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Sind gefragt beim Krisenmanagement: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Finanzminister Christian Lindner (FDP).

© Kay Nietfeld/dpa-Pool/dpa

Die Ampel, die Gasumlage und das Mehrwertsteuerproblem: Wenn Politik die Leute verwirrt

Gut in den Sommer rein, mäßig aus ihm heraus: Die Koalition hat sich selber aus dem Tritt gebracht. Es wird Zeit, dass sie sich fängt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Zur Gasumlage kann man ein schönes Pro und Contra schreiben lassen von Experten mit gewichtigen Argumenten in die eine wie die andere Richtung. Das hat die Ampel-Koalition (hoffentlich) auch gemacht vor der Entscheidung, sie einzuführen. Aber Expertentum ist das eine, die Leut' sind das andere.

Von deren Warte her gesehen war es mutmaßlich keine so gute Idee, auf eine ohnehin hohe Belastung (Gaspreis) noch eine zusätzliche Belastung draufzusatteln (Umlage). Man kann darin einen kapitalen politischen Fehler sehen.

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Wirklich absurd wurde diese rot-grün-gelbe Sommernummer aber erst mit der Debatte um die Mehrwertsteuer auf die Umlage. Sie ist, gemessen am Gesamtpreis, der sich in diesem Herbst wohl ergeben wird, ein Bruchteil. In den vergangenen Tagen aber konnte man den Eindruck gewinnen, es gehe um das wesentliche Problem. Da hat die Opposition die Regierenden mit Leichtigkeit in die Defensive gebracht.

Und die Mehrwertsteuer ist ein schönes Thema, um die Ampel weiter in die Bredouille zu bringen. Muss sie denn bei 19 Prozent liegen beim Gaspreis? Und beim Strom? Ist Energie nicht generell zu hoch besteuert, wo sie doch bei privaten Haushalten als Grundbedarf gelten kann?

Nachhilfe aus Brüssel

Die Antwort ist da nicht so einfach. Aber wer hoch besteuert, sich dann aber genötigt sieht, wiederum umfangreich zu entlasten, muss an diesem Punkt schon eine Antwort geben, die auf breites Verständnis stößt. Dass sich der EU-Kommissar Paolo Gentiloni am Mittwoch den Spaß gemacht hat, in einem Brief an Christian Lindner der Ampel ein bisschen Nachhilfe zu geben, rundet den Eindruck unglücklichen Agierens ab.

Der Bundesfinanzminister hatte in Brüssel angefragt, ob es nicht möglich sei, eine kleine Ausnahme vom EU-Recht zu machen und im Fall der Gasumlage eventuell auf eine Besteuerung zu verzichten. Das geht natürlich nicht. Oberlehrer Gentiloni hat nun vier Vorschläge gemacht, unter anderem eine Mehrwertsteuersenkung auf die EU-Untergrenze von fünf Prozent bei Gasrechnungen. Das wird nun zu Debatten führen in der Koalition.

Warum nicht am Beschlossenen anknüpfen?

Mit ihren beiden Entlastungspaketen hat die Ampel eigentlich etwas vorzuweisen. Es könnte zwar immer mehr sein. Aber mit der im September fälligen Energiepreispauschale von 300 Euro, dem Tankrabatt, dem verbilligten ÖPNV-Ticket, dem rückwirkend erhöhten Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer, einem halben Dutzend Sozialmaßnahmen für Ärmere summiert sich einiges zusammen.

Daran könnte die Koalition in einem dritten Paket für den Winter problemlos anknüpfen. Sie streitet aber lieber über das erfolgreich Beschlossene und über erst längerfristig wirksame Projekte wie Bürgergeld oder Inflationsausgleichsgesetz.

[Lesen Sie dazu auch: Wie die Bürger jetzt noch entlastet werden können]

Laut Umfragen blicken die Leut' so langsam nicht mehr durch. Das ist kein gutes Zeichen. Ein zügig geschnürtes drittes Entlastungspaket wäre daher auch eines, mit dem sich die Koalition von der politischen Selbstbelastung dieses Sommers befreien kann.

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