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Soziale Netzwerke. Facebook hat weltweit mehr als 1,3 Milliarden Nutzer. Die Kopie StudiVZ ist praktisch bedeutungslos geworden.

© dpa

Das Geschäft mit der geklauten Idee: Original und Kopie

Im Englischen werden Nachäffer auch Copycats genannt. Auf die Start-up-Szene angewandt, werden damit Gründungen bezeichnet, die bereits erprobte Geschäftsmodelle kopieren. Solche Copycats genießen oft keinen guten Ruf. Eine Auswahl.

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Facebook - StudiVZ

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gehört zu den wohl polarisierendsten Persönlichkeiten des Internets. 2004 begründete der Harvard-Student die Plattform, deren Vorgänger ein Bewertungssystem für das Aussehen von Frauen war. Wenige Jahre später kam es zum Rechtsstreit zwischen Zuckerberg und zwei seiner Mitstudenten. Sie behaupteten, er habe ihre Idee geklaut. Dem Erfolg des Netzwerks tat das aber keinen Abbruch. Im Juni 2014 nutzten weltweit 1,3 Milliarden Menschen Facebook, das sich durch Werbung finanziert. Der Kurs hat sich seit dem Börsengang im Mai 2012 verdoppelt, heute ist das Soziale Netzwerk an der Börse 112 Milliarden Euro wert.

StudiVZ startete im November 2005 als Facebook-Pendant für den deutschsprachigen Raum. Da Facebook zu der Zeit in Europa noch weitestgehend unbekannt war, stiegen die Nutzerzahlen bei StudiVZ zunächst rasant an. Das Ringen um Marktanteile führte die beiden Unternehmen 2009 vor Gericht: StudiVZ habe geistiges Eigentum von Facebook kopiert, lautete der Vorwurf. Auch Teile des Quellcodes soll das deutsche Unternehmen sich illegal beschafft haben. StudiVZ erklärte sich daraufhin zu einer Zahlung in unbekannter Höhe bereit. Heutzutage hat das Netzwerk im Vergleich zu Facebook keinerlei nennenswerte Bedeutung mehr. lis

AirBnB - Wimdu

Auf dem 2008 in den USA gegründeten Marktplatz werden Privatwohnungen als Ferienunterkunft angeboten. Gegen eine Provision können Reisende so billiger und möglicherweise persönlicher unterkommen. Für die Gastgeber ist es ein zusätzliches Einkommen. Aktuell bietet Airbnb mehr als 800 000 Unterkünfte in 190 Ländern an. Das Unternehmen wird von Investoren inzwischen mit mehr als zehn Milliarden Dollar bewertet. Damit gehört es zu den wertvollsten Start-ups der Welt – und hat börsennotierte Hotelketten wie Hyatt, deren Marktwert aktuell bei 8,4 Milliarden Dollar liegt, überholt. Der Wettbewerb auf dem Hotel-Markt hat sich grundlegend verändert. Der Hotelverband Deutschland kritisiert, dass Hotels mit immer kostenintensiveren Auflagen zu Brandschutz, Hygiene, Sicherheit und Barrierefreiheit überzogen werden, an die sich Privathaushalte nicht halten müssen.

Rocket Internet startete im Februar 2011 eine eigene Zimmervermittlung in Privatwohnungen. Mit 90 Millionen Dollar Startkapital stieg Wimdu gut ausgestattet in den Wettbewerb ein. Reizvoll an der Geschäftsidee ist vor allem, dass man mit einer einzigen vielsprachigen Webseite einen globalen Markt abdecken kann. Wimdu bietet aktuell rund 300 000 Unterkünfte in mehr als 100 Ländern an. Noch im Gründungsjahr wurde Wimdu von der Airbnb-Geschäftsführung besucht. Zu einer Übernahme kam es nicht, dafür kopierte Airbnb im Anschluss das Konzept lokaler Vertriebsbüros und eröffnete 2011 seine erste europäische Niederlassung in Hamburg. Wimdu, das bereits vier Monate nach seinem Start 400 Mitarbeiter in 15 Büros auf der ganzen Welt beschäftigte, entließ im Zuge des Wettbewerbs viele davon wieder. Aktuell arbeiten gut 250 Personen bei Wimdu. tav

LinkedIn - Xing

LinkedIn ist ein Netzwerk zur Pflege und zum Knüpfen von Geschäftskontakten – sozusagen das Facebook für den Job. Es wurde 2003 in Kalifornien gegründet. In Deutschland ist LinkedIn seit Februar 2009 verfügbar. In einer kostenpflichtigen Variante der Mitgliedschaft lassen sich Nutzer nach Joblevel, Funktion und Unternehmensgröße filtern. Anders als beim deutschen Portal Xing findet man auf LinkedIn auch internationale Kontakte, in mehr als 200 Ländern ist die Plattform mittlerweile aktiv. Die Reichweite ist bei mehr als 300 Millionen Nutzern somit deutlich größer als beim Mitbewerber.

