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Vorsicht, Baustelle! In vielen Orten in Deutschland – wie hier im Berliner Regierungsviertel – drehen sich derzeit die Baukräne. Die Industrie rechnet mit weiter wachsenden Umsätzen.

© Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Deutsches Baugewerbe: Der Bauboom setzt sich fort

Die Bauindustrie jubelt über steigende Umsätze und einen Auftragsbestand von 25 Milliarden Euro. Allerdings beklagt sie den Fachkräftemangel.

Ein Auftragsbestand mit dem Rekordvolumen von 35 Milliarden Euro, steigende Mitarbeiterzahlen und wachsender Umsatz für die Unternehmen: Im deutschen Baugewerbe läuft das Geschäft quasi wie von selbst. Wie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) am Mittwoch mitteilte, hat die Industrie bereits im ersten Quartal des Jahres im Vergleich zu 2016 ein dickes Umsatzplus von fast zwölf Prozent erwirtschaftet – trotz durchwachsener Witterung. Das Neugeschäft nahm um rund zehn Prozent zu. „Die Lage ist gut“, sagte HDB-Präsident Peter Hübner mit Blick auf die Baustatistik.

Gründe für die positive Entwicklung der Branche seien der weiterhin akute Bedarf an zusätzlichem Wohnraum sowie zahlreiche Investitionen der öffentlichen Hand. Drei zusätzliche Arbeitstage im ersten Quartal hätten die Unternehmen zudem in die Lage versetzt, die hohen Auftragsbestände abzuarbeiten.

Der HDB hat seine Prognose für 2017 nach oben korrigiert

Das überraschend gute Ergebnis der ersten drei Monate hat den Hauptverband veranlasst, seine Prognose vom Jahresanfang für 2017 nach oben zu korrigieren: Der Verband rechnet im laufenden Jahr mit einem Umsatzwachstum von vier, 2018 von 5,5 Prozent. Die Bauwirtschaft profitiert seit längerem von niedrigen Zinsen. Dadurch leisteten sich in den vergangenen Jahren immer mehr private Bauherren die eigenen vier Wände, während zugleich Investoren mangels attraktiver Anlagealternativen viel Geld in Immobilien stecken.

Vor allem der Wohnungsbau sorgt für Impulse. Im vorigen Jahr wurden in Deutschland 278 000 Wohnungen gebaut und damit so viele wie seit 2004 nicht mehr. Der Hauptverband der Bauindustrie hält allerdings 385 000 neue Wohnungen im Jahr für nötig, die Bundesregierung fordert mindestens 350 000. Um das Problem anzugehen, fordert der HDB mehr Unterstützung von der künftigen Bundesregierung – beispielsweise bei einer stärkeren Standardisierung beim Wohnungsneubau. Um Wohnungsengpässe zu beseitigen, müsse man sich vom „Leitbild der Einzelfertigung“ verabschieden und stattdessen stärker auf Prototypen setzen, die in Serie gefertigt werden könnten. Zudem müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Der Fachkräftemangel macht sich in der Branche breit

Eine Strategie, um dem wachsenden Fachkräftemangel in der Bauindustrie zu begegnen, hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie dagegen nicht. „Wir müssen verstärkt für unsere Branche werben“, sagte Hübner lediglich. Durch den Bauboom hierzulande bewegt sich die Zahl der Mitarbeiter in dem Wirtschaftszweig seit Jahren nach oben. „Die Unternehmen stellen wieder ein“, sagte Hübner. Bis 2018 rechne er mit 25 000 neuen Stellen am Bau. Womöglich werde noch in diesem Jahr die magische Grenze von 800 000 Beschäftigten in der Branche geknackt; es wäre der höchste Strand seit 2003. Zum Vergleich: In den „goldenen Jahren“ unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung umfasste das Baugewerbe rund 1,5 Millionen Mitarbeiter.

Allerdings bereitet der nun schon seit mehreren Jahren anhaltende Aufschwung am Bau der Industrie keineswegs nur Freude; mittlerweile sind die Ressourcen an Fachkräften in dem Wirtschaftszweig erschöpft. „Der Markt ist weitestgehend leergefegt“, monierte HDB-Präsident Hübner am Mittwoch. Um die hohe Nachfrage zu bewältigen, greifen Deutschlands Bauunternehmen in immer größerem Maße auf ausländische Mitarbeiter zurück: Derzeit stammen rund 109 000 Beschäftigte am Bau aus dem Ausland, die meisten von ihnen kommen aus einem Land der Europäischen Union. Gesucht würden dabei vor allem Fachkräfte. Besonders gefragt sind derzeit Bauingenieure: In ihrer Berufsgruppe herrscht faktisch Vollbeschäftigung.

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