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Dennis Balslev arbeitet seit mehr als 40 Jahren für Ikea. Seit Januar 2018 ist der der Chef von Ikea Deutschland.

© Ikea Deutschland

Corona-Ausbruch in Logistikzentrum von Ikea: „Wir haben die Lage unter Kontrolle"

Dennis Balslev, der Chef von Ikea Deutschland, über den Corona-Ausbruch in einem Logistikzentrum, die neuen Mini-Filialen und die Zukunft des Smålands

Dennis Balslev kommt mit der U-Bahn zum Interview und empfängt in einem schlicht eingerichteten Büroraum in Ikeas erstem „Planning Studio“ in Deutschland, einem nur 500 Quadratmeter großen Ladengeschäft in der Breite Straße in Berlin-Pankow. Zum Vergleich: Ein Ikea-Einrichtungshaus wie in Tempelhof hat 22 000 Quadratmeter. Der Däne spricht englisch.

Herr Balslev, Sie hatten einen Corona-Ausbruch in Ihrem Logistikzentrum Elsdorf zwischen Bremen und Hamburg. Wie ist die Lage dort und was bedeutet das für den Betrieb?

Insgesamt wurden 23 Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet, derzeit befinden sich noch 35 Mitarbeiter in Quarantäne. Daher fällt eine von zwei kompletten Schichten in Elsdorf aus, weshalb es in Norddeutschland zu Lieferverzögerungen kommen kann. Gleichwohl ist es das erste Mal, dass eine unserer Betriebsstellen von so einem Ausbruch betroffen ist – nicht selbstverständlich bei rund 20 000 Mitarbeitern in Deutschland. Wir arbeiten sehr eng und gut mit Behörden und Partnern zusammen und haben die Lage unter Kontrolle.

Welche Produkte haben sich seit Ausbruch der Pandemie besonders gut verkauft?

Unsere Läden waren etwa sieben Wochen zu ab März, aber wir haben schon im Onlineshop gesehen, dass die Absätze für alle Produkte rund ums Homeoffice explodieren. Auch Gartenmöbel haben wir so viele verkauft wie noch nie in so kurzer Zeit. Nach Öffnung der Filialen hat sich das zwar alles relativiert, mittlerweile ist das gesamte Sortiment sehr gefragt, speziell auch Büromöbel.

Welchen Effekt hat die Coronakrise also generell auf Ihr Geschäft?

An diesem Montag haben wir unser Geschäftsjahr in Deutschland abgeschlossen. Und ich kann sagen: Unterm Strich lief es natürlich nicht wie geplant, aber doch besser als im vergangenem Jahr. Wir haben also die Umsatzeinbrüche wettgemacht – und das ist fantastisch. Denn nicht allen Ländern dürfte das so gelungen sein.

Das heißt, an der Cocooning-These ist etwas dran: In Krisenzeiten wollen es sich die Leute schön machen in ihrem Kokon?

Ja, das ist wohl so. Anders kann ich unsere Zahlen kaum erklären. Teilweise haben die Kunden eine Stunde in der Schlange vor unseren Geschäften gewartet. Und das trotz Auflagen wie Maske zu tragen und Abstand zu halten.

Wie sehr schmerzt das Schließen der Restaurants in Ihrer Kasse?

Natürlich leidet unser gesamtes Lebensmittelgeschäft. Aber es ist doch gut zu sehen, dass die Kunden trotzdem kommen und mehr kaufen. Zumal wir auch unsere Kinderecke, das Småland, aus guten Gründen geschlossen haben und wir auch nicht unbegrenzt Personen in die Häuser lassen dürfen.

Das berühmte Bällebad in Ihrem Småaland schien schon vor Corona eine Virenschleuder zu sein. Werden Sie das für immer schließen?

Nein, diese Pläne gibt es nicht. Wir haben spezielle Maschinen, die die Bälle regelmäßig waschen, und dafür auch immer ein ganzes Set Ersatzbälle, wenn die anderen in der Reinigung sind. Wir folgen den Empfehlungen. In jedem Fall brauchen wir eine tolle Beschäftigung für die Kinder.

Vor etwa zehn Jahren gab es Berichte über Eltern, die ihre Kinder im Småaland abgegeben haben, um dann zur Arbeit zu gehen. Gibt es das noch?

Nein, als Kita müssen wir nicht herhalten. Wir haben Maßnahmen ergriffen, unter anderem die Zeiten begrenzt, in denen die Kinder dort sein dürfen.

