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Produktion steuern. Die Arbeitswelt wird immer digitaler.

© imago/Westend61

Digitalisierung: Ewige Veränderung in der Arbeitswelt

Viele Angestellte wissen nicht, wie sich ihr Job wegen der Digitalisierung wandeln wird. Woran es in Deutschland hakt.

Während viele Angestellte nicht wissen, wie sich ihr Job in einer immer digitaleren Welt verändert, haben ihre Chefs eine genaue Ahnung davon. Unter Führungskräften gibt knapp die Hälfte an, seine künftigen Aufgaben zu kennen – doch nur ein Fünftel der Mitarbeiter behauptet das. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Unternehmensberatung EY unter 1000 Fach- und Führungskräften verschiedener Branchen, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.

Dass sie sich in Zeiten der Digitalisierung kontinuierlich weiterbilden müssen, ist den Angestellten deutscher Unternehmen durchaus bewusst. 94 Prozent der Befragten sagen: Wer das nicht sein Leben lang tut, wird abgehängt. Als alleiniger Ansporn reicht diese Erkenntnis aber offenbar nicht aus. Zwei von drei Arbeitnehmern fordern als Belohnung für ihre berufliche und persönliche Entwicklung eine Gehaltserhöhung – ganz egal, wie alt sie sind. „Weiterbildung ist ein absolutes Muss und kann nicht jedes Mal zu einer Gehaltserhöhung führen“, behauptet jedoch Nelson Taapken, Partner bei EY und Experte für den digitalen Wandel im Personalbereich.

Die Mehrheit ist ansonsten auch bereit, ihren Job, sogar die gesamte Branche zu wechseln, wenn sie woanders bessere Chancen für sich erkennt oder ihren Job bedroht sieht. 41 Prozent empfänden eine solche Veränderung als enormen Kraftakt. Taapken rät Unternehmen dazu, die Angestellten ausreichend mit Angeboten zu unterstützen, um selbst zukunftsfähig zu bleiben.

Im Norden Europas sieht es besser aus

Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland nur mittelmäßig auf den Wandel der Arbeitswelt vorbereitet. Positiv sei laut einer Studie der OECD, dass die junge Generation der 16- bis 29-Jährigen hierzulande besser mit der digitalen Technik umgehen könne als dies anderswo der Fall sei. In vielen anderen Bereichen schneidet Deutschland aber bloß durchschnittlich ab – zum Beispiel bei Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene. Belgien, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Norwegen und Schweden sind schon viel weiter. In Griechenland, Italien, Litauen, der Slowakischen Republik und der Türkei sieht es noch kritischer aus als in Deutschland.

Traditionelle Bildungssysteme müssen sich zügig zu Systemen des lebenslangen Lernens entwickeln, lautet ein Fazit der OECD. Vor allem in Deutschland. Immerhin sind in der Bundesrepublik mehr Arbeitsplätze gefährdet als im Durchschnitt aller Länder. Das höhere Risiko der Automatisierbarkeit ist unter anderem auf den großen industriellen Sektor zurückzuführen.

OECD: Weiterbildungen müssen besser werden

Es gibt noch ein weiteres soziales Problem: In allen OECD-Ländern bilden sich ausgerechnet diejenigen kaum fort, die es am nötigsten haben – Menschen mit geringer Qualifikation. Die Weiterbildungskluft zwischen ihnen auf der einen und den Hochqualifizierten auf der anderen Seite ist die größte in der gesamten OECD. Etwa drei Viertel der Gutausgebildeten nehmen an Seminaren oder Workshops teil – gegenüber einem Viertel in der anderen Gruppe. Deutschland brauche auch deswegen eine aktivere Politik im Bereich der Erwachsenenbildung, heißt es in der Studie. Vorschläge sind individuelle Rechtsansprüche auf kontinuierliches Lernen und mehr Beratung zu Fortbildungen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwiderte auf die Studie: Mit der nationalen Weiterbildungsstrategie werde die Bundesregierung die wichtigen Weichen dafür stellen. „Dabei kommt es auf drei Punkte ganz besonders an: Rechtsansprüche auf Weiterbildung, eine faire finanzielle Unterstützung für Lohnausfall während einer Weiterbildung und eine neu organisierte Beratungsstruktur zu Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.“ Hierzu werde er im Sommer Vorschläge vorlegen. Die OECD empfiehlt aber auch eine „grundlegende Überarbeitung der Weiterbildungsprogramme, um ihre Qualität zu steigern und mehr Menschen zu erreichen“. Das, was die Bundesagentur für Arbeit den Menschen an Kursen anbietet, stand schon oft in der Kritik.

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