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Das Smartphone vereint viele Produkte in sich.

© Designbolts.com; Montage: Sonja Röhrig

Einführung von Apple Pay: Das Smartphone: Alles in Einem

Mit der Einführung von Apple Pay können Nutzer von nun an mit Ihrem iPhone zahlen. Eine Übersicht, was das Smartphone zuvor schon verdrängt hat.

Jetzt wird das Smartphone auch noch zur neuen Kreditkarte: Vier Jahre nach dem Start des iPhone-Bezahldiensts Apple Pay in den USA ist der Service seit diesem Dienstag auch in Deutschland verfügbar. Die Nutzer müssen an der Ladenkasse nicht mehr Geldscheine oder ihre Karte zücken, sondern zahlen mit dem iPhone oder der Apple Watch. Dazu halten sie das Gerät an der Kasse ans Terminal. Die Kassentechnik muss dafür kontaktloses Bezahlen unterstützen - rund 820 000 Terminals in Deutschland wurde bereits entsprechend umgerüstet. Außerdem kann man mit Apple Pay ähnlich wie mit Diensten wie PayPal auch bei Online-Käufen bezahlen. Zuvor hatte Google im Juni sein Bezahlsystem Google Pay eingeführt.

Fast drei Viertel ihrer Einkäufe beglichen deutsche Verbraucher bislang mit Scheinen und Münzen. Nur sieben Prozent haben schon einmal mit dem Smartphone ihre Rechnungen beglichen, wie eine Untersuchung der Bundesbank ergab. Das dürfte sich jetzt ändern. Eine Übersicht, was das Smartphone zuvor schon alles verdrängt hat:

UHREN

Vor dem Ersten Weltkrieg waren Armbanduhren ein Schmuckstück für die Frau; Männer trugen Taschenuhren. An der Front erwiesen sich die Zeitmesser am Handgelenk jedoch als sehr viel praktischer. Nach Experteneinschätzung wurde das Accessoire in den Jahren danach immer beliebter. Die Armbanduhr wurde im 20. Jahrhundert zum Modestück, Statussymbol und zum klassischen Geschenk. Mit dem Durchbruch des Smartphones vor gut zehn Jahren verlor sie jedoch immer mehr von ihrem Glanz.

Der Umsatz verlief im vergangenen Jahr laut dem Handelsverband Juweliere zwar relativ stabil und habe nur leicht unter dem Vorjahreswert gelegen. Viele Juweliere bieten allerdings inzwischen auch Smartwatches an – ein gut laufendes Ersatzgeschäft. Die Mini-Computer holen Apps des Smartphones ans Handgelenk und sammeln unter anderem Fitnessdaten. Sie tragen nach Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK bereits zu rund 13 Prozent des Gesamtertrags bei. Weltweit sind im vergangenen Jahr rund 14 Millionen Stück verkauft worden. Prognosen zufolge sollen es bis 2022 viermal so viele sein.

NAVIGATIONSGERÄTE

Starrt ein Fußgänger beim Gehen auf sein Handy, liest er wahrscheinlich eine Nachricht oder folgt der Wegbeschreibung. Sich auf einer Karte anschauen und einprägen, wo man gleich herlaufen muss, Fremde unterwegs ansprechen und nach der Richtung fragen – das war einmal. Hersteller von Navigationsgeräten haben es aus diesem Grund schwer. TomTom ist einer der größten und bekanntesten, doch das Smartphone setzt selbst dem niederländischen Unternehmen so zu, dass es nach Käufern suchen soll. Im vergangenen Jahr sank der Umsatz um neun Prozent auf 903 Millionen Euro. Für das laufende Jahr ist ein weiterer Rückgang bis auf 800 Millionen Euro angekündigt worden. Das wäre ein Minus von 11,4 Prozent. Nach Auswertung der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) sind 2008 insgesamt 4,3 Millionen Navi-Geräte in Deutschland verkauft worden. In diesem Jahr dürften es nur 1,1 Millionen sein.

