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Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

© AFP/ Jens Büttner

Debatte um DDR als "Unrechtsstaat": Eine Diskussion von gestern

Manuela Schwesig und Bodo Ramelow wollen die DDR nicht „Unrechtsstaat“ nennen. Jedes empfundene Unrecht sollte politisch betrachtet werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

So wie es anfing, blieb es auch: Vor 70 Jahren trat der Deutsche Volksrat unter Vorsitz von Wilhelm Pieck (SED) in Ost-Berlin zusammen, gründete die Deutsche Demokratische Republik und proklamierte sich selbst zur Provisorischen Volkskammer. Kurz, er tat so, als sei er ein Parlament. Aber ohne Wahl - was bedeutet: Legitimiert war da nichts. Die Mitglieder waren so ausgewählt, dass gegen die SED nichts ging. Bis nichts mehr ging.

Und an dem Tag, der daran erinnert, diskutieren die, die nach der friedlichen Revolution vom Volk in Parlamenten legitimiert worden sind, über die Frage, ob die DDR, von der SED bis ins Letzte bestimmt, ein Unrechtsstaat gewesen sei. Manuela Schwesig, die SPD-Regierungschefin in Schwerin, und Bodo Ramelow, ihr Linken-Kollege in Erfurt, bestreiten das. Nur sagt Schwesig zugleich: „Die DDR war eine Diktatur. Es fehlte alles, was eine Demokratie ausmacht: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Demonstrationsfreiheit, freie Wahlen, das Recht auf Opposition.“

Ja, was ist eine Diktatur, wenn nicht ein Unrechtsstaat? Das heißt nicht, dass es in diesem Staat keine Inseln der Rechtschaffenheit gegeben hat und keine Rechtschaffenen. Wenn es also Schwesig und Ramelow darum ging, denen Tribut zu zollen, und zugleich denen, die es vor 30 Jahre schafften, die Mauer des Unrechts einzureißen, dann ist diese Diskussion eine von gestern, rückwärtsgewandt außerdem.

Der Zukunft zugewandt wäre, jedes heute empfundene Unrecht politisch - und demokratisch legitimiert - zu betrachten und zu bewerten, auf dass es wo immer nötig geändert werden kann. Gleiche Löhne, gleiche Rente, gleiche Chancen, das ist den Menschen in ihren Ländern heute sicher näher als der Blick auf eine Zeit, die überwunden ist.

Die DDR ist versunken, mit ihr die SED. Aus der Geschichte zu lernen heißt, für die die Gesellschaft von morgen Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. In der Hinsicht geht noch was. Am 27. ist die Wahl in Thüringen. Die wird zeigen, was den Menschen heute wichtig ist.

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