Warum haben Sie im Sortiment nur Plüschtiere und Wachsmalkreide für Kleinkinder, aber nichts für 8- bis 16-Jährige?

Da ist wohl was dran, das ist uns bewusst. Es ist auch eine Herausforderung, weil viele etwas größere Kinder oder Jugendliche eigentlich schon auf die Produkte für Erwachsene schielen. Mit unserer neuen Kooperation mit Lego können wir auch diese jungen Kunden etwas besser erreichen. Es geht da um Inneneinrichtungen.

Am Dienstag eröffnen Sie Ihr erstes „Planungsstudio“ in Deutschland, in Pankow. Dort kann man Küchen oder Schlafzimmerschränke planen lassen. Warum machen Sie das? Küchenstudios gibt es doch schon so viele?

Küchen sind ein riesiger Wachstumsmarkt in Deutschland. Und Ikea hat bisher einen zu kleinen Anteil an diesem Markt, dabei haben wir ausgezeichnete Küchen mit 25 Jahren Garantie. Aber dafür sind wir bisher zu wenig bekannt. Das wollen wir ändern.

Warum mit so kleinen Filialen?

Weil wir glauben, dass Kunden verschiedene Formate wünschen – die großen Läden und kleine, wo man in Ruhe mit Profis planen kann. Und Berlin ist ein gutes Beispiel für eine große Stadt, in der immer weniger Menschen ein eigenes Auto besitzen, aber trotzdem unsere Läden besuchen wollen. Daher wollen wir jetzt stärker auch in die Kieze, die Wohnviertel. Deshalb planen wir auch ein kleines Einrichtungshaus im Berliner Zentrum mit etwa 10 000 Quadratmetern Fläche.

Wo genau?

Das kann ich noch nicht sagen: Die Tinte ist noch nicht trocken. Uns geht es wie allen Mietern: Die richtige Immobilie zum angemessenen Preis zu finden, ist extrem schwierig. Wir suchen bereits seit einem Jahr. Aber jetzt haben wir zwei gute Optionen.

Wie viele neue Filialen wollen Sie bis Ende kommenden Jahres in Berlin und Brandenburg haben?

Vier bis fünf – zusätzlich zu den bestehenden Einrichtungshäusern in Spandau, Tempelhof, Lichtenberg und Waltersdorf.

Ein anderes Milliardengeschäft, in dem Ikea gerade einsteigt, ist das rund um Smarthome-Elektronik. Machen Sie bald Mediamarkt und Medimaxx Konkurrenz?

Nein, das ist nicht unser Plan. Wir haben eine Kooperation mit dem Hersteller Sonos, weil wir glauben, dass die Digitalisierung des Eigenheims voranschreitet. Und wir wollen eine Plattform bieten, um mit allen Herstellern rund ums Smarthome zusammenzuarbeiten. Aber wir selbst wollen kein Hersteller dieser Technik werden.

Alle Reden über Nachhaltigkeit. Was machen Sie?

Wir haben das gesamte Jahrzehnt diesem Thema gewidmet. Bis 2030 wollen wir klimapositiv sein und den Müll möglichst auf null reduzieren. Und in Deutschland starten wir mit unserem neuen Geschäftsjahr ab Dienstag ein Jahr, das uns einen großen Sprung in diese Richtung bringen soll. Wir haben sehr viele nicht nur nachhaltig hergestellte Produkte, sondern auch solche, die ein nachhaltigeres Leben zu Hause erleichtern – beispielsweise LED-Lampen, Induktionskochfelder und wiederaufladbare Batterien.

Zum Abschluss: Welches Produkt verkauft sich in Berlin besonders gut?

Das ist schwer zu sagen. Deutschlandweit, sogar weltweit, verkaufen sich die jeweiligen Produkte ähnlich gut. Etwas, das in Berlin besonders ist, sind die relativ kleinen Flächen der Wohnungen der Kunden. Darauf stellen wir uns ein und zeigen hier entsprechende Konzepte. Und ein nachhaltiger Lebensstil spielt bei Kunden in Berlin eine größere Rolle als an vielen anderen Standorten.

Dennis Balslev arbeitet seit mehr als 40 Jahren für Ikea. Seit

Anfang 2018 führt er Geschäfte in Deutschland, Ikeas wichtigstem Markt.

Das Interview führte

Kevin P. Hoffmann

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