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Das Mercedes-Logo leuchtet noch, aber die Bilanz für das Jahr 2019 ist schlecht.

© REUTERS/Andreas Gebert

Bilanz des Daimler-Konzerns: Unter keinem guten Stern

Daimler hat in Zukunftsfeldern zu wenig zu bieten hat. Etwas mehr Mut als Vorstandschef Källenius verbreitet täte dem Konzern gut. Ein Kommentar.

Mercedes hat im vergangenen Jahr so viele Autos verkauft wie noch nie. Mercedes ist nach aktuellen Studien der innovativste Premiumhersteller und die wertvollste Automarke der Welt. Daimler könnte glücklich sein über seinen Stern. Aber Daimler ist es nicht.

Verkaufszahlen, Markenwert und Studien blicken in die Vergangenheit oder sie beschreiben bestenfalls den Status Quo. Über die Zukunft sagen sie wenig. Dort aber fangen die Probleme „beim Daimler“, wie die Schwaben sagen, an. Wer Konzernchef Ola Källenius am Dienstag bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz zugehört hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass Daimler von seiner Substanz zehrt. Die Zukunft, so scheint es, gestalten andere.

Tesla zum Beispiel. Der E-Auto-Hersteller aus Kalifornien, der in Berlin-Brandenburg, mitten im Autoland Deutschland, eine „Gigafactory“ bauen will, ist an der Börse gerade fast so viel Wert wie Daimler, BMW und Volkswagen zusammen. Bei Tesla ist alles Zukunft und nichts Vergangenheit. Zwar hat der Hersteller noch in keinem Jahr seit seiner Gründung 2003 einen Gewinn erzielt. Aber das bremst Elon Musk, den Gründer und Firmenchef, nicht. Finanzinvestoren gehen mit ihm jede Wette ein. Tesla rockt die Branche, hat die faszinierendsten Elektroautos und wird – wenn sich alle an die Regeln halten – bald Fördergeld für seine deutsche Fabrik erhalten. Warum auch nicht, schließlich will Tesla Produktion, Forschung, Entwicklung und Wertschöpfung ins Land bringen.

Natürlich hinkt der Vergleich an vielen Stellen. Daimler ist um ein Vielfaches größer, komplexer, traditionsreicher und werthaltiger als die Kalifornier. Daimler ist ein Schlüsselunternehmen für den Standort Deutschland mit weltweit mehr als 300 000 Beschäftigten. Wo Musk locker ein paar Sprüche über die „Produktionshölle“ auf Erden und seinen Flug zum Mars klopfen kann, bewegt Källenius einen 172-Milliarden-Umsatz und steht ganz bodenständig im Clinch mit Sozialpartnern, Zulieferern und mit der Politik.

Trotz Rekordabsatz und Umsatzplus hat sich der Nettogewinn fast gedrittelt

Und der sachliche Schwede hat, wie er sagt, „einen Sack voll Arbeit“ vor sich, den ihm sein Vorgänger Dieter Zetsche hinterlassen hat. Ja, auch Zetsche hat Daimler in früheren Tagen aus Krisen geführt, Stichwort Daimler-Chrysler. Aber der lässige Schnauzbartträger, der telegen mit der Kanzlerin konnte, übertrieb es mit der Lässigkeit. Im Fall der Diesel- Affäre wurde sie justiziabel. Im Fall der Elektromobilität grenzt sie an Verschlafenheit. Und Arroganz. Zetsches Witze über Tesla sind Legende.

Heute zeigt sich, dass Daimler nichts zu lachen und in Zukunftsfeldern zu wenig zu bieten hat: Elektromodelle, Batterieengagement, Softwarekompetenz. Umso schwerer wiegt, dass das Kerngeschäft nicht rund läuft, wo eigentlich das Geld für die Investitionen und Innovationen verdient werden müsste.

Trotz Rekordabsatz und Umsatzplus hat sich der Nettogewinn 2019 fast gedrittelt. Mercedes kommt auf eine Rendite von nur 3,6 Prozent. Zum Vergleich: Opel lag zuletzt bei 8,7 Prozent. Daimler hat seine Kosten nicht im Griff, muss massiv sparen und mehr als 10 000 Stellen abbauen. Nur zwei Prozent von mehr als 3,3 Millionen verkauften Fahrzeugen sind Elektroautos, der CO2-Flottenwert ist meilenweit vom EU-Ziel entfernt. Daimler, der Erfinder des Automobils, droht auf der Strecke zu bleiben – wenn nicht schnell etwas passiert.

Ola Källenius hat das erkannt, immerhin. Daimler habe „mental den Hebel umgelegt“. Die Transformation zu mehr Effizienz wird zunächst Milliarden kosten und birgt die Gefahr, dass Daimler in den kommenden Jahren mit sich selbst beschäftigt ist. Etwas mehr Mut und Entschlossenheit als Källenius verbreitet, täte dem Unternehmen wohl gut. Vielleicht wiegt die Hypothek aus der Vergangenheit aber auch zu schwer und Daimler braucht starke Partner. Er sei „offen für Kooperationen“, deutet Källenius an. Mit BMW arbeitet man schon eng zusammen. Es könnte mehr daraus werden.

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