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Facebook ist als Plattform für Werbung enorm beliebt – auch in Wahlkämpfen. Der Missbrauch von Nutzerdaten zu Gunsten der Trump-Kampagne sorgt für neuen Ärger.

© Yves Herman/Reuters

Cambridge Analytica: Facebook-Daten illegal für Trump-Wahlkampf genutzt

Eine Marketingfirma zeigte Millionen Nutzern psychologisch auf sie abgestimmte Wahlwerbung an. Politiker planen Untersuchung.

Seit Monaten muss sich Facebook dafür rechtfertigen, welche Rolle es im US-Wahlkampf gespielt hat. Bei den Untersuchungen zu gezielt gestreuten „Fake News“ und der Frage, ob der Wahlkampf von Donald Trump aus Russland unterstützt wurde, spielt die Plattform eine zentrale Rolle. Nun wächst der Druck noch einmal massiv. Denn am Wochenende hatten Berichte der britischen Zeitungen „The Observer“ und „Guardian“, sowie der „New York Times“ detailliert beschrieben, wie die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern die Grundlage einer massiven Wahlkampagne gebildet haben sollen.

In den USA verlangt die Senatorin Amy Klobuchar, dass Facebooks Gründer und Chef, Mark Zuckerberg, vor dem Justizausschuss erscheint. Die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates Massachusetts, Maura Healey, kündigte Ermittlungen an. „Schrecklich, wenn sie sich bestätigen“, schrieb EU-Justizkommissarin Very Jourova auf Twitter über die Berichte. Auf einer US-Reise nächste Woche wolle sie von Facebook Erklärungen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani kündigte ebenfalls eine Untersuchung an. Und auch in Großbritannien gehen Behörden und Politiker den Enthüllungen nach. Denn im Zentrum stehen die Londoner Unternehmen SCL und Cambridge Analytica (CA). Trump hatte die britischen Daten- und Marketingspezialisten für seine Kampagne angeheuert, in deren Aufsichtsrat zuvor sein Wahlkampfchef und früherer Chefberater Steve Bannon saß. Cambridge Analytica bezeichnet die eigene Arbeit dabei „als klares Beispiel dafür, wie datengesteuerte Marketingtechniken das Verhalten von Zielgruppen verändern können“.

Im Gegensatz zu anderen Unternehmen und den ebenfalls stark datengesteuerten Kampagnen von Barack Obama und Hillary Clinton, die möglichst gezielt Wähler mit Werbung ansprechen, setzte Cambridge Analytica auf einen psychologischen Ansatz. Mit dem sogenannten OCEAN-Modell wurden alle Wähler nach folgenden Kriterien eingestuft: Gewissenhaftigkeit, Aufgeschlossenheit, Geselligkeit, Neurotizismus und Empathie. Wer als besonders neurotisch identifiziert wurde, bekam dann bei Facebook beispielsweise Anzeigen ausgespielt, auf denen ein Einbrecher mit Lederhandschuhen durch eine eingeschlagene Scheibe greift. Dazu die Botschaft: Trump wählen, der würde vor solchen Ganoven schützen.

Mit Psychotests zu Daten von 50 Millionen Nutzern

„Wir haben Daten über jeden Erwachsenen in Amerika“, hatte sich Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix im Wahlkampf gebrüstet. Dann allerdings immer wieder betont, die würden nicht von Facebook stammen. Zuletzt erst vor einem Monat gegenüber britischen Abgeordneten bei deren Befragungen zu „Fake News“. Doch die neuen Enthüllungen zeigen das Gegenteil. Der frühere CA-Mitarbeiter Chris Wylie berichtet dabei über die Anfänge der Firma. Demnach hat ein Psychologie-Professor in Cambridge einen Persönlichkeitstest für Facebook programmiert. Etwa 270 000 Nutzer führten ihn durch und erlaubten dabei den Zugriff auf die Daten ihrer Freunde – oft jeweils mehr als 150 Personen. So kamen Informationen über etwa 50 Millionen Facebook-Nutzer zusammen und wurden dann widerrechtlich an Cambridge Analytica weitergegeben. 2015 entfernte Facebook daher das Quiz und verlangte, dass CA die Daten vernichten solle.

Doch trotz gegenteiliger Versicherungen ist das wohl nicht geschehen. Nun hat Facebook das Unternehmen von der Plattform geworfen. Das Profil von Whistleblower Wylie wurde auch gesperrt – selbst sein Instagram-Account. Ob die Maßnahmen reichen ist fraglich. Die Facebook-Aktie brach um sieben Prozent ein, Zuckerberg wird noch viele unangenehme Fragen beantworten müssen. Zumal es auch in diesem Fall Verbindungen nach Russland gibt: Der Entwickler des Psychotests, Alexandr Kogan, lehrte nebenbei an der Uni Sankt Petersburg und erhielt für seine Forschungen Geld aus Russland. Oliver Voss

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