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DIE ONLINE-BEWERBUNG: Schlagende Argumente

Das Wichtigste sollte nach vorn, raten Experten. Denn den Bewerbern bleiben in der Regel nur wenige Minuten, um die Personalchefs für sich zu gewinnen

DER BETREFF

In der Betreffzeile der E-Mail sollte ein Satz stehen, der dem Adressaten auf den ersten Blick klar macht, worum es geht, wie zum Beispiel „Meine Bewerbung als Projektleiter“, rät Branko Woischwill, Kommunikationsberater im Büro für Berufsstrategie Hesse/Schrader.

DER MAIL-TEXT

In der Mail kündigt man das Anschreiben am besten kurz an (Sehr geehrte Damen und Herren, in der Anlage finden Sie ...). An das Ende der Mail gehört eine professionelle Signatur mit Name, Adresse, Telefonnummer und Mailadresse. Verzichten sollte man auf die Bitte einer Empfangsbestätigung. Besser ist es, nach drei oder vier Tagen telefonisch nachzuhaken, rät Woischwill.

DAS ANSCHREIBEN

Inhaltlich unterscheidet sich das Online-Anschreiben kaum von dem Anschreiben auf Papier (siehe oben). Auf einer Seite sind Absender, Adressat, Datum, Betreffzeile, Text und Anhänge aufgeführt. Die Unterschrift sollte eingescannt werden.

Damit kein Dokument abhanden kommt, bietet es sich an, das Anschreiben mit den übrigen Unterlagen in einer Pdf zusammenzufassen und als eine Datei anzuhängen. Die gesamte Pdf-Datei sollte maximal zwei bis drei Megabyte groß sein. Bha

„Sehr geehrte Frau Gärtner, von der Hochschullandschaft habe ich überhaupt keine Ahnung.“ Ein ungewöhnlicher Einstiegssatz in einem Anschreiben, in dem sich ein Bewerber um eine Stelle im Hochschulmarketing bemüht. Doch für die Personalexpertin Tina Gärtner von der Bayer Schering Pharma AG klang das mutig und ehrlich. „Normalerweise präsentiert jeder, was er kann. Hier wählte ein Bewerber mal einen anderen Weg und sagte zuerst offen, was er nicht kann – ehe er dann seine Stärken und Vorzüge aufzählte“, erklärt sie, was ihr an der Einleitung gefällt. Dabei ist es nicht leicht, ihr Interesse zu wecken. Auf ihrem Tisch stapeln sich die Bewerbungen von Biologen, Chemikern und Pharmazeuten.

Das Anschreiben entscheidet vielmals über den Erfolg einer Bewerbung. Fähige Schreiber können schon beim ersten Satz Pluspunkte sammeln. Und genau hier, an der Pforte zur Selbstpräsentation, sollte das „Hammer-Argument“ stehen, rät der Berliner Bewerbungsberater Gerhard Winkler, das Personaler dazu bewegt, weiterzulesen. Kein literarischer Einstieg ist hier gefragt, sondern Fakten, mit denen der Bewerber überzeugt. „Bestes Argument und sicherster Blickfänger in der ersten Zeile ist immer noch der aktuelle Jobtitel“, meint Winkler. Wer gerade erst seinen Hochschulabschluss in der Tasche hat, solle auf besondere Praktika, Projektmitarbeit oder hervorragende Abschlüsse verweisen.

Wichtiges nach vorn, das empfiehlt auch die Karriereberaterin Svenja Hofert aus Hamburg. „Allerdings kann man durchaus auch mal mit einem amerikanischen Buchtitel, einer ungewöhnlichen Nachricht oder einer Frage einsteigen, an der ein Personaler beim Lesen hängen bleibt“, sagt die Hamburger Karriereberaterin.

Personalentscheider haben nicht viel Zeit, das Anschreiben zu lesen. Für eine komplette Bewerbung nimmt sich Tina Gärtner rund 20 Minuten. Für ein erstes Urteil reichen der Abteilungsleiterin gewöhnlich zwei Minuten. Schon deshalb muss die erste Seite der Bewerbung Eindruck hinterlassen. „Das Anschreiben ist die einzige Chance für einen Bewerber, sich als Person vorzustellen. Hat er Forschergeist? Arbeitet er gerne im Team? Ist er motiviert für den Job?“, sagt sie. Auf diese Fragen will sie in dem Schreiben Antworten finden.

