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Viele Restaurants und Geschäfte können ihre Miete wegen der staatlich verordneten Schließung derzeit nicht mehr zahlen.

© dpa

Coronakrise erreicht Vermieter: Streit um Mietminderungen für Gewerbetreibende

Weil im Handel die Umsätze einbrechen, fürchten auch Vermieter um ihre Einnahmen. Wie weit sollten sie den Unternehmen in der Krise entgegenkommen?

Etwas mehr Unterstützung von seinem Vermieter hatte sich Cory Andreen schon erhofft. Der Geschäftsführer der kleinen Berliner Brauerei Motel Beer & Coffee hatte sich Mitte März an die GSG gewandt und um eine temporäre Mietminderung um 50 Prozent der Kaltmiete gebeten. Denn weil 95 Prozent seiner Abnehmer Gastronomen sind, ist sein Umsatz massiv eingebrochen. Nebenkosten wollte er weiterzahlen.

„Daraufhin rief die GSG mich an und teilte mir mit, man erwarte, dass alle Mieter ihre Miete voll weiterzahlen“, erzählt Andreen. „Denn sie gingen davon aus, dass 50 Prozent ihrer gewerblichen Mieter bis Mitte Mai ohnehin Insolvenz anmeldeten. Die offenen Beträge würde man sich dann im Insolvenzverfahren holen.“

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Bei der GSG kann man sich diese Darstellung nicht erklären. Man setze verschiedene Instrumente ein, um die Unternehmen kurzfristig zu entlasten, darunter etwa die Verrechnung der Barkaution mit der laufenden Mietzahlung oder Stundungen, teilt Sebastian Blecke, Operativer Geschäftsführer der GSG Berlin, mit. Auf Nachfrage heißt es, auch Mietminderungen seien möglich. Man habe auch Motel Beer & Coffee bereits Ende März ein Angebot unterbreitet und angenommen, dass die Sache damit geklärt ist, heißt es weiter.

Keine KfW-Hilfen für Immobilienunternehmen

Der Disput zeigt, dass auch die Vermieter von Gewerbeimmobilien sich wegen der Corona-Maßnahmen zunehmend Sorgen um ihre Einnahmen machen. Laut dem Zentralen Immobilienausschuss (ZIA) laufen auch viele Vermieter Gefahr, illiquide zu werden. ZIA-Präsident Andreas Mattner sprach von „erheblichen Einbrüchen bei Mieten im April. Sogar Lebensmittelhändler berufen sich auf Wegfall der Geschäftsgrundlage“.

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In der Branche ist von einem Rückgang von bis zu 70 Prozent die Rede. Der Großteil der Immobilienunternehmen fällt dem Verband zufolge aufgrund ihrer Geschäftsstruktur durch das Raster der KfW-Hilfen. Zudem klagte der ZIA, bisher seien Fachverbände für Handelsimmobilien nicht genug in die Entscheidungen der Bundesregierung einbezogen worden.

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Beim Blick nach vorne gibt sich der ZIA deshalb als Förderer des Einzelhandels. Um die Händler zu stützen, brauche es jetzt steuerliche Anreize, forderte Iris Schöberl, Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Handel. Sie sprach sich etwa dafür aus, die Mehrwertsteuer temporär zu halbieren, die Gewerbesteuer anders zu berechnen und die Ladenöffnungszeiten zu liberalisieren.

Mietminderung ist vielfach Alltag

In der akuten Situation will der ZIA aber keine Empfehlung zur Mietminderung geben. Anders als der Handelsverband Deutschland, der bereits mehrfach eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 Prozent für von den Corona-Maßnahmen getroffene Unternehmen gefordert hat, spricht sich der ZIA für individuelle Lösungen aus. „Entscheidend ist die Bedürftigkeit des Mieters“, sagte Mattner. Dass die Miete temporär um die Hälfte gesenkt wird, ist in vielen Bereichen von Handel und Gastronomie inzwischen Alltag.

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Anders als von vielen Vermietern hervorgebracht ist die Stundung der Mieten hingegen kaum ein Entgegenkommen, sondern nur die logische Folge der aktuellen Rechtslage. Denn Corona-Geschädigten darf bis Ende Juni 2022 auch dann nicht gekündigt werden, wenn im Zeitraum bis Juni dieses Jahres Mietschulden entstehen. Zahlt ein Mieter ohne Absprache derzeit nicht, kann der Vermieter lediglich Verzugszinsen von vier Prozent berechnen.

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