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... oder nur heiße Luft? Ein Personaler, bei dem ein Föhn auf dem Schreibtisch landete, ging von Letzterem aus - und schickte dem Aspiranten das Gerät zurück.

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Bewerbung: Frischer Wind...

Mit kreativen Bewerbungen zieht man Aufmerksamkeit auf sich. Nicht immer aber kommt der besondere Weg bei Personalern gut an.

Ein Anschreiben in einer Bratpfanne. Eine überdimensionierte Bewerbung in Plakatformat. Ein Lebenslauf im Zeitungslayout. Oder ein Föhn, der frischen Wind im Büro verspricht: Kreative Bewerbungen sollen Aspiranten helfen, aus der Masse an Konkurrenten hervorzustechen und den Personalern beweisen: Hier kommt jemand, der sich besonders viele Gedanken gemacht hat.

Solche „Guerilla-Bewerbungen“, die mit ungewöhnlicher Taktik zum Ziel, der Einladung zum Vorstellungsgespräch, führen sollen, sind prinzipiell eine gute Idee, sagt der Berliner Bewerbungsexperte Jürgen Hesse. „Doch sie sind immer auch eine Gratwanderung“. Mal sind sie erfolgreich, wie bei dem Koch, der die Bratpfanne für sich sprechen ließ und zu einem Vorstellungsgespräch geladen wurde. Mal sind sie weniger erfolgreich, wie im Falle des Bewerbers, der den Föhn versandte: Als Antwort bekam er seinen Haartrockner zurück. Mit dem Hinweis, heiße Luft könne man auch selber produzieren.

„Kreative Bewerbungen sind kein Allheilmittel“, weiß auch Luise Köhler von der Internet-Jobbörse „Absolventa“. Natürlich sei es von Vorteil, wenn eine Bewerbung von der Kreativität des Bewerbers zeuge, erklärt die Fachfrau aus Berlin. Wichtiger sei es aber, mit Professionalität zu überzeugen. Sobald diese vor lauter Kreativität nicht mehr zu erkennen sei, werde eine Bewerbung lächerlich. Sie gibt ein negatives Beispiel: Ein junger Mann, der seine Bewerbung in Spiegelschrift verfasst hat. Kreativ, aber unleserlich und damit zwecklos, meint Köhler. „Die Form sollte nicht den Inhalt überdecken“, rät sie.

Kreativ heißt, ein bisschen abzuweichen

Auch Jürgen Hesse rät zum Maßhalten. „Kreativ bedeutet nichts anderes, als ein bisschen abzuweichen von der typischen Form und dem typischen Inhalt“, sagt der Gründer des Büros für Berufsstrategie. Das könne ein ausführliches Anschreiben sein, eine freche Formulierung, eine interessante Gestaltung der Bewerbungsmappe. Inspiration finden Interessierte in klassischen Ratgebern oder im Internet. Doch auch für die Grundidee gilt: „Weniger kann mehr sein“, sagt Hesse. „Es muss nicht immer das witzige Video sein“. Entscheidend sei in erster Linie, was den Personalern gefalle. Und das hänge auch von deren persönlichen Vorlieben ab.

„Eine Bewerbung sollte auf jeden Fall authentisch sein“, meint Matthias Mittelsten Scheid. Er ist der Personalchef der Berliner Lifestyle-Internetplattform Groupon. Wichtig sei, damit zu überzeugen, was man hat. Wer nicht kreativ sei, solle sich kein Bein ausreißen, um kreativ daher zu kommen. Denn spätestens in der Probezeit fliege der Schummel auf, sagt der Personalchef. Grundsätzlich seien kreative Bewerbungen aber etwas Positives, findet er. „Wir bekommen tausende von Bewerbungen im Jahr. Wenn da eine dabei ist, die ein wenig vom Standard abweicht, lässt uns das neugierig werden.“

Wichtiges muss leicht zu finden sein

Auch Daniel Feldkamp, Personalchef der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, freut sich, wenn eine kreative Bewerbung auf seinem Schreibtisch landet. „Damit zeigt der Bewerber, dass er sich Gedanken gemacht hat.“ Trotzdem seien manche Dinge wichtiger als Kreativität, sagt Feldkamp: „Ich will wissen, was der Bewerber will, warum er für uns interessant sein könnte. Nach diesen Informationen möchte ich nicht ewig suchen müssen.“

So sei es wichtig, eine Bewerbung gut zu strukturieren, rät der Personalchef. Er nennt ein gelungenes Beispiel: Ein junger Mann, der sein Anschreiben nicht an Boston Consulting richtete, sondern an seine Traumfrau. Anbei gab es gut strukturierte und überzeugend gestaltete Anlagen. Diese Bewerbung sei ihm positiv in Erinnerung geblieben, sagt Feldkamp. „Ein witziges Anschreiben, eine gute Struktur. Insgesamt eine runde Sache.“

Um den richtigen Ton bei den Personalern zu treffen, helfe es, sich vorher zu informieren, rät Luise Köhler von der Jobbörse Absolventa. Ein Blick auf die Webseite des Wunscharbeitgebers zeigt: Wie kommuniziert das Unternehmen? Sucht es seine Bewerber per Youtube-Video oder über eine seriöse Stellenanzeige? Was wird von den Bewerbern verlangt? Ein lückenloser Lebenslauf oder ein kreatives Portfolio? „Eine Bewerbung sollte immer auf das Unternehmen zugeschnitten sein“, rät Köhler. Ihr Tipp: Je kreativer die Branche, desto mehr darf sich ein Bewerber trauen.

Plötzlich tauchte die Bewerberin im Büro auf

So wie die junge Frau, die eines Tages unangemeldet im Büro der Kreuzberger Medienagentur Sinnwerkstatt stand, einer Agentur, die mit kreativen wie nachhaltigen Medienprodukten und Dienstleistungen für sich wirbt. Das war eine Überraschung“, erinnert sich Kreativchef Ian Delu, „aber eine Gute.“ Die junge Frau überreichte Delu eine selbst gebasteltete Papiertüte. Darin steckte ein USB-Stick mit einem auf die Agentur perfekt zugeschnittenen Anschreiben und ihrem Portfolio.

Aber nur kreativ und spektakulär reiche nicht, sagt Delu. Wichtiger seien ein gutes Portfolio und eine persönliche Note. „Mir ist es wichtig zu wissen, warum jemand bei uns arbeiten möchte, was die Bewerberin oder der Bewerber kann und warum sie oder er zu uns passt.“ Wer das glaubhaft rüberbringen könne, „der ist schon einen Schritt weiter“, meint der Kreativchef.

Grundsätzlich seien kreative Bewerbungen aber erwünscht: „Bei kreativen Bewerbungen, schaue ich zwei Mal hin“, sagt Delu. 08/15-Bewerbungen fielen dagegen schon mal unter den Tisch.

Auch wenn alle Voraussetzung erfüllt seien, sagt Luise Köhler, „ein Patentrezept für eine erfolgreiche kreative Bewerbung gibt es leider nicht“. Ob der Personaler, der die Bewerbung in die Hände bekomme, auch darauf anspringe, sei oft einfach nur eine Frage des Geschmacks – und eine gute Portion Glück.

Gesa Steeger

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