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Zimmer mit Aussicht: Doch viele Ferienhäuser stehen derzeit leer.

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Update

Covid-19: Der Urlaub ist abgesagt: Muss ich das Ferienhaus trotzdem bezahlen?

Für ganz Deutschland besteht Urlaubssperre. Dabei ist die Ferienwohnung schon bezahlt. Was nun? Und wie ist es mit Unterkünften im Ausland?

Normalerweise wäre Lydia Sommer in dieser Zeit damit beschäftigt, Unterkünfte zu vermieten. Die Osterferien stehen vor der Tür. „Für Sylt ist das der erste größere Ansturm im Jahr“, sagt die Agenturchefin. 190 Ferienwohnungen betreut die Unternehmerin – für private Vermieter auf der Insel. Doch seit Donnerstag ist Sylt für Touristen gesperrt.

Alle Urlauber mussten abreisen, kein Feriengast darf jetzt noch anreisen. Die Urlaubssperre galt ursprünglich bis zum 19. April und ist inzwischen bis zum 3. Mai verlängert worden. Sommer, die ihren richtigen Namen mit Blick auf ihre Geschäftspartner nicht in der Zeitung lesen möchte, entmietet statt vermietet. Sie storniert Buchungen, zahlt den Gästen ihr Geld zurück. Für die gut 15 000 Insulaner ist das ein schwerer Schlag. „90 Prozent leben hier vom Tourismus“, sagt Sommer.

Touristen, nein danke

So wie in Sylt sieht es derzeit überall in Deutschland aus. Um das Coronavirus zu bekämpfen, ist ganz Deutschland touristisches Sperrgebiet.

Per Rechtsverordnung haben alle Bundesländer verfügt, dass Hotels, Pensionen, Campingplätze oder Ferienwohnungen nicht an Touristen vermietet werden dürfen. Bußgelder von bis zu 25.000 Euro oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren drohen Gastgebern, die sich nicht an die Regeln halten. Die Beschränkungen waren ursprünglich bis zum 19. April vorgesehen, Bund und Länder haben aber beschlossen, dass bis zum 3. Mai touristische Reisen und Übernachtungen innerhalb Deutschlands verboten bleiben sollen.

Die große Leere: Seit Donnerstag ist kein Urlauber mehr auf Sylt.
Die große Leere: Seit Donnerstag ist kein Urlauber mehr auf Sylt.

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Ich darf nicht kommen, muss ich trotzdem zahlen?

Urlaub im eigenen Land ist beliebt. Viele Menschen, vor allem Familien, haben Ferienwohnungen oder -häuser auf den friesischen Inseln, auf Usedom, Rügen oder im Schwarzwald gebucht. In den meisten Fällen haben sie eine Anzahlung geleistet, einige haben bereits den gesamten Betrag überwiesen. Und nun?

Für Verbraucherschützer ist die Rechtslage angesichts der derzeitigen Reisebeschränkungen klar: „Ferienwohnungen, Hotels oder Ferienhäuser können kostenlos storniert werden“, sagt Eva Klaar von der Verbraucherzentrale Berlin. „Wenn die Behörden verbieten, dass Touristen anreisen, hat man ein Recht darauf, sein Geld zurückzubekommen.“

Gutscheine statt Geld?

Die Reisebranche und das Gastgewerbe sind von der Covid-19-Epidemie schwer getroffen. Deshalb versuchen einige Vermieter, mit ihren Gästen andere, individuelle Vereinbarungen zu treffen.

Sie bieten Gutscheine an, die Kunden bei einer späteren Buchung einlösen können, oder sie versuchen gleich, einen neuen Termin für die Reise zu finden. Denn viele Rückzahlungen auf einmal kosten Liquidität und im schlimmsten Fall sogar die Existenz.
Das Problem: Sollte der Vermieter trotz des Entgegenkommens des Kunden später Pleite gehen, ist der Gutschein nicht viel wert. Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), plädiert daher zwar für Solidarität und Pragmatismus in der Krise, fordert den Gesetzgeber aber auf, Gutscheine im Fall einer Insolvenz abzusichern, um Verbraucher zu schützen.

Was ist mit dem Ferienhaus in Dänemark?

Nicht nur Deutschland, auch Dänemark ist ein beliebtes Reiseziel für die Bundesbürger. Derzeit sind die Grenzen dicht, Dänemark will sich so vor dem Virus schützen. Der Einreisestopp gilt bis zum 10. Mai. Was heißt das für das Ferienhaus, das man für die Osterferien gebucht hat?

