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Krisenstimmung. Vor einem kamen die Autobosse zum Diesel-Gipfel nach Berlin: Matthias Müller, damaliger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen (v.l.n.r.), BMW-Chef Harald Krüger, Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von Daimler, und Matthias Wissmann, damals Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

© Maurizio Gambarini/dpa

Ein Jahr nach dem Diesel-Krisentreffen: Nach allen Gipfeln nur Ruh’

Vor einem Jahr tagte der vorerst letzte Krisen-Gipfel zum Thema Diesel. Passiert ist seither fast nichts. Ein Kommentar.

So weit sind wir schon, dass wir die Jahrestage von „Diesel-Gipfeln“ würdigen. Vor einem Jahr, am 2. August 2017, fand der vorerst letzte statt. Bundesminister, Ministerpräsidenten und Autobosse saßen im Kanzleramt zusammen, um „Sofort-Maßnahmen“ für eine bessere Stadtluft zu ergreifen. Einen Grund gibt es, an dieses Treffen zu erinnern: Keine der zentralen Vereinbarungen, die schnell und unbürokratisch wirken sollten, ist bis heute umgesetzt worden. Kein Cent ist aus dem Eine-Milliarde-Euro-Dieselfonds an die Städte und Kommunen geflossen. Keinen Cent haben die deutschen Autokonzerne in den Fonds eingezahlt. Kein Cent floss bis heute aus dem Bundeshaushalt, weil der Haushalt 2018 erst kürzlich beschlossen wurde und der Bund vorher gar nicht zahlen konnte. Ein Jahr Stillstand also – im dritten Jahr nach dem VW-Abgasbetrug?

Rechtfertigung mit Verfahrensfragen

Gipfelteilnehmer wie der Bundesverkehrsminister rechtfertigen sich mit Verfahrensfragen. Keine Förderung ohne Bescheid, kein Bescheid ohne Antrag, kein Antrag ohne Richtlinie… Im Übrigen sei die Luft ja auch ohne das „Sofortprogramm“ besser geworden, wie der Autoverband meint. Weil mehr als 200 000 Kunden die Umweltprämien zum Umstieg von einem alten Diesel auf ein saubereres Fahrzeug genutzt hätten. Sauber ist daran vor allem das Geschäft, das die Autohersteller zusätzlich machen konnten. Die neuen Euro-6-Diesel, das zeigen unabhängige Tests, schaffen in vielen Fällen im Realbetrieb nicht mal Euro-3-Niveau – sind also schmutziger als ältere Vorgänger.

Kommunen müssen handeln

Derweil lassen Millionen freiwilliger Software-Updates auf sich warten; erledigt haben die Autobauer nur, was amtlich angeordnet wurde. In den Städten tut sich dennoch etwas, weil die Kommunen handeln müssen, wenn sie die Gesundheit der Bevölkerung nicht aufs Spiel setzen wollen: Tempo 30, erste Fahrverbote, bessere Verkehrsleitung. All das wird aber nicht ausreichen, wenn der Straßenverkehr weiter zunimmt. Es bleibt, wie es war: Die Politik verheddert sich im Bürokratischen und setzt auf Freiwilligkeit, die Autoindustrie nutzt dies bis zur Schamlosigkeit aus. Allein, die schlechten Zahlen von Daimler zeigen, dass diese Strategie nicht mehr lange aufgeht.

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