TASCHENRECHNER

Als die „heißeste Sache seit dem Transistor“ bejubelte die „New York Times“ einst den Taschenrechner, der im Weihnachtsgeschäft der 70er Jahre so richtig populär wurde. Zuvor hatten Physiker danach gegriffen. Ab da fanden die kleinen Rechenmaschinen ihre Kundschaft auch in Kaufhäusern. Als die Preise später unter 50 Deutsche Mark fielen, freuten sich schließlich auch Millionen Schüler über die elektronische Unterstützung beim Wurzelziehen. 1999 wurden rund 4,4 Millionen Taschenrechner verkauft. 2016 waren es hierzulande nach GfK-Angaben 2,6 Millionen. Auf Dauer wird sich das wohl nicht rechnen. Das Glück der Hersteller besteht bislang noch darin, dass Smartphones und Tablets im Unterricht oft nicht erlaubt oder für die Schulen als Anschaffung für jeden zu teuer sind. Deswegen müssen viele Eltern ihren Kindern erst mal noch weiter ein Gerät anschaffen.

KAMERAS

Es ist noch nicht so lange her, dass Digitalkameras ein beliebtes Weihnachtsgeschenk waren. Wer im Alltag oder Urlaub ansehnliche Fotos machen möchte, braucht sie heute aber nicht mehr mit sich herumzuschleppen, weil Smartphones immer bessere Bilder machen. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa kommt zu dem Ergebnis, dass neun von zehn Deutschen das Smartphone im Alltag dafür nutzen. Laut dem Digitalverband Bitkom erwartet jeder vierte Handy-Käufer von seinem nächsten Mobiltelefon eine noch bessere Kamera. Die Konsequenz: In diesem Jahr wurden nur 2,4 Millionen Digitalapparate verkauft. Vor vier Jahren waren es fast doppelt so viele, berechneten Marktforscher der GfK. Um weiter zu existieren, tüfteln Hersteller an Künstlicher Intelligenz herum. Einen Blitz, der sich selbst ausrichtet, gibt es schon. In Zukunft dürften Geräte in den Ladenregalen liegen, die erst loslegen, wenn alle die Augen geöffnet haben. Parallel dazu hat sich ein Gegentrend zum Digitalen durchgesetzt. Wie die Schallplatte kaufen die Deutschen wieder analoge Kameras. Angesichts Tausender abgespeicherter Bilder, die man wahrscheinlich nie entwickeln wird, besteht der Wunsch nach etwas, das bleibt. Besonders gefragt ist die Sofortbildkamera – auch als Geschenk.

KALENDER

Wer heute vom analogen Kalender auf das digitale Gegenstück umsteigt, hat einige Vorteile: Auf dem Papier muss man hier was streichen, da was neu eintragen; auf dem Smartphone lässt sich ein Termin auf sämtlichen Geräten, die man miteinander verknüpft, leicht verschieben oder löschen. Trotzdem sagt eine Thalia-Sprecherin: „Einen Trend weg vom Kalender hin zum Smartphone können wir nicht bestätigen. Im Gegenteil: wir stellen sogar eine gestiegene Nachfrage fest.“ Bei Taschen-Planern würden viele Menschen das Haptische mögen – ähnlich wie beim Retro-Trend mit den Polaroidbildern. Was ebenfalls boomt, sind Kalender, die neben Ordnung und Planung auch noch mehr Erfolg, Entschleunigung und Zufriedenheit versprechen. Ein Beispiel ist das Berliner Produkt „Ein guter Plan“. Im Dezember 2015 starteten Milena Glimbovski und Jan Lenarz ein Crowdfunding-Projekt für einen Timer, der Erkenntnisse der Achtsamkeit und Glücksforschung in sich vereint. Inzwischen führen sie einen kleinen Verlag, der mit der Lieferung kaum hinterherkommt.

