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Komischer Kauz: Eine bis dato unbekannte Werbefigur wie Friedrich Liechtenstein ist für eine Kampagne immer ein Risiko.

© Tsp

Edeka-Video "Supergeil": Ein Video wie ein Virus

Marketing-Hits wie Edekas neuer Werbespot zeigen, dass effektive Werbung nicht teuer sein muss. Das einzige Risiko: Keinen interessiert's.

Eine Werbung im Netz so zu platzieren, dass sie zum Selbstläufer wird, das nennt der Fachmann "virales Marketing". Wenn es gut läuft, verbreiten sich solche Inhalte rasend schnell – wie ein Virus eben. Genau das ist der Supermarktkette Edeka mit ihrem dreiminütigen Youtube-Video "Supergeil" gelungen.

Darin tänzelt ein älterer Herr mit weißem Bart, verspiegelter Sonnenbrille und Anzug durch einen Supermarkt. Auf einen minimalistischen Elektro-Beat besingt er mit rauchiger Stimme die Produkte der Edeka-Eigenmarke: "Superfruchtig, superlecker, supersmooth – supergeil!" Der skurrile Clip, der sich seit dem 20. Februar auf der Video-Plattform befindet, trifft offenbar den Zeitgeist: Bereits vier Millionen Mal wurde er angesehen. Das Echo ist enorm, sogar in den USA gibt es Medienberichte über den Spot und seinen Protagonisten, den kuriosen Künstler Friedrich Liechtenstein. Der "Schmuck-Eremit", wie Liechtenstein sich selbst nennt, war bis dato nur in Berlin bekannt gewesen.

Idee von Jung von Matt

"Die Idee, Liechtenstein einzubinden, kam von Jung von Matt", erklärt ein Edeka-Sprecher. Die Hamburger Agentur zählt zu den deutschen Spezialisten für virales Marketing. Auf einen so unbekannten und sonderbaren Werbebotschafter zu setzen, sei natürlich ein Risiko gewesen, räumt der Unternehmenssprecher ein.

Es scheint sich ausgezahlt zu haben. Schließlich sind virale Videos – wenn auch "hochwertig produziert", wie Edeka betont – relativ preiswert. "Virales Marketing ist deshalb interessant, weil die Unternehmen nichts für Werbeplätze in den Medien zahlen müssen", sagt Alexander Diehl, Gründer der Berliner Marketingagentur KKLD. "Die Gefahr ist eigentlich nur, dass es keinen interessiert."

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Geringes finanzielles Risiko

Großes Erfolgspotenzial bei relativ geringem finanziellen Risiko, darin scheint also der Anreiz für virales Marketing zu liegen. Kein Wunder, dass Werbeagenturen seit Jahren versuchen, Hits wie Edekas aktuelle Kampagne zu erzeugen. Wenn die Inhalte erst einmal positiven Anklang beim Publikum finden, trägt sich so eine Kampagne schließlich wie von selbst. Marketing-Profi Diehl beschreibt das so: "Der Erste schreibt 'Mensch guck mal' und postet das im Social Web. Daraufhin schaue ich mir das auf Youtube an, poste es beispielsweise auf Twitter – und irgendwann schreibt der erste Blogger drüber." Von da an sei es nur eine Frage der Zeit, bis die etablierten Medien darüber berichteten. Helfen könnte es, einflussreiche Mitglieder der Netzgemeinde darüber schreiben zu lassen oder Werbungen zu schalten. "Virale Clips müssen relativ schnell ein gewisses Volumen an Zuschauern bekommen", sagt Diehl, "damit sie ein 'trending video' auf Youtube werden."

Den Anfang im viralen Marketing könnte hierzulande die Baumarktkette Hornbach gemacht haben, die 2004 ein Video mit dem "Einstürzende Neubauten"-Frontmann Blixa Bargeld produzierte. Der Sänger trug darin Texte vor, als seien sie literarische Höchstleistungen – dabei waren es nur profane Hornbach-Prospekte, die er zitierte.

Virales Marketing geht auch auf Plakaten

Einen Hang zum Abseitigen müssen sie scheinbar haben, die viralen Videos. Bei Edeka sieht Alexander Diehl kulturelle Referenzen wie das Rap-Duo "Icke & Er" mit ihrem Song "Richtig geil" oder den südkoreanischen Künstler Psy, der im Jahr 2012 mit seinem "Gangnam Style" mehr als eine Milliarde Aufrufe bei Youtube bekam. "Dadaistisch", nennt Diehl das, "leicht skurrile Werbung für eine scheinbar langweilige Marke."

Virales Marketing funktioniert allerdings nicht nur im Netz, es kann auch auf dem althergebrachten Werbeplakat daherkommen. Im Jahr 2012 machte Marlboro mit der umstrittenen Kampagne "Don't be a Maybe" von sich reden. Die Plakate enthielten allerdings zunächst keinen Markennamen, und so rätselten die Deutschen on- und offline, wer denn Urheber der Kampagne sei. Später wurde sie verboten, weil sie Jugendliche zum Rauchen verführe, entschied damals das Landratsamt München. Aktuell kann die Kampagne "Umparken im Kopf" als Beispiel dienen, hinter der die Netzgemeinde den Autobauer Opel vermutet.

Trotz des Erfolgs von "Supergeil" gibt es übrigens keine Planungen, weitere Kampagnen mit Friedrich Liechtenstein zu starten, heißt es bei Edeka. "Aber es ist natürlich auch nicht ausgeschlossen." Stattdessen plant das Unternehmen ganz herkömmliche TV-Spots und Anzeigen im Print und Online. Ob damit dieselbe Resonanz erzielt werden kann, ist fraglich – die bisherigen Edeka-Spots erreichten im Netz nämlich nicht ein Prozent der Klicks von "Supergeil".

Lukas Wohner

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