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Corona-Warn-App: Die Erinnerungsfunktion konnte das Teilen von Ergebnissen kaum verbessern.

© Christoph Dernbach/dpa

Corona-Warn-App: Regierung lehnt Widerspruchslösung ab

Ein Großteil der Positivmeldungen in der Corona-App wird nicht geteilt. Automatische Benachrichtigungen könnten das ändern, doch die Regierung lehnt ab.

Mehr als 25 Millionen Menschen nutzen inzwischen die Corona-Warn-App. Über deren Effektivität wird immer wieder diskutiert. Ein großes Problem dabei ist, dass auch ein großer Teil der Nutzer im Falle eines positiven Tests diese Information nicht mit den gespeicherten Kontakten teilt. Zwar haben das inzwischen fast 250.000 Nutzer getan, doch der Anteil von nicht geteilten Positivmeldungen liegt seit Monaten bei mehr als 40 Prozent.

Um das zu ändern plädiert beispielsweise Bitkom-Präsident Achim Berg dafür, Kontaktpersonen von Infizierten künftig automatisch zu warnen, sofern ein Nutzer der Warnung nicht widerspricht. „Für Infizierte gibt es derzeit keinerlei Anreiz, ein positives Testergebnis über die App zu teilen. Der Appell an die Vernunft fruchtet bei jedem Dritten nicht“, sagt Berg. „Durch eine automatische Warnmeldung mit Widerspruchsmöglichkeit würden die Hürden für jeden Einzelnen gesenkt und die Wirksamkeit der App würde weiter steigen.“

Auch SPD-Politiker wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil oder der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatten sich in der Vergangenheit schon für einen Wechsel von der derzeit genutzten Zustimmungs- zu einer Widerspruchslösung ausgesprochen.

Gesundheitsministerium gegen Widerspruchslösung

Doch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) lehnt das weiterhin ab. „Aus Sicht der Bundesregierung ist eine ausdrückliche Einwilligung in die Übermittlung des Vorhandenseins eines positiven Testergebnisses datenschutzrechtlich und mit Blick auf die Akzeptanz seitens der Nutzerinnen und Nutzer das am besten geeignete Mittel“, sagt eine Sprecherin gegenüber Tagesspiegel Background.

Mit dem Update 1.7 von Ende November 2020 habe man bereits mehr Anreize für Bürgerinnen und Bürger geschaffen, das Testergebnis zu teilen. Dabei wurde eine Erinnerungsfunktion eingebaut, mit der Nutzerinnen und Nutzer, die ein positives Testergebnis über die Corona-Warn-App erhalten haben, mehrmals daran erinnert werden, diese Information zu teilen. Zudem sei mit der Version 1.9 im Dezember der Ablauf vom Einscannen des QR-Codes für die automatische Übermittlung des Testergebnisses bis zum Teilen der Diagnoseschlüssel verbessert worden.

„Durch die genannten Weiterentwicklungen sollen Nutzerinnen und Nutzer ermutigt werden, ihre positiven Testergebnisse zu teilen. Insgesamt hat sich durch diese Maßnahmen der Anteil eingelöster QR-Codes deutlich erhöht“, sagt die Sprecherin.

Teilungsquote nur um vier Prozentpunkte gestiegen

Doch darüber, wie eine „deutliche“ Erhöhung aussieht, lässt sich streiten. Zuletzt wurden laut Robert Koch-Institut 59 Prozent der positiven Testergebnisse in der Warn-App geteilt, Mitte November bei Einführung der Erinnerungsfunktion waren es 55 Prozent. Die Zunahme beträgt also nur vier Prozentpunkte. Zudem lag der Anteil vor der Einführung der neuen Funktionen Ende Oktober schon bei 60 Prozent, war dann allerdings kontinuierlich bis auf 54 Prozent gesunken. Zumindest diese Entwicklung konnte gestoppt und der Trend umgekehrt werden. Ob allein die Erinnerungsfunktion für einen weiteren Anstieg der Teilungsquote reicht, muss sich zeigen. Seit drei Wochen liegt der Wert bereits bei 59 Prozent.

Warum die anderen ihre Testergebnisse nicht teilen, dazu hat die Bundesregierung keine Erkenntnisse. Laut einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage im Auftrag des Bitkom wollen 39 Prozent jener App-Nutzer, die ein positives Testergebnis nicht teilen, grundsätzlich keine Gesundheitsdaten kommunizieren und 14 Prozent sehen sich dazu technisch nicht in der Lage.

Mehr als jeder Zweite (54 Prozent) befürwortet eine automatisierte Warnung von Risikokontakten. Gut 14 Prozent wollen eine solche automatische Warnung sogar ohne Widerspruchsmöglichkeit, 40 Prozent plädieren dabei für ein Opt-In oder Opt-Out.

Datenschutzrechtlich wäre solch eine Lösung durchaus möglich, hatte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, in der Vergangenheit bereits klar gemacht. Allerdings wäre dabei wegen der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung eine rechtliche Grundlage für die Datenverarbeitung nötig. Ein Weg dafür wäre, dies gesetzlich zu regeln. Darüber war schon im Zuge der Einführung der App diskutiert worden, Grüne und Linke hatten beispielsweise ein Gesetz gefordert, um auch die Freiwilligkeit festzuschreiben. Die Bundesregierung hatte das jedoch abgelehnt. Womöglich erklärt sich damit auch der Unwillen des Bundesgesundheitsministeriums, die App auf eine Widerspruchslösung umzustellen.

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