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Wo entlang? Bei der Entscheidung sollte man gelassen bleiben. Man kann sich ja auch noch mal umentscheiden.

© picture alliance / Franziska Gab

Berufsorientierung: Weiterstudieren oder Praktika machen?

Soll man den Master in BWL machen, obwohl man sich nicht besonders dafür interessiert, weil es offenbar vernünftig ist? Jürgen Hesse sagt Nein.

Unser Leser fragt: Ich habe gerade meinen Bachelor in BWL gemacht und mich dann für ein Masterstudium in BWL an einer namhaften Uni beworben. Doch eigentlich weiß ich gar nicht, ob ich weiter Betriebswirtschaftlehre studieren will. Die Berufschancen danach finde ich ganz okay. Das Studium wäre aber noch einmal richtig hart. Denn auch wenn ich bisher ganz gut abgeschnitten habe, ist es inhaltlich für mich keine Herzensangelegenheit und viel Arbeit ohne Spaß. Wenn ich jetzt jedoch Praktika mache, um mich beruflich zu orientieren, muss ich auf die Fortsetzung eines Stipendiums verzichten, mit dem ich für die nächsten vier Jahre meinen Lebensunterhalt finanzieren kann. Was soll ich machen?

Der Karriereberater Jürgen Hesse antwortet: Erst einmal Gratulation zum Bachelor! Aber auch mein Mitgefühl, was Ihre Orientierungslosigkeit anbetrifft! Immerhin: Sie haben für sich erkannt: BWL ist nicht Ihr Herzenswunsch und Sie zweifeln daran, ob Sie die Strapazen eines weiteren Studiums auf sich nehmen wollen. Allein die Finanzierung Ihres Lebensunterhaltes durch ein Stipendium darf aber nicht der Grund dafür sein, sich tiefer mit einer Materie zu beschäftigen, die Sie als nicht die richtige für sich erkannt haben. Da ist dann das Ausprobieren, wie es in der Praxis läuft, die bessere Alternative.

Sicher: Jetzt ist die Zeit gekommen. Sie müssen sich selbst kümmern um die Finanzierung Ihres Lebensunterhaltes. Vielleicht macht Ihnen das Angst, weil dieser Schritt hinausführt aus der halbwegs strukturvorgebenden Uni und hineinführt in das voll eigenverantwortliche Erwachsenenleben ohne viel Sicherheit. So außergewöhnlich ist Ihre Verunsicherung nicht. In dieser Phase kann es zu einer beruflichen Identitätskrise bis hin zu einem Gefühl größter Orientierungslosigkeit kommen.

Was die anderen sagen

Bleiben Sie also lieber gelassen, warten Sie ein wenig ab, sprechen Sie mit Praktikumsplatzanbietern über Einstiegschancen, mit Studenten und Absolventen des BWL Masters über deren Erfahrungen und Berufswege. Daraus ergeben sich vielleicht doch neue und andere Überlegungen und Perspektiven. Ihre momentane Situation ist kein angenehmer Zustand und durchaus ernst zu nehmen, aber die Lage ist auch nicht dramatisch und Sie nicht gezwungen, eine schnelle Entscheidung zu treffen.

Verschnaufen Sie erst einmal, bauen Sie den Stress ab, belohnen Sie sich mit etwas, wozu Sie bisher keine Zeit hatten. Mit ein wenig innerlichem Abstand werden Sie Ihre Lage besser einschätzen und die für Sie beste Entscheidung treffen. Bringen Sie dazu die Pros und Contras beider Möglichkeiten auf Papier und entwickeln Sie einen Plan C – für den Fall, dass am Ende beide Wege nicht befriedigend erscheinen. Und nicht vergessen: Entscheidungen können revidiert oder korrigiert werden. Sie sind jung, Ihnen stehen viele Türen offen.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

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