem der teuersten Rohstoffe am wenigsten geboten wird“, sagt der Sachverständige Stenzel. „Oder so, dass ein reduzierter Fleischkonsum einer ökologischen Lebensweise entgegenkommt.“ Ganz vom Biogedanken abgesehen würden wir uns trotz kleiner Kritikpunkte am ehesten wieder für dieses Produkt entscheiden.

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