Ähnlich sieht das auch die Chefin der Berliner Veranstaltungsagentur Aida, Dagmar Maß: „Aus dem Anschreiben muss ich Persönlichkeit, Leistungspotenzial und Motivation erkennen können“, erklärt sie. Diese Aspekte seien die wichtigste Anforderung, die der Bewerbungstext erfüllen muss. Karriereberaterin Svenja Hofert empfiehlt deshalb, für das Anschreiben einen möglichst individuellen Ansatz zu finden. „Wenn ein Personaler 300 Texte vor sich hat, muss ich mich als Bewerber von den anderen 299 unterscheiden.“

Für viele Bewerber wird das Formulieren eines Textes zu einer Gratwanderung, da sie ihren Adressaten, den Personalverantwortlichen, und dessen Kriterien für ein gutes Anschreiben nicht kennen. „Das Anschreiben sollte eine Leistungsbilanz und zugleich eine Selbstpräsentation in Form eines Kurzvortrags sein“, sagt der Bewerbungsberater Winkler. Ganz klar ist auch, was ein Anschreiben nicht sein sollte: Gleich für welche Branche dürfte das Bewerbungsschreiben kein Geschäfts-, Werbe- oder Bittbrief sein. Es sollte präzise, kurz und gut verständlich die besondere Befähigung für den angestrebten Job beschreiben. Übertriebene Höflichkeiten, joviale Interessensbekundungen oder Allgemeinplätze seien genauso fehl am Platz wie überbordende Kreativität bei flippigen Arbeitgebern in der Werbe- oder Medienbranche.

„Wenn Sie sich als Multimedia-Designer bei einem Jugendmusiksender bewerben, sollten die Form der Bewerbung und die Arbeitsproben witzig und ungewöhnlich, das Anschreiben aber in jedem Fall nüchtern und faktisch sein“, empfiehlt Winkler.

Das sieht auch der Personalchef des Beratungsunternehmens Capgemini, Sven Breipohl, so. „Zu viel Witz oder Kreativität machen sich oft nicht gut“, sagt er. Gegen einen speziellen Einstieg hat er allerdings auch nichts einzuwenden. „Sind Sie ein Weggefährte?“, fragte das Beratungsunternehmen kürzlich in einer Anzeigenkampagne. Prompt antwortete ein cleverer Bewerber: Ja, er würde gerne Weggefährte von Capgemini werden. Für Breipohl hatte das Charme: „Der Bewerber hat gezeigt, dass er die Anzeige gelesen und sich über uns informiert hat.“

Minuspunkte sammeln Bewerber, wenn sie sich nicht an die gängigen Bewerbungsstandards halten. So sollte die Länge des Textes eine Seite nicht überschreiten, denn nur wenige Personaler haben heutzutage Zeit und Muse, sich durch ein zweiseitiges Anschreiben zu kämpfen. Hochwertiges Papier, ein übersichtliches Layout und ein Briefkopf, in dem sowohl die Kontaktdaten des Bewerbers als auch die des Ansprechpartners in dem Unternehmen korrekt geschrieben sind, erwartet jeder Arbeitgeber. Zu vermeiden sind passive Formulierungen. Statt „Ich hatte eine Webseite zu gestalten“ etwa sollte man besser „Ich gestaltete eine Webseite“ schreiben. Auch lange, komplizierte Schachtelsätze und Nominalstil haben in dem Text nichts zu suchen. Der Text sollte in kurzen Sätzen formuliert sein und durch Absätze übersichtlich gestaltet werden. „Unsere Mitarbeiter sollten sich klar ausdrücken und Dinge sehr genau auf den Punkt bringen können“, sagt Breipohl von Capgemini. In seinen Geschäftsbereichen gehen in Deutschland jährlich rund 15 000 Bewerbungen ein.

Fast schon ein Ausschlusskriterium sind für die Bayer Schering–Personalexpertin Gärtner Rechtschreibfehler. „Wer es nicht für wichtig erachtet, die Rechtschreibhilfe bei Word anzuklicken oder das Anschreiben nochmals durchzulesen, hat offensichtlich kein großes Interesse an der Stelle. Da fühle ich mich veralbert.“ Außerdem ärgert sie sich wie viele Personaler darüber, wenn das Anschreiben den Lebenslauf in Prosaform vorwegnimmt. „Einzelne Highlights der Karriere darf man gerne herausheben, wenn sie für den ausgeschriebenen Job wichtig sind. Alles andere ist Verschwendung von kostbarem Raum, um sich als Person jenseits der Karriere zu präsentieren“, sagt sie.

Auch wenn Selbstlob gefragt ist, sollte man den Boden der Tatsachen nicht verlassen. „Man muss ehrlich und authentisch bleiben“, sagt Svenja Hofert. Und das aus einem guten Grund. „Wenn zum Bewerbungsgespräch eine Person erscheint, die das Gegenteil von der Person ist, die in dem Bewerbungsschreiben präsentiert wurde, fällt sie sicherlich durch“, sagt sie.

Der Bewerber, der sich bei Bayer Schering für das Hochschulmarketing bewarb, hatte mit der realistischen Darstellung seiner Fähigkeiten jedenfalls Erfolg. Die Personalexpertin Tina Gärtner hätte ihn gern für den Pharma-Konzern gewonnen. Doch er hatte sich bereits für einen anderen Arbeitgeber entschieden.

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