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Legosteine gehören zu vielen kollektiven Kindheitserinnerungen. Die Rechte an seinen Designs verteidigt der Konzern auch vor Gericht.

© imago images/Panthermedia

Designschutz für Plastikbausteine: Legos Etappensieg im Kampf um die Vormachtstellung

Die Entscheidung des Europäischen Gerichts überrascht Experten - und stößt die Community vor den Kopf. Denn aus einstigen Fans sind häufig Gegner geworden.

Bunte Steine, unendlich viele Möglichkeiten und ein stechender Schmerz, wenn man den Fehler macht, auf sie draufzutreten: Lego-Steine sind fester Bestandteil vieler Kindheitserinnerungen und werden gerne an die eigenen Kinder weitergegeben. Doch das familienfreundliche Markenimage steht mitunter im Widerspruch zur Realität harter unternehmerischer Entscheidungen. Ein Beispiel dafür ist der Streit um den markenrechtlichen Schutz der kleinen Steine, der schon seit Jahren verschiedene Gerichte beschäftigt. 

Heute kam es vor dem Europäischen Gericht (EuG) nun zu einer weiteren Entscheidung. Entgegen der Erwartungen von Markenrechtsexperten entschied die erste Kammer des Gerichts zu Gunsten von Lego. Gegenstand des Streits war eine kleine Lego-Platte zur Präsentation von Minifiguren, die im Gegensatz zu gewöhnlichen Lego-Steinen nur eine Noppen-Reihe hat. Das sogenannte Gemeinschaftsgeschmacksmuster für diese Platte bleibt weiterhin geschützt.

Damit hob das Gericht eine Entscheidung des europäischen Amtes für Geistiges Eigentum auf, das den Schutz 2019 noch für nichtig erklärt hatte. Den Antrag auf Nichtigkeit hatte die deutsche Firma Delta Sport Handelskontor GmbH gestellt. 

Urteil hat Signalwirkung

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil sie sowohl für den Konzern als auch für andere Anbieter von Klemmbausteinen richtungsweisend ist. „Für Lego ist die Entscheidung ein positives Zeichen, weil der betreffende Stein vergleichsweise wenige ästhetische Design-Elemente aufweist und offenbar trotzdem unter den Designschutz fällt“, sagt Ansgar Ohly, Professor für Recht des geistigen Eigentums an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Der europäische Gerichtshof hatte 2010 eigentlich entschieden, dass die Form des Lego-Steins und seine charakteristischen Noppen nicht als Marke geschützt werden können. Die Form sei vor allem technisch bedingt und technische Formen sollten durch den Markenschutz nicht monopolisiert werden.

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„Deshalb wäre eine Entscheidung mit einer ähnlichen Begründung bei der Frage des Designschutzes heute durchaus möglich gewesen“, sagt Ohly. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, in Revision zu gehen und die Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof anzufechten. 

Für Lego geht es um viel Geld

Für Lego ist der rechtliche Schutz seiner Steine keine Kleinigkeit, sondern der Kampf um die Vormachtstellung auf einem milliardenschweren Markt. 2020 machte Lego einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro. Im Corona-Jahr konnte das dänische Unternehmen dabei seinen Umsatz um 13 Prozent auf knapp sechs Milliarden Euro steigern. Denn nicht nur Kinder spielen mit Klemmbausteinen: Im Netz gibt es eine große Community, die sich auf Blogs und YouTube-Kanälen über die Produkte von Lego und anderen Anbietern austauscht.

Die Bemühungen von Lego, den rechtlichen Schutz seiner Produkte mit Hilfe von Anwälten und Gerichten zu verteidigen, haben dort hohe Wellen geschlagen. Vor allem das Vorgehen gegen kleine Händler kommt nicht gut an.„Lego versucht mit legalen, aber aus unserer Sicht unfairen Mitteln, seine Monopolstellung zu sichern“, sagt Michael Schäfer, der das Klemmbausteine-Blog „Just Bricks“ betreibt.

Andere Mitglieder der Community argumentieren noch schärfer: Der Frankfurter Klemmbaustein-Händler Thomas Panke, der auf YouTube den populären Kanal „Held der Steine“ betreibt, gehört zu den schärfsten Kritikern. Mit Aussagen wie „Die Qualität ist unterirdisch“ oder „bleibt weg von diesem Set“, bewertet er Lego auf seinem YouTube-Kanal. Videos, in denen Panke seine eigenen markenrechtlichen Auseinandersetzungen mit Lego öffentlich machte, brachten dem Unternehmen einen Shitstorm ein. 

Auch die Produkte stehen in der Kritik

„Der Held der Steine polarisiert, aber er legt den Finger in die Wunde“, sagt Michael Schäfer. Die Qualität von Lego hätte in den vergangenen Jahren spürbar nachgelassen und bei der Konkurrenz sei „die Lernkurve enorm“. Ein Urteil gegen Lego wäre für ihn ein Signal gewesen, dass in Zukunft mehr Konkurrenz möglich wird. „Das würde Lego unter Druck setzten, wieder mehr in die eigene Qualität zu investieren und davon würden ja auch Lego-Fans profitieren“, sagt er. 

Dass die Streitigkeiten so viel Aufmerksamkeit erregen, liegt aus Sicht von Lukas Kurth auch an der Branche. „Vieles von dem, was bisher passiert ist, sind relativ gewöhnliche Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen“, meint der Betreiber des Blogs „Stonewars“. „Aber Lego ist als Spielzeugmarke einfach bei allen rein positiv besetzt, da legen wir vielleicht andere Maßstäbe an und nehmen so ein Verhalten dann anders wahr.“ Er bedauert, dass sich Lego zu den Auseinandersetzungen kaum äußert: „Dadurch bleibt die Meinung der Betroffenen als einzige Wahrheit stehen und das verzerrt natürlich auch das Bild in der Öffentlichkeit.“

Vivien Götz

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