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Karstadt-Beschäftigte bangen nach dem überraschenden Rücktritt der Chefin um ihre Jobs.

© dpa

Chefkontrolleur kündigt Einschnitte an: Mehr als 20 Karstadt-Filialen stehen auf der Kippe

Neue Hiobsbotschaft für die Belegschaft: Nach Aussagen von Aufsichtsratschef Stephan Fanderl beschäftigt den Konzern die Zukunft von mehr als 20 Karstadt-Filialen. Eine Schließungsliste soll es aber nicht geben.

Von Maris Hubschmid

So konkret war die Bedrohung für die rund 17 000 Karstadt-Beschäftigten lange nicht: Aufsichtsratschef Stephan Fanderl zufolge beschäftigt den Konzern die „Profitabilität von mehr als 20 Häusern“. Noch gebe es zwar keine konkreten Schließungsbeschlüsse, sagte der Chefkontrolleur der Warenhauskette der „FAZ“. Das Unternehmen mache sich aber „berechtigte Sorgen.“ Bereits im Februar hatte Interimschef Kai-Uwe Weitz in einem Interview mit dem Tagesspiegel erklärt, alles stehe „auf dem Prüfstand“ – es gebe keinen Bestandsschutz. „Wir können im Interesse der Zukunft des Gesamtunternehmens keine anhaltenden Verluste geschehen lassen“, hieß es damals. Nun führt Weitz wieder die Geschäfte in dem Essener Konzern, nachdem die neue Chefin Eva-Lotta Sjöstedt ihr Amt vergangene Woche nach nur viereinhalb Monaten überraschend niedergelegt hat.

Jede vierte Filiale ist gefährdet

„Es wird schmerzhafte Einschnitte geben müssen, um dem gesunden Kern eine Zukunft zu geben“, erneuerte nun Fanderl diese Ankündigung. Nach dem Verkauf der Premiumhäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München sowie der Sportfilialen besitzt die Kaufhauskette bundesweit noch 83 Filialen. Würden die genannten gut 20 Häuser dichtgemacht, verschwände somit jede vierte Filiale. Das Management arbeite mit Hochdruck daran, dem Aufsichtsrat und den Arbeitnehmergremien zeitnah ein umfassendes und belastbares Sanierungskonzept vorzuschlagen, sagte Fanderl weiter.

Mit Einschnitten ist demnach auch in der Essener Hauptverwaltung und in der Logistik zu rechnen. In Berlin unterhält Karstadt noch acht Filialen mit rund 1500 Mitarbeitern. Mutmaßlich gut laufen die Filialen am Kurfürstendamm und in der Steglitzer Schloßstraße. Als einer der umsatzschwächsten Standorte gilt seit längerem das Kaufhaus am Tempelhofer Damm. Offizielle Zahlen sind nicht bekannt, das Unternehmen war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Immer neue Hiobsbotschaften für die Mitarbeiter

Karstadt kommt seit Jahren nicht aus der Krise. Das letzte ausgewiesene Ergebnis stammt aus dem Geschäftsjahr 2011/12 und belief sich auf einen Verlust von 158 Millionen Euro. Im Sommer 2012 hatte das Unternehmen den Abbau von 2000 Stellen angekündigt, im Frühjahr 2013 war es aus dem Tarifvertrag ausgestiegen, um Kosten zu sparen.

„Was die Mitarbeiter über die Jahre aushalten mussten, ist nicht zu glauben“, sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt dem Tagesspiegel. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi werde man weiterhin alles daran setzen, die Angestellten zu schützen. Auch Patzelt betonte aber, eine Schließungsliste gebe es nach seinem Kenntnisstand bislang nicht.

Aufsichtsratchef Fanderl machte in seinem Interview Hoffnungen auf eine Unterstützung weitgehend zunichte: „Von einem rationalen Finanzinvestor finanzielle Unterstützung zu erwarten, wenn man ihm nicht zeigen kann, ob und wie sich diese rentiert, ist müßig und in der Regel erfolglos“, sagte er.

Berggruen will nicht investieren

Die Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt war vor gut einer Woche unerwartet als Karstadt-Geschäftsführerin zurückgetreten, weil Eigentümer Nicolas Berggruen sie nicht genug unterstützt habe und nicht zu den aus ihrer Sicht notwendigen Investitionen bereit gewesen sei. Der österreichische Investor René Benko ist an einer Übernahme des Konzerns Berichten zufolge nur interessiert, wenn Berggruen einen umfassenden Sanierungsplan vorlegt. Das könnte eine Motivation für Berggruen sein, jetzt den harten Einschnitten zuzustimmen, die er bislang vermieden hatte.

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