Länderübergreifende Konstellationen sind kompliziert. „Es gilt in aller Regel das Recht des Landes, in dem das Ferienhaus liegt“, betont Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Nach dänischem Recht ist genauso wie nach deutschem Recht eine kostenfreie Stornierung dann möglich, wenn das Ferienhaus vom Betreiber nicht angeboten werden kann, weiß Pauline Stabenow vom Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl. Ist das Ferienhaus aber theoretisch zur Vermietung frei und kann der Verbraucher es - etwa wegen Einreisebeschränkungen - nur nicht erreichen, richtet sich die Stornierung nach dem, was im Vertrag steht, betont Stabenow. Ist dort festgelegt, dass man zahlen muss, kann man als Kunde aber zumindest verlangen, dass der Vermieter ersparte Aufwendungen, etwa für Reinigungskosten, zurück erstattet.

In den meisten europäischen Staaten existieren mit Blick auf die Kosten allerdings keine Regelungen, die so detailliert sind wie das deutsche Recht, gibt der Berliner Reiserechtsanwalt Roosbeh Karimi zu bedenken. „Das macht einen Rechtsstreit in anderen Staaten – gerade in kleineren Angelegenheiten – unwirtschaftlich, selbst wenn man zu seinem Recht kommt“, meint der Anwalt.

Und was soll man nun tun? Sollte der Vermieter einen Gutschein oder eine kostenfreie Umbuchung anbieten, sollte man das akzeptieren, rät Karimi.

Niebüll: Normalerweise werden hier die Autos nach Sylt auf den Zug geladen. Jetzt sind Urlauber verboten.
Niebüll: Normalerweise werden hier die Autos nach Sylt auf den Zug geladen. Jetzt sind Urlauber verboten.

© dpa

Kann ich das Hotel im Ausland kostenfrei stornieren?

Das Europäische Verbraucherzentrum, das sich mit länderübergreifenden Verbraucherproblemen beschäftigt, empfiehlt, bei Hotelbuchungen im Ausland in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schauen.

In zahlreichen EU-Staaten legen die Hoteliers nämlich selber fest, wie sie mit Stornierungen umgehen.

In Spanien ist es dagegen von Gesetzes wegen möglich, ein Hotelzimmer wegen höherer Gewalt kostenfrei zu canceln, in Italien und Österreich kann man sich auf den Wegfall der Vertragsgrundlage berufen.

Ich reise im Mai und soll jetzt zahlen. Was nun?

Knifflig ist die Lage auch für die Menschen, die später in die Ferien wollen, etwa im Mai, aber schon jetzt nach dem Vertrag die Ferienwohnung bezahlen sollen.

In rechtlicher Hinsicht ist die Sache eindeutig: Da es für die Zeit nach dem 3. Mai in den allermeisten Bundesländern (noch) keine staatlichen Restriktionen gibt, müsste man zahlen. Allerdings trägt der Kunde dadurch ein gewisses Insolvenzrisiko, falls der Vermieter zwischenzeitlich Pleite geht.

Einzelreisenden rät Reiserechtsanwalt Karimi, frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und zu versuchen, einen späteren Zahlungstermin zu verabreden. Wer das nicht tut und einfach nicht zahlt, trägt die vollen Stornokosten, falls private Übernachtungen im Mai wieder erlaubt sein sollten.

Keiner da: Auch in Ahlbeck auf Usedom gibt es derzeit keine Feriengäste.
Keiner da: Auch in Ahlbeck auf Usedom gibt es derzeit keine Feriengäste.

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Was ist mit Pauschalreisen?

Das Auswärtige Amt hat eine weltweite Reisewarnung bis zum 3. Mai ausgesprochen. Das heißt: Alle Pauschalreisen, die bis dahin stattfinden sollten, können kostenlos storniert werden. Pauschalreisen bestehen aus zwei touristischen Hauptleistungen, also etwa aus den Übernachtungen und dem Flug.

Urlaubsreisen ins Ausland, die für Pfingsten oder die Sommerferien geplant und gebucht sind, kann man dagegen derzeit nicht ohne finanzielle Verluste absagen, warnt die Verbraucherzentrale Hamburg. Einige Reiseveranstalter verzichten aber derzeit von sich aus darauf, das Geld für Reisen im Mai einzuziehen, Auf Sylt hofft Agenturchefin Sommer jetzt auf bessere Zeiten. „Ab Mai, Juni geht es hier richtig los“, sagt sie. Fällt auch die Sommersaison ins Wasser, geht es ans Eingemachte. Für alle auf der Insel.

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