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Hundert-Euroscheine.

© FOTOLIA

Die EZB und ihre Geldpolitik: Die Zinswende markiert das Ende von vielem, woran wir uns gewöhnt haben

Mit billigem Geld überdeckte die EZB jede Krise der vergangenen Jahre. Das war durchaus komfortabel. Doch es hat den Markt verzerrt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Mumme

Wenn es in den vergangenen Jahren etwas gab, woran kein Mangel herrschte, dann war es Geld. Mag dieser Satz auch nicht auf jeden Bürger persönlich zutreffen, so beschreibt er doch die westlichen Gesellschaften im Großen und Ganzen.

Das war durchaus komfortabel: Eine Pandemie, die die Wirtschaft weltweit in eine Krise ungeahnten Ausmaßes schicken könnte? Kein Problem – die Politik legt einfach milliardenschwere Hilfsprogramme auf und rettet die Unternehmen durch die Krise. Der Staat braucht Investitionen für die Klimawende? Kein Problem – neue Schulden werfen dank Minuszins am Ende sogar Gewinn ab.

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Das locker sitzende Geld half auch in kleinerem Maßstab. Ein Start-up hat eine mutige Geschäftsidee? Kein Problem – das Geld lag bei den Risikokapitalgebern so offen herum, dass praktisch jeder Gründer sich an einem neuen Unternehmen versuchen konnte. Die Immobilienpreise steigen ins Unermessliche? Kein Problem – dank der niedrigen Zinsen finanziert die Bank Summen, die früher nur Millionäre bekommen hätten.

Zinswende ist bitter nötig

Mit der angekündigten Zinswende der Europäischen Zentralbank ist es damit nun vorbei. Die Politik wird nicht mehr jede Krise ausbügeln können, Investitionen werden rarer und Start-ups wie Immobilienkäufer werden nicht mehr so einfach an Geld kommen. Somit ist die neue Geldpolitik der EZB auch ein Abschied von einer sorglosen Lebensweise. Doch die Absurdität des Eingangssatzes zeigt schon, dass das bitter nötig ist.

Denn die Inflation macht deutlich, dass die EZB es mit ihrer expansiven Geldpolitik übertrieben hat. Um zuerst die südeuropäischen Länder zu retten und später die Coronakrise abzufedern, waren die niedrigen Zinsen zwar hilfreich; vermutlich waren sie sogar der einzige Weg, um die Wirtschaft unter diesen Umständen ohne echten Crash durch die Krisen zu führen.

Doch inzwischen kommen so viele wirtschaftliche Verwerfungen zusammen, dass die EZB sich wieder ihrer einzigen Aufgabe besinnen muss: der Währungsstabilität. Wachstumsimpulse zu setzen, ist nämlich eben nicht ihre Zuständigkeit. Das muss die Politik machen – unter den geldpolitischen Voraussetzungen, die die Zentralbanken eben setzen.

Das billige Geld hat den Markt verzerrt

Auch wenn höhere Zinsen die Preise von Artikeln, die auf dem Weltmarkt einfach Mangelware sind, nicht kurzfristig senken werden, so helfen sie doch dabei, Marktverzerrungen zu heilen, die es nach Jahren des billigen Geldes gibt. Die hohen Gehälter jenseits jeder Konkurrenz in vielen Tech-Firmen in den USA wären wohl kaum möglich, wäre nicht über Jahre billiges Geld in diese Unternehmen geflossen.

Und auch der Personalmangel in deutschen Dienstleistungsberufen wäre wohl kleiner, hätte die Bundesregierung nicht mit überbezahlten Jobs im Rahmen der Pandemiebekämpfung buchstäblich die Preise verdorben. War ja kein Problem, das Geld war ja da.

Im Grunde liegt die EZB aber im Trend. Im Zuge der Energiewende wird immer wieder betont, wir müssten lernen, die „echten“ Preise für unseren Lebensstandard zu zahlen. Die Preise, die alle Folgewirkungen einrechnen. Künftig gilt das eben auch für das Geld. Schließlich ist der Zins letztlich nur der Preis des Geldes.

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