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Einer wie ich. Bei Top-Führungspositionen setzen Personalentscheider lieber auf Vertrautes.

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Deutschlands Elite: Westler bleiben unter sich

Noch immer schaffen es kaum Ostdeutsche in Führungspositionen – in der Wirtschaft geht die Quote sogar zurück.

Das Nachrücken ostdeutscher Manager:innen in Top-Führungspositionen funktioniert nicht. Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall sind Ostdeutsche dort teilweise stark unterrepräsentiert: Ihr Anteil an bundesdeutschen Top-Elitepositionen beträgt rund dreieinhalb Prozent, obwohl 17 Prozent der Bundesbürger eine ostdeutsche Herkunft haben. In Politik, Wirtschaft und Medien sind sogar teilweise weniger Ostdeutsche in den Top-Positionen vertreten als bei vorherigen Erhebungen im Jahr 2016 und 2004.

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Das ergab eine Datenerhebung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und der Universität Leipzig, die Co-Autor Michael Schönherr am Mittwoch in Berlin, anlässlich des jährlichen Ostdeutschen Wirtschaftsforums, das vom 12. bis 14. Juni in Bad Saarow bei Berlin stattfindet, vorgestellt hat.

Als Ostdeutscher gilt der Erhebung nach, wer in der DDR oder nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland sozialisiert wurde. Im Podium des Hauses der Bundespressekonferenz saßen außerdem der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider (SPD), und Constanze Buchheim, Gründerin der IT-Personalberatung I-Potentials.

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„Die Lage ist eklatant“, sagt der Ostdeutschland-Beauftragte Schneider: „Es geht dabei um Teilhabechancen und darum, das ostdeutsche Sichtweisen und Erfahrungen in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden“, erklärt er. Mehr Ostdeutsche in Führungspositionen und Entscheidungsgremien zu bringen, das sei deshalb ein sehr wichtiges Vorhaben der Ampelkoalition. Bis Ende des Jahres solle es ein entsprechendes Konzept für die Ebene des Bundes geben.

Auch in Ostdeutschland bestimmen meist Westler

Nicht nur im Bund, auch in Ostdeutschland selbst sind es nach wie vor überwiegend Westdeutsche, die die Top-Führungspositionen inne haben, obwohl über 80 Prozent der Wohnbevölkerung in den neuen Bundesländern ostdeutsch sind, liegt ihr Anteil hier bei nur 26 Prozent, berichtet Schönherr. Es gab zwar einen leichten Anstieg gegenüber dem Jahr 2016, im Jahr 2004 seien es aber noch 28 Prozent gewesen.

In der Wirtschaft ist der Rückgang besonders deutlich. Auf der Leitungsebene der 100 größten ostdeutschen Unternehmen liegt der Anteil Ostdeutscher heute bei 20 Prozent, 2016 lag er noch bei 25 Prozent. Auf der Stellvertreter:innenposition ist er sogar von 52 Prozent (2004) über 45 Prozent (im Jahr 2016) auf 27 Prozent gesunken. Auch bei den Dax-Konzernen sieht es mau aus: Zwei Ostdeutsche sitzen in den 40 Unternehmen im Vorstand. Bei den noch 30 Dax-Unternehmen im Jahr 2016 waren es drei.

Die Elite studiert im Westen

Woran das liegt? Die Studienmacher vermuten, dass der Bildungsaufstieg deutscher Eliten maßgeblich über Westdeutschland läuft. Nur rund zwei Prozent der Eliten mit westdeutscher Biografie haben in den fünf ostdeutschen Bundesländern studiert, ergab die Erhebung. Berlin wurde ausgenommen, Ost und West habe sich dort nicht trennscharf voneinander abgrenzen lassen.

Hörsaal der Uni Dresden. Hochschulen im Osten führen seltener in Top-Positionen.
Hörsaal der Uni Dresden. Hochschulen im Osten führen seltener in Top-Positionen.

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„Deutschland hat ein Diversitätsproblem“, sagt Constanze Buchheim, Gründerin der IT-Personalberatung I-Potentials, und das spiegele sich besonders bei den Prozessen zu Stellenbesetzungen wider. Es gebe gerade bei den Top-Jobs die Tendenz, dass Netzwerke sich selbst verstärken, Thomas am liebsten Thomas einstelle, weil er darauf vertraue, dass ein Thomas es schon richtig machen werde. In Zeiten der Unsicherheit würden solche Prozesse verstärkt. Damit ließe sich auch erklären, dass heute in bestimmten Bereichen weniger Ostdeutsche in Top-Positionen repräsentiert seien als noch vor ein paar Jahren.

Westler stellen Westler ein

Herkunft darf bei der Besetzung solcher Positionen keine Rolle spielen, sagt der Ostdeutschland-Beauftragte Schneider und bezieht das auch auf Menschen mit Migrationshintergrund: „Herrscht an der Führungsspitze keine Diversität, gehen uns Substanz und unorthodoxe Herangehensweisen verloren.“

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