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Schuld war die Bahn? Man sollte einen guten Grund haben, wenn man nicht rechtzeitig erscheint - und die Verspätung telefonisch ankündigen.

© dpa-tmn

Bewerbung: Zu spät? Keine Panik!

Es muss nicht das Aus für den neuen Job sein, wenn Bewerber nicht pünktlich zum Vorstellungsgespräch erscheinen.

Bloß nicht zu spät kommen. Nicht schlecht über den alten Arbeitgeber reden und ja keine Nervosität zeigen. Nicht die Arme verschränken und nicht verschämt zur Seite schauen. Die Liste an vermeintlichen Tabus für Bewerbungsgespräche ist lang. Versucht man, alle Tipps zu beherzigen, weiß man aber gar nicht mehr, wie man sich richtig verhalten soll. Experten erklären, worauf es wirklich ankommt – und was an oft genannten Tabus wirklich dran ist.

NERVOSITÄT ZEIGEN

Kandidat:innen wird oft nahegelegt, im Gespräch möglichst Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Leichter gesagt als getan – und letztlich nicht unbedingt entscheidend, sagt Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Uni Osnabrück: „Vor einem Bewerbungsinterview nervös zu sein, ist nachvollziehbar.“ Entscheidend sei, wie aufgeregt jemand ist und auf welche Stelle er sich bewirbt. „Sitzt ein angehender Azubi mit zitternder Stimme und roten Flecken im Gespräch da, ist das gar nicht schlimm, da wäre ich großzügig“, sagt Kanning. „Jemand, der eine hohe Führungs- oder Sprecherposition bekleiden will, der muss souveräner auftreten, denn im Beruf wird es schlimmere Situationen geben.“

UNVORBEREITET SEIN

Ahnungslos ins Vorstellungsgespräch zu spazieren, das ist tatsächlich ein No-Go. 91 Prozent der in Kannings Studie befragten 200 Unternehmen wollen zum Beispiel Gründe für die Bewerbung hören, fast 70 Prozent testen Wissen über das Unternehmen. „Das sollte man vorbereiten“, sagt der Wirtschaftspsychologe. Gleiches gelte für Fragen nach den eigenen Stärken und Schwächen: „Niemand will sehen, dass der Bewerber sich zu diesem erwartbaren Thema erst im Vorstellungsgespräch tiefschürfende Gedanken macht.“

ÜBER DEN EX-ARBEITGEBER REDEN

Häufig wird auch thematisiert, warum man den Job wechseln möchte. Wer dabei schlecht über den alten Arbeitgeber spricht, verschafft sich selten einen Vorteil. „Das ist tatsächlich ein Tabu“, sagt Coachin und Etikette-Expertin Elisabeth Bonneau. Man könne auf der Suche nach einer neuen Herausforderung sein oder möchte sich beruflich weiterentwickeln, erklärt die Expertin. Dass es einem nach drei Jahren im bisherigen Unternehmen einfach reicht, ist dagegen keine gute Antwort. „Dahinter steckt die alltagspsychologische Annahme, dass es sich nicht um einen loyalen Mitarbeiter handelt“, erklärt Professor Kanning.

ZU SPÄT KOMMEN

Selbst wenn Bewerber:innen noch so gut vorbereitet sind, es ist nicht immer zu 100 Prozent garantiert, dass sie pünktlich zum Termin erscheinen. „Wenn man es nicht pünktlich schafft, weil der öffentliche Nahverkehr zusammengebrochen oder der Fahrradreifen geplatzt ist, sollte man aber auf jeden Fall anrufen und Bescheid geben“, rät Bonneau. Bekommt man niemanden ans Telefon, spricht man am besten eine Nachricht auf Band. Zusätzlich könne man eine SMS oder E-Mail schreiben.

DIE REIHENFOLGE MISSACHTEN

Coronabedingt spielt der Händedruck derzeit in Vorstellungsgesprächen zwar in der Regel keine Rolle, er birgt aber einem gängigen Mythos zufolge im Normalfall einige Stolperfallen. Denn es wird Bewerbern immer wieder empfohlen, zuerst dem Vorgesetzten oder der ranghöchsten Person im Raum die Hand zu schütteln und erst danach den anderen Anwesenden.

Etikette-Expertin Bonneau sagt dazu: „Vorher herausfinden zu müssen, wer am ranghöchsten ist und wem man deshalb zuerst die Hand schüttelt, ist Quatsch.“ Vielmehr sei der Bewerber oder die Bewerberin Gast, und es sei „das Recht des Empfangenden zu entscheiden, wie nah man sich kommt und ob man sich die Hand gibt.“ Und falls man vor Nervosität feuchte Hände hat, könne man diese vor einem Händedruck auch ruhig kurz an der Kleidung abwischen.

UNAUFMERKSAM SEIN

Beide Experten legen Bewerbern ans Herz, sich nicht nur mit ihrem aktiven Teil, sondern auch mit dem passiven Part im Gespräch etwas genauer zu beschäftigen: dem Zuhören. Denn, so erklärt Bonneau, vielleicht bekommt man im Gespräch zum Beispiel etwas über das Unternehmen erzählt, das man aufgrund seiner guten Vorbereitung schon weiß. Dann gilt es, nicht gelangweilt in sich zusammen zu sacken, sondern trotzdem interessiert zuzuhören.

Sein Gegenüber anschauen, lächeln, nicken – das kommt in Bewerbungsgesprächen gut an. Und das kann am Ende entscheidend sein, sagt Kanning: „Die Eignung ist meist weniger wichtig als das Gefallen.“ Die Entscheidung hänge davon ab, welches Gefühl der Interviewer gegenüber dem Bewerber habe. dpa

Elena Zelle

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