Xing wurde mehr oder weniger zeitgleich mit LinkedIn gegründet, zunächst aber unter dem Namen OpenBC (für Open Business Club). Die Plattform hat 14 Millionen Nutzer im deutschsprachigen Raum. Eine Besonderheit ist die prominent platzierte Fotoleiste, die anzeigt, über wie viele „Ecken“ ein Nutzer mit einem anderen vernetzt ist („Kleine-Welt-Funktion“). Wie bei LinkedIn sind bestimmte Services kostenpflichtig – das Basisangebot ermöglicht aber sowohl das Kontaktieren anderer Mitglieder als auch das Schalten von Stellenanzeigen. Die erweiterten Funktionen kosten zudem deutlich weniger als bei LinkedIn. mch

Zappos - Zalando

Schuhe verkaufen, ohne dass der Kunde sie anprobieren kann? Viele haben das für unmöglich gehalten und gedacht, dass sich Schuhe für den Online-Handel nicht eignen. Nick Swinmurn dachte anders. Nach einer erfolglosen Shopping- Tour, bei der er die gesuchten Schuhe nicht in der richtigen Größe und Farbe findet, gründet er 1999 Zappos. Der Name ist angelehnt an Zapatos, das spanische Wort für Schuhe. Als Online-Kaufhaus kann Zappos eine weit größere Auswahl bieten, als es der größte stationäre Händler je könnte. Zappos wächst rasant, bietet auch Bekleidung und Accessoires an – und ist so erfolgreich, dass sogar der weltgrößte Online-Händler Amazon denkt, es nicht besser machen zu können. 2009 übernimmt Amazon Zappos für 850 Millionen Dollar.

Zapatos, Zappos, Zalando – nicht nur die Worte klingen ähnlich, auch die Geschäftsmodelle sind es. 2008 gründeten Robert Gentz und David Schneider ihren Onlineschuhhandel in Berlin. Anfangs packten sie die Pakete selbst im Keller und brachten sie zur Post. Das Startkapital für das schnelle Wachstum kam von den Samwer-Brüdern. „Schrei vor Glück – oder bring’s zurück“ war der Werbespruch, der Zalando bekannt machte. Mit der kostenlosen Lieferung und der kostenlosen Rücknahme bei Nichtgefallen begründete das Unternehmen seinen Erfolg – und ließ viele Skeptiker zweifeln, dass sich das Geschäft je rentieren wird. Am 1. Oktober will Zalando an die Börse gehen. Geht alles wie geplant, wird Europas größter Online-Händler für Schuhe und Mode hochgerechnet 5,6 Milliarden Euro wert sein. vis

WhatsApp - Simsme

Die Alltagssprache hat Jan Koum bereits bereichert. Wo vor Jahren noch gesimst oder getextet wurde, wird heute meist geappt. So nennt es sich, wenn man Nachrichten über Koums Dienst WhatsApp verschickt. Eine halbe Milliarde Menschen tut das – verschickt meist mehrmals am Tag Texte, Fotos, Videos und Sprachmitteilungen. Das rasante Wachstum der höchst interessanten Datensammlung – die App hat Zugriff auf die Telefonbücher der Nutzer – blieb nicht unentdeckt. Für 19 Milliarden Dollar schlug Facebook im Februar zu. Am weitgehend kostenfreien Konzept soll das vorerst nichts ändern.

Facebook kauft WhatsApp – und was passiert mit meinen Daten? Wochenlang trieb diese Frage die Nutzer des Messenger-Dienstes um. Und obwohl der nicht müde wurde zu beruhigen, jagten ihm Konkurrenzprodukte mit dem Versprechen sicherer Übertragung und Speicherung zunächst ein paar Millionen Nutzer ab. Das können wir auch, dachte sich die Deutsche Post – und bietet seit August mit Simsme einen eigenen Messenger an: verschlüsselt und mit sich selbst zerstörenden Nachrichten. Letztere Funktion bekommt nur die erste Million Nutzer kostenlos – noch ist sie zu haben. sf

Vente-Privée - Brands for Friends

Die französische Shopping-Community Vente-Privée bietet seit 2001 Mode und Accessoires, aber auch Weine, Haushaltsgeräte und andere Produkte namhafter Hersteller an. Um das aktuelle Angebot zu sehen, müssen die Einkäufer sich zunächst kostenlos registrieren. Die Verkaufsaktionen für ein Produkt laufen in der Regel drei bis fünf Tage. Danach reicht Vente-Privée die Bestellung an den Hersteller weiter. Das bedeutet für den Kunden eine längere Lieferzeit, dafür spart er aber Geld: Vente-Privée wirbt mit Rabatten von bis zu 70 Prozent. Auch für die Inhaber exklusiver Marken hat das System einen Vorteil. Sie können Überproduktionen und Restposten schnell veräußern, ohne dass ihr Image geschädigt wird. Eigenen Angaben zufolge zählt Vente-Privée derzeit 20 Millionen Mitglieder in acht europäischen Ländern, darunter auch Deutschland.

Sechs Jahre nachdem Vente-Privée mit der Idee der Shopping-Communities auf den Markt gekommen ist, machten sich vier Gründer aus Berlin die Idee zu eigen. Wie bei der französischen Vorlage konnte auch bei Brands4Friends zunächst nur Mitglied werden, wer zuvor von einem anderen Mitglied eingeladen wurde. Wegen des Erfolgs von Brands4Friends fanden sich schnell mehrere Investoren. 2010 übernahm Ebay den Shoppingclub für 150 Millionen Euro. Seither ist die Community weiter gewachsen. 2013 waren fünf Millionen Menschen in Deutschland bei Brands4Friends registriert. Damit ist der Shoppingclub hierzulande Marktführer. Von seinem exklusiven Touch hat sich Brands4Friends ebenso wie der Vorläufer Vente-Privée aber zumindest teilweise verabschiedet: Registrieren kann sich dort mittlerweile jeder – auch ohne Einladung. lis

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