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Wirtschaft: Der Chef hat andere Prioritäten

Deutsche Unternehmensvorstände fahren Dienstwagen mit dem höchstem CO2-Ausstoß / Kritik an Telekom, KPMG und RWE

Von Maris Hubschmid

Berlin - Den Anrufbeantworter abschaffen. Handys recyceln. Baumpate werden. Die Deutsche Telekom hat eine Menge Ideen, wie jeder seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. „Verantwortung leben, nachhaltig handeln“ heißt der Slogan einer aktuellen Kampagne, im Rahmen derer das Unternehmen im Internet zu mehr Umweltbewusstsein und Mitmachaktionen aufruft. Auch an die eigene Nase hat die Telekom sich gefasst: Erkennbare Bemühungen um eine Emissionsreduktion attestiert ihr die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer am Montag veröffentlichten Studie zum Spritverbrauch deutscher Firmenwagen. Allein, richtig gut abgeschnitten hat das Unternehmen dennoch nicht. Das peinliche Manko: Trotz eigentlich mustergültiger Gesamt-Firmenflotte leistet sich der Vorstand ein paar echte Umweltsünder.

231 Gramm CO2 pusten die Chefs mit ihren Limousinen durchschnittlich pro Kilometer in die Luft, übersteigen damit den aktuellen EU-Zielwert von 140 Gramm um ganze 65 Prozent. Den Untersuchungsergebnissen der DUH zufolge sind die Spitzenmanager der Telekom in Deutschlands Wirtschaft damit aber bei Weitem kein Einzelfall. Lediglich vier Firmen zeichneten die Prüfer mit einer „grünen Karte für glaubwürdiges Klimabewusstsein“ aus: die Phoenix Solar AG, den Vacuumpumpenanbieter Pfeiffer, den Sportartikelhersteller Puma und die Deutsche Bahn AG. Mit übermäßigem Bahnfahren hängt das nicht zusammen, „die Anzahl der Dienstautos hatte keine Auswirkungen auf das Gesamtergebnis “, erläutert die DUH. Neun weitere Unternehmen erhielten wie die Telekom eine gelbe Karte für nicht ausreichende Anstrengungen, alle übrigen sahen rot. 153 Unternehmen hatte der Verein in den vergangenen drei Monaten zu Klimaschutzstrategien, Dienstwagenmodellen und deren Kraftstoffverbrauch befragt. Der Großteil konnte nur schlechte Werte vorweisen oder wurde wegen intransparenter Auskünfte mit ungenügend beurteilt.

Erbeten wurden die Daten der 100 größten börsennotierten Unternehmen sowie die von 53 ausgewählten mittelständischen Firmen, die für sich den Anspruch erheben, besonders nachhaltig zu wirtschaften. Rund die Hälfte der angesprochenen Unternehmen aber wollte sich gar nicht erst äußern. Gefragt war zum einen nach dem Spritverbrauch insgesamt sowie nach dem des Vorstands und des Vorstandsvorsitzenden speziell. Zum ersten Punkt gab noch knapp ein Drittel der Firmen bereitwilllig Informationen heraus, zu den Emissionen des Vorstands schwiegen die meisten. So auch Siemens, das damit wirbt, als erstes Dax-Unternehmen überhaupt seine Firmenwagenregelung auf die Klimaschutzziele der EU ausgerichtet zu haben. Firmensprecher Michael Friedrich sagte dem Tagesspiegel zu den fehlenden Angaben: „Entscheidend ist für uns, dass der Gesamtverbrauch unserer Dienstwagenflotte zurückgeht.“

Unter den Unternehmen, die eine rote Karte bekommen haben, sind auch solche, die sich zum Nachhaltigkeitsforum „Econsense“, einer Ökobewegung zusammengeschlossen haben. Von 30 befragten Econsense-Mitgliedern fielen 27 im Glaubwürdigkeitstest durch. „Die Mehrzahl der bundesdeutschen Unternehmen hat den Schuss noch nicht gehört“, schlussfolgert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er fordert mehr Verantwortungsbewusstsein insbesondere bei denen, die Vorbildfunktion haben.

Auffallend schlecht schnitten unter den Econsense-Mitgliedern unter anderen der Energiekonzern RWE und das Serviceunternehmen KPMG ab.

Von der Telekom hieß es am Montag auf Nachfrage: „Wir tauschen unsere Geschäftsfahrzeuge alle drei Jahre. Nur darum folgen noch nicht alle Vorstandsfahrzeuge den hauseigenen Klimaschutzrichtlinien.“ Diese sehen wie die Programme diverser anderer Unternehmen auch Bonuszahlungen für diejenigen Mitarbeiter vor, die sich für ein besonders spritsparendes Dienstwagenmodell entscheiden. Vielleicht sind die schlechten Werte von Dienstwageninhabern in Toppositionen also ein Problem des mangelnden Anreizes: Deutschlands Vorstände haben derlei Zuschüsse bei der Summe an Boni, die ihnen zuteil werden, schlichtweg nicht nötig. Maris Hubschmid

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