NOTIZBÜCHER

Ähnlich wie bei den Kalendern sieht es bei Notizbüchern aus. Einerseits schließt alle paar Wochen ein Schreibwarenladen in Deutschland. Die Papierhersteller leiden unter einer sinkenden Nachfrage nach grafischen Papieren. Andererseits verdienen Unternehmen wie Moleskine, Leuchtturm 1917 oder Paperblanks jede Menge Geld. Es scheint eine Nische für das hochwertige Notizbuch zu geben. Neben dem klassischen Exemplar, das vor allem als Arbeitsmaterial genutzt wird, suchen Käufer bei Thalia zudem nach Produkten, die anregen, selbst kreativ zu sein. Das beobachtet auch das Berliner Kulturkaufhaus Dussmann. Die Umsätze würden sich trotz der Digitalisierung in diesem Bereich seit Jahren sehr gut entwickeln. In den Filialen beider Unternehmen seien Bullet Journals momentan besonders gefragt – ein Notizbuch mit leeren oder linierten, karierten Seiten, die zu einem ganz individuellen Kalender gestaltet werden. Mit „bullets“ (auf deutsch Stichpunkten) oder Pfeilen werden unter anderem Aufgaben markiert – so erkennt der Nutzer auf einen Blick, was er schon erledigt hat und was als „nicht erledigt“ auf die nächste Seite übertragen werden muss.

BRIEFPAPIER

Die Kommunikation im Alltag hat sich durch E-Mails und Whatsapp-Nachrichten stark verändert. In Deutschland werden immer weniger Briefe verschickt – und wenn, dann meist aus geschäftlichen Gründen. In den ersten neun Monaten dieses Jahres fiel das Briefvolumen der Deutschen Post im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,4 Prozent auf rund 13 Milliarden Stück. Vor zehn Jahren waren es noch 16 Milliarden. Zugleich boomen Papeterien in Berlin, kleine, schicke Läden, in denen sich die Kunden handgefertigte Hefte und Briefpapierbögen ansehen. Der Gedanke: Wenn kaum jemand mehr ein paar Zeilen mit dem Füller schreibt, wird das zu etwas Besonderem. Passend dazu ist auf den Ausmaltrend der letzten Jahre – samt Sonderschichten bei den Stifteherstellern – das „Handlettering“ gefolgt. Dahinter verbirgt sich die Kunst der schönen Handschrift auf selbst gestalteten Einladungen, Gutscheinen oder Karten, die in etlichen Kursen erlernt werden kann.

MP3-PLAYER

Erst verdrängten die MP3-Player in den 90er Jahren CD-Spieler und Kassettenrecorder. Nun werden sie selbst wegen des Smartphones nutzlos. Viele nutzen ihr Handy immerhin nicht nur zum Telefonieren, sondern auch, um Musik zu hören. Zu Zeiten des absoluten Verkaufserfolgs im Jahr 2005 gingen in Deutschland acht Millionen MP3-Player über die Ladentische. Für dieses Jahr rechnet die gfu nur noch mit einer halben Million.

AUFNAHMEGERÄTE

Das Diktiergerät wurde 1877 von Thomas Alva Edison in Form des Phonographen erfunden. Das Gerät war aber in seiner damaligen Form nicht gerade alltagstauglich, weil die für die Tonaufzeichnung benutzte Aluminiumfolie leicht riss und nach wenigen Wiedergaben unbrauchbar wurde. Wurden die Geräte im Laufe der Zeit immer besser und kleiner, können Smartphones heutzutage das Gesagte aufzeichnen und weiterversenden. Im Zuge dessen hat sich auch der Trend der Sprachnachrichten gebildet. Die Mehrheit der Nutzer von Messenger-Diensten wie Whatsapp verschickt mittlerweile solche Nachrichten, wie Bitkom berichtet. Je jünger jemand ist, desto eher wird wieder gesprochen statt getippt.

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