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In manchen deutschen Autofabriken stehen die Bänder wegen fehlender Bausteile still.

© Sven Hoppe/dpa

Dax 19 Prozent vom Jahreshoch entfernt: Jetzt kommen die Auswirkungen des Krieges an der Börse an

Der Dax bewegt sich in Richtung von 13.000 Punkten. Eine Erholung ist nicht in Sicht. Und die Notenbanken fallen als Stabilisatoren wohl aus.

Nun scheint der Krieg endgültig an den Börsen angekommen zu sein. Nachdem der Dax am vergangenen Wochenende die Verluste vom Tag des Angriffs Russlands auf die Ukraine schon fast wieder aufgeholt hatte, markiert dieser Freitag einen herben Absturz. Um fast vier Prozent stand der deutsche Leitindex am Nachmittag im Minus; zwischenzeitlich war er gar um über 500 Punkte eingebrochen.

Die 14.500-Marke vom vergangenen Freitag ist inzwischen in weitere ferne. Inzwischen sind 13.000 Punkte in greifbarer Nähe. Und eine Erholung ist nicht in Sicht.

Der Angriff auf das ukrainische Atomkraftwerk in Saporischschja sorgte am Freitag für eine besondere Ausverkaufsstimmung an den Märkten. Für den Vermögensverwalter Markus Schön spielt bei dem heutigen Kursverlauf auch Irrationalität eine wichtige Rolle. Denn der Dax fiel immer weiter, obwohl sich die Lage rund um das Atomkraftwerk stabilisiert hatte. „Vielfach nehmen computergesteuerte Anlagestrategien nur die Nachricht ,Brand – Atomkraftwerk‘ wahr und verkaufen alle Anlagen, bei denen Risiken bestehen könnten“, erläutert Schön gegenüber dem „Handelsblatt“. Das sei schlecht für Anleger, weil so zunehmend Bewertungen entstehen, die nichts mit der Realität zu tun haben.

Automarkt deutlich im Minus

Es gibt jedoch auch genügend Nachrichten, die die niedrigeren Kurse rechtfertigen. Der Automarkt ist dafür ein Beispiel. BMW und Volkswagen verbuchten am Freitag ein Minus von rund sechs Prozent, auch Daimler brach um fast vier Prozent ein. Die Meldungen, dass Vorprodukte wie etwa Kabel aus der Ukraine fehlen und möglicherweise zehntausende Autos weniger gebaut werden können als geplant, machte den Anlegern deutlich, wie direkt der Krieg sich auf die deutsche Wirtschaft auswirkt.

„Der Russland-Ukraine-Krieg zieht an den Märkten weitere Kreise“, schrieb Analyst Manfred Bucher von der Landesbank Bayern LB. Den Märkten drohe eine Stagflation, also eine Wachstumsschwäche bei gleichzeitig hoher Inflation. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fürchtet angesichts des Krieges, „dass das Gesamtjahr ein absolut dunkles sein wird“.

Schon im vierten Quartal 2021 hatte es mit einem Minus von 0,7 Prozent zum Vorquartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts gegeben. Bei einem weiteren Rückgang im ersten Quartal 2022 befände Deutschland sich in der Rezession. Der Dax ist von seinem Jahreshoch inzwischen 19 Prozent entfernt. Ab 20 Prozent spricht man von einem Bärenmarkt.

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Doch noch sehen Marktbeobachter eine hohe Volatilität – also auch die Möglichkeit, dass Kurse schnell wieder steigen können. Der V-Dax, ein Index für die Volatilität im Markt liegt derzeit bei 42 und damit auf dem höchsten Stand seit Ausbruch der Coronakrise. Damals dauerte der Bärenmarkt nur wenige Monate. „Jede positive Entwicklung könnte zu einer Erleichterungsrally führen, während eine weitere Eskalation den Markt weiter unter Druck setzen dürfte“, schreiben auch die Analysten des Vermögensverwalters Amundi.

Die Notenbanken in der Zwickmühle

Doch mit Hilfspaketen und billigem Geld durch die Notenbanken konnte der Glaube an ein Überwinden der Krise schnell wieder hergestellt werden. Der Krieg Russlands ist da nicht so einfach. Und die Notenbanken haben viel Pulver zur Stützung des Marktes in der Pandemie bereits verschossen. Eigentlich waren sowohl die amerikanische Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit eher in einer Phase, in der sie die Märkte auf steigende Zinsen einstellen wollten. Zumindest die Fed wird diesen Kurs auch beibehalten. „Es ist angemessen, dass wir uns weiter entlang der Linie bewegen, die wir vor dem Einmarsch in der Ukraine im Kopf hatten“, sagte Fed-Chef Jerome Powell in dieser Woche. Die Inflation sei viel zu hoch.

„Die Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Krieges lassen die Fed mit einem ,kleinen' Schritt beginnen und nicht mit der von einigen zuvor erwarteten Erhöhung um 50 Basispunkte“, meint allerdings Ökonom Christoph Balz von der Commerzbank. Tatsächlich hatte die Wirtschaft mit der Inflation ja auch ohne den Krieg bereits genügend Sorgen. Die EZB berät am kommenden Donnerstag über ihre nächsten Schritte. „Ein klares Bekenntnis zu einer geldpolitischen Straffung wird es vermutlich nicht geben“, prognostiziert Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.

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