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Effektiv arbeiten: „Jeder weiß, was ihn leicht ablenkt“

Wie schafft man nur die lange To-do-Liste für den Tag? Nicht durch Multitasking, sagt Mathias Fischedick. Der Business-Coach rät dazu, eine Aufgabe nach der anderen zu lösen und sich zu fokussieren.

Eine E-Mail an die Kundin schreiben, nebenbei eine Nachfrage des Kollegen im internen Chat beantworten und das Meeting in Outlook verschieben: Vermeintlich schaffen wir mehr, wenn wir Dinge gleichzeitig erledigen. Das geht aber gar nicht wirklich, sagt Mathias Fischedick.

Herr Fischedick, Sie sagen, Multitasking ist ein Mythos

Ja, es ist ein Irrglaube, dass Multitasking funktioniert. Unser Gehirn kann immer nur eine bewusste Tätigkeit gleichzeitig ausführen. Wenn Sie versuchen, beim Telefonieren gleichzeitig eine E-Mail zu beantworten, springt in Wirklichkeit Ihre Aufmerksamkeit immer hin und her zwischen Mail und Telefonat. Sie erledigen also nicht beides parallel, sondern es ist ein schneller Wechsel zwischen beiden Tätigkeiten. Jeder dieser unzähligen Aufmerksamkeitssprünge kostet Energie und auch Zeit. Das heißt, in der Summe verbrauchen Sie mehr Zeit, als wenn Sie beide Tätigkeiten nacheinander ausgeführt hätten. Zudem produzieren Sie bei dem Versuch des Multitaskings mehr Fehler. Diese zu korrigieren, kostet noch weitere Zeit, von der wir eh zu wenig haben.

Aber manchmal funktioniert es doch, mehrere Dinge auf einmal zu tun, oder fühlt sich das nur so an?
Multitasking funktioniert nur, wenn eine der gleichzeitig ausgeführten Tätigkeiten unbewusst ablaufen kann. Gehen ist so eine Tätigkeit. Diesen Bewegungsprozess haben wir so sehr verinnerlicht, dass er von alleine funktioniert. Dadurch haben wir Hirnkapazitäten frei, um gleichzeitig mit dem Handy zu telefonieren oder zu schauen, was im Schaufenster ausliegt. Sobald wir aber stolpern, etwa weil wir eine Stufe übersehen haben, schalten wir automatisch um und steuern zumindest für die nächsten Schritte unseren Gang bewusst, bis wir uns wieder sicher fühlen. Im Moment des Stolperns stoppen wir automatisch die andere, parallele Tätigkeit. Wir hören also etwa auf zu reden, oder unser Blick geht vom Schaufenster auf den Boden.

Wenn Multitasking nicht geht, was hilft dann, um das Arbeitspensum zu erledigen?
Wenig Ablenkung, klare Struktur und regelmäßige Pausen sind für mich die wichtigsten Faktoren, um möglichst viel zu schaffen. Wir werden in der heutigen digitalen Zeit zu sehr durch Mails, Nachrichten oder Anrufe abgelenkt. Studien haben gezeigt, dass wir nach der Ablenkung durch eine Handy-Nachricht ganze acht Minuten brauchen, um mit unserem Fokus wieder voll bei der Sache zu sein, mit der wir uns zuvor beschäftigt haben. Deshalb ist mein Tipp: Möglichst Störquellen ausschalten. Das heißt, das Handy auf stumm schalten und am besten mit dem Display nach unten auf den Tisch legen, damit wir nicht doch im Augenwinkel sehen, dass eine neue Nachricht eingegangen ist. Genauso empfiehlt es sich, das Mailprogramm so einzustellen, dass neue Nachrichten erst auf Knopfdruck abgerufen werden. Dadurch entscheiden wir selbst, wann wir bereit sind für neue elektronische Post.

Wie schafft man eine klare Struktur?
Struktur ist wichtig, da wir Zeit und Energie sparen, wenn uns klar ist, was wir bis wann erledigen müssen und vor allem auch, warum! Das Warum einer Aufgabe macht uns ihren Sinn klar. Wenn wir den Sinn verstehen, gehen wir motivierter und zielführender an die Sache, als wenn wir etwas nur erledigen, weil der Chef gesagt hat, dass wir das machen sollen, oder man das halt so macht. Deshalb mein Tipp: Hinterfragen Sie bei jeder Aufgabe, die Sie zu erfüllen haben, erst den Sinn und erledigen Sie diese nicht nur aus Gewohnheit. Entweder stellen Sie fest, dass die Aufgabe sinnlos und damit überflüssig ist, oder das Warum gibt Ihnen neben der größeren Motivation auch eine neue Idee, auf welche andere Art Sie die Aufgabe noch erledigen könnten, um das Ziel schneller zu erreichen.

Wie schützt man sich am besten vor Ablenkungen?
Jeder kennt sich selbst am besten und weiß, was ihn verführt. Seien es Whatsapp-Nachrichten von Freunden, eine neue Mail oder der Kollege, der kurz vorbeischaut. Wenn ich weiß, was mich leicht aus der Arbeit reißt, kann ich vorbeugen, etwa durch das Stummschalten des Handys oder einem Schild an der Bürotür: „Ich bin gerade beschäftigt und ab XX:XX Uhr wieder ansprechbar.“

Wie findet man nach einer unvermeidbaren Ablenkung schnell wieder zurück in die Konzentration?
Damit man den Kopf wirklich wieder frei hat für die ursprüngliche Tätigkeit, sollte man die neuen Informationen und Eindrücke, die durch den störenden Anruf kamen, erst einmal verarbeiten. Zum Beispiel, indem man direkt das erledigt, was sich aus einem Anruf ergeben hat. Das empfiehlt sich bei kleineren Aufgaben, wenn man etwa schnell ein Dokument weiterleiten soll. Bei einem umfangreicheren Pensum, das sich aus dem Telefonat ergibt, rate ich, sich eine Notiz zu machen, was genau später zu tun ist. Durch dieses Externalisieren und strukturierte Aufschreiben der Gedanken ist der Kopf wieder frei, um die begonnene Tätigkeit fortzusetzen.

- Die Fragen stellte Amelie Breitenhuber/dpa

Amelie Breitenhuber

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