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Neues Gespann. Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner und der neue Vorstandschef Christian Sewing posieren auf der Hauptversammlung in Frankfurt.

© Andreas Arnold/dpa

Branche in der Krise: Deutsche Bank will sich gesund schrumpfen

Vorstandschef Sewing nennt einen Stellenabbau von über 7000 Jobs unvermeidlich. Die Kritik an Achleitner ist weniger heftig als erwartet.

Mit einem Lächeln, aber auch mit großer Entschlossenheit hat sich Christian Sewing, seit Anfang April Chef der Deutschen Bank, am Donnerstag auf der Hauptversammlung zum ersten Mal gut 4 000 Aktionären der Bank präsentiert. Der seit sieben Wochen amtierende Vorstandschef ließ aber keinen Zweifel, dass er die Bank schnell und entschlossen wieder auf Kurs bringen will. Schon seit seinem Amtsantritt habe man sich in der Unternehmens- und Investmentbank von 600 Mitarbeitern getrennt, bis Ende 2019 sollen es deutlich mehr als 7000 sein. „Der Abbau ist unvermeidlich, wenn unsere Bank nachhaltig profitabel werden soll“, sagte Sewing. Während die Aktionäre seine Ausführungen mit viel Applaus bedachten, musste sich Aufsichtsratschef Paul Achleitner Kritik gefallen lassen, die aber gemäßigter ausfiel als von vielen erwartet. Der Antrag, ihn als Versammlungsleiter abzusetzen, wurde mit über 99 Prozent abgelehnt.

Vor allem Achleitner machten Aktionäre gleichwohl für die schwierige Lage der Bank verantwortlich. Die Kritik habe er erwartet, sagte der seit 2012 amtierende Aufsichtsratschef, schließlich könne es angesichts der Lage der Bank nicht anders sein. Die überraschende Abberufung von John Cryan als Vorstandschef und die Berufung von Sewing begründete Achleitner vor den Aktionären mit einem „Entscheidungs- und Umsetzungsdefizit“ in der Führung der Bank. Versprochene Maßnahmen seien nicht diszipliniert und konsequent angegangen worden. Trotzdem dankte er Cryan ausdrücklich. Er habe einen grundlegenden Wandel in der Bank angestoßen und wichtige Veränderungen umgesetzt.

Aktionäre fordern Rückzug von Achleitner

Aktionäre übten nur vereinzelt scharfe Kritik an Achleitner und forderten seinen Rückzug. Der Aufsichtsratschef habe den Wechsel von Cryan zu Sewing zwar schlecht kommuniziert, sagte Klaus Niedung von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Für die Ursache der Krise der Bank sei er aber ebenso wenig verantwortlich wie Sewing. Auch Hans-Christoph Hirt vom wichtigen britischen Pensionsfonds Hermes ging mit Achleitner gnädig um. Er hielt ihm vor, die Fähigkeiten von Cryan falsch eingeschätzt und nicht für die erforderliche Effektivität und Stabilität im Vorstand und Aufsichtsrat gesorgt zu haben. Gleichwohl stimmte er für die Entlastung beider Gremien. „Der Aufsichtsrat sollte sich allerdings Gedanken über die Nachfolge von Herrn Achleitner machen.“

Drastische Kritik kam von Kleinaktionär Karl-Walter Freitag. „Achleitner ist der mit Abstand schlechteste Aufsichtsratschef in der Geschichte der Bank.“ Er sei auf keinem Gebiet erfolgreich, seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren sei der Aktienkurs um 70 Prozent eingebrochen.

Große Hoffnungen setzen die Aktionäre auf den erst 48-jährigen Sewing. Er war, versicherte Achleitner, als Nachfolger die erste Wahl. Sewing sei „durch und durch Deutsche Bank“ und kenne das Unternehmen so gut wie kaum ein anderer. „Deshalb versprechen wir uns von Herrn Sewing, dass er den notwendigen Wandel nun rasch und nachhaltig vorantreiben kann.“ Endlich stehe wieder ein Deutscher an der Spitze der Bank, der dort sein gesamtes Berufsleben verbracht habe und über ein umfangreiches Netzwerk auch in der deutschen Wirtschaft verfüge, sagte DSW-Vertreter Nieding. Zuletzt hatte mit Rolf Breuer bis 2002 ein Deutscher die Bank geleitet.

Finanzierungsgeschäft mit Hedgefonds wird kleiner

Zwar will der neue Chef an der globalen Aufstellung der Bank nichts ändern, aber er hält drastische Einschnitte für unvermeidlich. Das Zinsgeschäft in den USA, der Aktienhandel und das Finanzierungsgeschäft mit Hedgefonds werden deutlich verkleinert. Vor allem dadurch fallen bis Ende 2019 mehr als 7000 Stellen weg. Details nannte Sewing nicht. In der Unternehmens- und Investmentbank will Sewing bis Ende 2019 die Ausgaben um mehr als eine Milliarde Euro drücken und in der Privatkundensparte rund 500 Millionen Euro einsparen. Doch erst einmal kostet die Verschlankung Geld, allein 800 Millionen Euro im laufenden Jahr.

Ab 2021 rechnet der neue Vorstandschef mit deutlich sichtbaren Effekten des Spar- und Umbaukurses. Dann soll die Kapital-Rendite der Deutschen Bank nach Steuern wieder bei zehn Prozent liegen. Durch den Verlust im vergangenen Jahr stand sie mit 0,7 Prozent im Minus. Sewing hält diesen Schwenk für erreichbar. Unter einer Prämisse. „Nicht ständig debattieren und in Frage stellen, nicht ständig irgendwelche guten Gründe finden, warum etwas nicht geht, sondern umsetzen – darum geht es jetzt.“ Als wichtige Basis für den Umschwung betrachtet Sewing den Zusammenschluss der Postbank mit dem Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank zur „Bank für Deutschland“. Sie werde das größte Institut in diesem Bereich in Deutschland und spätestens ab 2022 Ausgabensenkungen und Ertragssteigerungen von 900 Millionen Euro erreichen. Allerdings fallen durch die Fusion, die am Wochenende abgeschlossen werden soll, auch 6000 Arbeitsplätze weg.

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