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Der bisherige Investmentbanking-Chef der Deutschen Bank Garth Ritchie.

© Arne Dedert/dpa

Deutsche Bank: Investmentbank-Chef Garth Ritchie muss gehen

Vorstandschef Christian Sewing übernimmt vorerst die Leitung der Investmentsparte. Spekulationen über einen massiven Personalabbau halten sich weiter.

„Wir haben nichts zu kommunizieren“. Mit diesen Worten verweigerte ein Sprecher der Deutschen Bank auch am Freitagvormittag jede Aussage zu den seit einer Woche kursierenden Spekulationen über einen massiven Personalabbau, über einen Umbau des Vorstandes und vor allem des Investmentbankings. Am frühen Nachmittag dann doch die Nachricht: Investmentbank-Chef Garth Ritchie, zugleich stellvertretender Vorstandschef, muss Ende Juli gehen. Vorstandschef Christian Sewing übernimmt vorerst die Leitung der Investmentbank, findet wie Aufsichtsrat-Chef Paul Achleitner ein paar freundliche Worte für den seit Wochen umstrittenen Briten. Am Sonntag soll der Aufsichtsrat in einer außerplanmäßigen Sitzung weitere Entscheidungen absegnen. Die Deutsche Bank bestätigt das Treffen nicht, dementiert es aber auch nicht.

Spekulationen über radikale Neuausrichtung

In den Doppel-Türmen an der Frankfurter Taunusanlage wird offenbar an einer erneuten, radikalen Neuausrichtung des schwer in der Krise steckenden Instituts gearbeitet. Aber auch die Beschäftigten wissen offenbar nichts oder wollen sich nicht äußern. Sie kennen wie die Aktionäre und die Öffentlichkeit nur die Worte von Vorstandschef Christian Sewing, gesprochen auf der Hauptversammlung Ende Mai. Er sei zu harten Einschnitten bereit und wolle die Bank auf die profitablen Bereiche ausrichten, hatte der seit April 2018 amtierende Bankchef gesagt. Und konkrete Entscheidungen angekündigt.

Die soll es jetzt geben. 15.000 bis 20.000 Jobs sollen angeblich gestreckt über mehrere Jahre wegfallen. Aktuell sind es weltweit noch 91.500, in Deutschland rund 41.600. Rund 7.000 wurden seit Ende 2017 schon gestrichen. In welchen Bereichen die Einschnitte kommen werden, ist unklar. Fest steht aber, dass bei der immer noch nicht abgeschlossenen Integration der Postbank 2.000 Stellen wegfallen. Jetzt dürften viele der noch rund 17.100 Vollzeitstellen in der Investmentbank bedroht sein. Vor allem in den USA. Angeblich stellten sich Beschäftigte auf ihren Abgang ein. Dort zählt die Bank rund 9.300 Vollzeitstellen.

Saftige Boni für teure Investmentbanker

Denn vor allem die Investmentbank steht in der Kritik, weil sie viel Geld verschlingt, aber seit Jahren kaum Erträge bringt. Und für Strafzahlungen in Milliardenhöhe verantwortlich ist, die die Bank in den letzten Jahren leisten musste. Seit Jahresbeginn hat die Sparte weiter an Boden zu den US-Instituten verloren, mit denen sie sich eigentlich messen will. Die ohnehin teuren Investmentbanker haben trotzdem saftige Boni erhalten. Insgesamt soll die Bank seit 2010 mehr als 23 Milliarden Euro an Boni ausgeschüttet haben. Auch der Vorstand war nicht bescheiden. Die Vergütung der Top-Manager verdoppelte sich im vergangenen Jahr nahezu von 29,7 auf 55,7 Millionen Euro. Freilich wird davon ein Teil erst über Jahre ausgezahlt.

Jetzt sollen angeblich mehrere Vorstände gehen - neben Ritchie, 2018 mit mehr als acht Millionen bestbezahlter Vorstand, auch Frank Strauß, Chef der Privatkundensparte, und Sylvie Matherat, die die Einhaltung der Aufsichtsvorschriften verantwortet. Nicht ausgeräumt ist der Verdacht, dass die Deutsche Bank massiv in Verstöße gegen Geldwäsche-Richtlinien verwickelt ist. Verbunden werden soll der Umbau im Vorstand, so heißt es, mit einem Umbau der Investmentbank. Angeblich entsteht in Verbindung mit der Transaktionsbank eine neue Sparte für Großkunden, die auch den Zahlungsverkehr umfasst. In Frankfurt ist die Rede davon, dass es die größte Umstrukturierung des Instituts seit der Übernahme der US-Investmentbank Bankers Trust wird. Dies hatte Mitte 1999 den endgültigen Einstieg der Deutschen Bank in das globale Investmentbanking markiert.

Nach Lob droht der Verlust

Vor einer Woche hatte Sewing in höchsten Tönen von seinem Team in den USA geschwärmt. Der Grund: Die Bank hatte endlich den Stresstest der US-Notenbank Fed bestanden. Davor war sie drei Mal durchgefallen. Das ist längst wieder vergessen. Jetzt droht der Deutschen Bank in diesem Jahr wieder ein Verlust. Schließlich dürften die bevorstehenden harten Einschnitte viel Geld kosten, bevor sie sich auszahlen. Von drei bis fünf Milliarden Euro ist in Frankfurt die Rede. Auch für den Stellenabbau und den Rauswurf von Vorständen werden erhebliche Abfindungen fällig. Bislang erwarten Analysten für dieses Jahr im Schnitt einen Nettogewinn von 951 Millionen Euro nach nur 267 Millionen im vergangenen Jahr. Immerhin soll die Bank den Aufwand ohne eine weitere Kapitalerhöhung stemmen können.

Die Personalpläne dürften auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf den Plan rufen, sollten sie die Beschäftigten in Deutschland treffen. Dass die Bank weiter an den Kosten arbeiten muss, steht für Beobachter außer Frage. Die Commerzbank erziele mit rund der Hälfte des Personals bessere Ergebnisse, sagt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Die Deutsche Bank hat ein Kostenproblem. Kosteneinsparungen wird man nicht ohne Stellenabbau erreichen“, fügt Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch hinzu. „Aber sie hätte 2018 schon zwei Milliarden Euro sparen können, wenn sie keine Boni gezahlt hätte.“ Allein Gesundschrumpfen werde der Bank aber nicht helfen. Nicht nur Nieding erwartet von Sewing endlich strategische Antworten darüber, wie sich die Bank künftig aufstellen wird und wo sie ertragreich arbeiten kann. Vor allem den Wertpapierhandel betrachtet er als Achillesferse „mit Blick auf die Kosten, aber auch auf die Risiken“.

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