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Menschen mit Behinderung finden schwerer einen Job.

© picture alliance / ZB

Diversity Konferenz 2016: "Inklusion ist nicht Fürsorge"

Bei der Diversity-Konferenz ging es an Tag 1 darum, wie Unternehmen wegen Berührungsängsten Potential liegen lassen. Nudging soll Firmen helfen, unbewusste Vorurteile zu überwinden.

Von Ronja Ringelstein

Behinderung als Chance begreifen – inzwischen klingt das schon fast wie eine Plattitüde, denn die meisten wissen, dass Inklusion wichtig ist. Einer repräsentativen Studie zufolge, sagten das 2015 immerhin 98 Prozent der Deutschen. „Es gibt eine breite gesellschaftliche Übereinkunft, dass Menschen mit und ohne Behinderung stärker zueinander finden sollen“, sagte Armin von Buttlar, Vorstand bei Aktion Mensch, bei der Diversity-Konferenz. Bislang würden beide Lebenswelten trotzdem kaum aufeinander treffen. Bei Unternehmen, die davon profitieren könnten, Arbeitskräfte mit Behinderung einzustellen, herrsche häufig eine „not in my backyard“-Haltung.

Firmen haben Berührungsängste, Bewerber wenig Selbstvertrauen

Die Arbeitslosenquote ist mit 13,4 Prozent doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung. „Da lassen wir ganz schön Potential liegen“, sagte von Buttlar. Er begründete das einerseits mit der Angst der Arbeitgeber vor zu geringer Leistung, andererseits mit mangelndem Selbstbewusstsein der potentiellen Bewerber. Auch gebe es zu wenig Berührungspunkte. Wenn Menschen in Behindertenwerkstätten arbeiten, schafften sie den Sprung in ein anderes Unternehmen praktisch nicht.

Diversity Tagung im Verlagshaus Der Tagesspiegel.
Diversity Tagung im Verlagshaus Der Tagesspiegel.

© Kai-Uwe Heinrich

Aktion Mensch berät Menschen und Firmen zu dem Thema. Die Fördermöglichkeiten zur beruflichen Eingliederung seien insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen wenig bekannt. Von Buttlar ermutigte sie deshalb, potentielle Bewerber mit Behinderung aktiv anzusprechen, etwa bei der Stellenausschreibung. Und betonte: „Inklusion ist nicht Fürsorge. Am Ende müssen die Menschen ihre Arbeit gut machen.“ Deshalb müsse beim Bewerbungsgespräch auch darüber gesprochen werden dürfen, welche Behinderung vorliegt und ob sie die Arbeit beeinträchtigen könnte. Beide Seiten müssen sich am Ende wohlfühlen, um den bestmöglichen Job zu machen.

Eine Studie zeigt: Menschen mit Behinderung sind kreativer

Tatsächlich zeigte eine Studie, dass Menschen mit Behinderung kreativer sind, weil sie es lernen mussten, in einer Welt zurecht zu kommen, die nicht für sie gemacht wurde. Die Studie stellte Lisa Kepinski, Gründerin des Inclusion Institute bei einem Workshop zum Thema Nudging vor. Für viele ist Nudging ein rotes Tuch. Denn das „Stupsen“ soll Menschen dazu konditionieren, sich auf bestimmte Weisen zu verhalten – ohne, dass sie es merken. Manche sehen darin „Psychotricks“. In Verbindung mit den Themen Inklusion und Diversity sagte Kepinsky, dass es viele Möglichkeiten gebe, wie Firmen sich die Nudging-Methode zunutze machen könnten. Man müsse zunächst erkennen, dass jeder Vorurteile habe, auf deren Grundlage er Entscheidungen treffe. Umfragen zeigten etwa, dass ein Mann in einem Anzug für kompetent gehalten werde, eine Frau in einem bunten Kleid hingegen weniger. Googlet man das Wort „CEO“, ergebe die Suche nur zu elf Prozent Bilder von Frauen. Der Rest sind überwiegend weiße Männer in Anzügen.
Kepinsky berät Firmen, wie sie durch gewisse Anreize dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderung, mehr Frauen, mehr Menschen aus verschiedenen Kulturen in ihrem Unternehmen ihren Platz finden.

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