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Evergrande könnte einen Dominoeffekt im chinesischen Immobiliensektor in Bewegung setzen.

© REUTERS/Tyrone Siu//File Photo

Der nächste Immobilienkonzern strauchelt: Die Sorge vor dem Dominoeffekt

Nach Evergrande kann auch Fantasia Holdings Zinsen nicht zahlen. Die Frage, welche Auswirkungen die Krise hat, wird immer dringlicher.

Die Krise der chinesischen Immobilienunternehmen zieht immer weitere Kreise. Nachdem der schuldenbeladene Konzern Evergrande Zahlungsfristen für Anleihezinsen gerissen hat, ließ nun auch der kleinere Rivale Fantasia Holdings eine Frist für Zinszahlungen verstreichen. Zudem stuften Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Immobilienentwicklers Sinic zurück und warnten vor Zahlungsausfällen.

An den asiatischen Börsen war deshalb die Stimmung am Dienstag gedämpft, besonders Immobilien-Aktien gingen in die Knie. Evergrande-Titel blieben in Erwartung eines möglichen Anteilsverkaufs vom Handel ausgesetzt.

„Seit der Evergrande-Krise schauen die Anleger besorgter auf die Zahlungsfähigkeit chinesischer Immobilienentwickler“, sagte Thomas Kwok, Leiter des Aktiengeschäfts beim Brokerhaus Chief Securities. Fantasia zahlte am Montag fällige Anleihezinsen von 206 Millionen Dollar nicht aus, wie der Konzern gegenüber der Hongkonger Börse erklärte. Zudem konnte eine Fantasia-Tochter einen Kredit über 108 Millionen Dollar an den Immobilienmanager Country Garden Services nicht zurückbezahlen. Fitch senkte daraufhin das Rating von Fantasia um mehrere Stufen.

Sinic und Fantasia sind kleiner als Evergrande

Das Rating des Wettbewerbers Sinic wurde von Fitch und S&P Global nach unten gestuft. Sinic befinde sich in einer ernsten Liquiditätskrise und die Fähigkeit zur Schuldenbedienung sei fast erschöpft, begründeten die Experten von S&P ihre Rating-Senkung. Mitte Oktober werden bei Sinic Anleihezinsen über 246 Millionen Dollar fällig.

Die beiden Immobilienfirmen sind zwar deutlich kleiner als Evergrande. Ihre Probleme befeuern aber die Sorgen von Anlegern, dass die Blase am chinesischen Immobilienmarkt vor dem Platzen steht und andere Branchen sowie das ganze Finanzsystem erfasst. „Es ist ein Teufelskreis für die Immobilienentwickler, die nicht stark genug sind, denn es gibt nicht genügend Liquidität auf dem Markt für alle“, warnte Kwok. Viele Immobilienfirmen in China bekommen derzeit keine Kredite mehr zur Refinanzierung. Und die Möglichkeit, Kapital durch Immobilienverkäufe zu generieren, ist zuletzt deutlich gesunken.

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Evergrande versucht sich in seiner Liquiditätskrise mit dem Verkauf von Unternehmensteilen Luft zu verschaffen. Laut einem Bericht der staatlichen Zeitung „Global Times“ will Evergrande 51 Prozent seiner Tochter Property Services Group für fünf Milliarden Dollar an den Rivalen Hopson verkaufen. Am Dienstag warteten Investoren allerdings immer noch auf die Bestätigung des Deals. Auch die chinesische Regierung äußerte sich weiterhin nicht zu den Schwierigkeiten des Immobilienentwicklers. Damit ist auch unklar, ob die Führung bei einer Pleite einspringt. Experten mutmaßen, Peking könne eine Zerschlagung anordnen.

Schweizer Banken in Sorge

Evergrande würde sich mit einer solchen Transaktion jedoch nur bedingt freischwimmen. Der zweitgrößte Immobilienentwickler Chinas hat Schulden von mehr als 300 Milliarden Dollar. Mit fünf Milliarden Dollar könnte Evergrande theoretisch in den nächsten sechs Monaten seinen Verpflichtungen gegenüber Gläubigern nachkommen. Bis Ende 2021 werden rund 500 Millionen Dollar Zinsen für Anleihen fällig. Im März steht zudem die Rückzahlung für eine zwei Milliarden Dollar Anleihe an.

Die Folgen der Krise sind an einigen Stellen schon spürbar. In China warten Kleinanleger und Kunden, die ihre Wohnungen und Häuser im Voraus bezahlt haben, auf ihr Geld. Auch Mitarbeitern soll Evergrande Gehalt schulden. Darüber hinaus sind die Auswirkungen auf internationale Finanzmärkte noch nicht einzuschätzen.

Während das deutsche Finanzsystem sich noch sicher wähnt, sind etwa die Schweizer Banken UBS, Credit Suisse und Julius Bär deutlich stärker in Asien involviert und mussten bereits deutliche Kurseinbußen hinnehmen.

Pikant: Laut einem Bericht der „Financial Times“ hat Credit Suisse bereits Ende des Jahres 2018 einen Kreditwunsch des Evergrande-Präsidenten Hui Ka Yuan über eine Milliarde Dollar abgeschmettert. Hui habe damit neue Evergrande- Anleihen kaufen wollen – zur Absicherung. Die Bank bewertete das laut Bericht aber als „zirkuläre Finanzierung“ und lehnte ab. (mit rtr)

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