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Wirtschaft: Der Euro ist kein Teuro

Statistikamt errechnet Inflationsrate von 1, 3 Prozent – räumt aber ein, dass einige Preise stark gestiegen sind

Berlin (msh). Europas Einheitswährung Euro trägt nach Ansicht des Statistischen Bundesamtes zu Unrecht die Bezeichnung „Teuro“. In den vergangenen Monaten seien die Lebenshaltungskosten mit 1,3 Prozent nur sehr moderat gestiegen. Die Statistiker räumen aber ein, dass die Verbraucher mit dem Gefühl, vieles sei teurer geworden, richtig liegen. Besonders die Preise von Dienstleistungen und in der Gastronomie sind gestiegen. Verbraucherschützer kritisierten, die amtliche Statistik sage zu wenig über die Auswirkungen der EuroEinführung aus.

Die neue Währung sorgte immer wieder für Missmut bei den Verbrauchern, weil viele Anbieter die Euro-Einführung zu deftigen Preisanhebungen genutzt haben sollen. Um dem „Teuro“ auf die Spur zu kommen, untersuchte das Statistikamt die Entwicklung von 18 000 Preisen aus 35 Produktgruppen. „Es hat überdurchschnittliche Preiserhöhungen gegeben“, sagt Nadin Engelhardt, Euro-Expertin des Statistischen Bundesamtes. Vor allem bei Dienstleistungen und in der Gastronomie habe es zu Jahresbeginn einen Preisschub gegeben. So kostete im Oktober die Kinokarte 4,6 Prozent und die Autowäsche 4,3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Für ein Glas Bier mussten die Gäste 3,6 Prozent mehr auf den Tisch legen.

Bei Nahrungsmitteln, deren Preise bis zum Sommer stark gestiegen sind, sei nun eine „deutliche Entspannung“ zu beobachten. Die Verteuerungen, die zeitlich mit der Euro-Einführung zusammenfielen und insbesondere Obst und Gemüse betrafen, waren nach Darstellung der Statistiker vor allem eine Folge der kalten Witterung. Im November 2002 habe jedoch das Preisniveau für Nahrungsmittel um 0,8 Prozent niedriger gelegen als vor Jahresfrist. Trotzdem gibt es Ausreißer nach oben: Schokolade war im Oktober 3,7 Prozent teurer als im Vorjahr.

„Die Preiserhöhungen schlagen sich nicht so stark in der Teuerungsrate nieder, weil die Preise vieler anderer Produkte gleich geblieben oder sogar günstiger geworden sind“, sagt Statistikerin Engelhardt. Vor allem die Preise für langlebige Konsumgüter wie Fernseher, Waschmaschinen oder Computer seien schon seit längerer Zeit rückläufig. Ähnliches sei bei Mieten, Energie und Versicherungen der Fall.

Im Warenkorb, der als Grundlage für die Ermittlung der Preissteigerungsrate dient, haben diese Waren und Leistungen ein hohes Gewicht (siehe Kasten). Der Warenkorb gebe daher nur unzureichend Aufschluss über die Auswirkungen des „Teuro“, sagte Bernd Krieger vom Europäischem Verbraucherzentrum Kiel. Nach Ansicht der Statistiker gibt es aber objektive Gründe, warum die Verbraucher das Gefühl haben, alles sei teurer geworden. „Der Preisanstieg betraf vor allem Güter des täglichen Bedarfs, mit denen die Menschen häufig konfrontiert sind“, sagt Engelhardt. Zudem fielen die hohen Preise bei Nahrungsmitteln zeitlich genau mit der Euro-Einführung zusammen. „Das setzt sich in den Köpfen fest.“

Trotzdem dürfe das Preisniveau kein Grund mehr dafür sein, dass die Deutschen den Euro immer noch nicht mögen, sagt Engelhardt. Nach einer Untersuchung der EU-Kommission sind nur 28 Prozent der Deutschen mit der neuen Währung zufrieden. Im Durchschnitt der Euroländer sind es mehr als die Hälfte. Die Statistiker erwarten, dass das Preisniveau auch in den kommenden Monaten nur moderat steigen werde.

Dass sich der Streit über den „Teuro“ wohl nie beilegen lassen wird, räumten auch die Statistiker ein: Wissenschaftlich exakt sei der Einfluss des Euro auf das Preisniveau nicht eindeutig bestimmbar.

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