zum Hauptinhalt
Berliner Schulen werden immer internationaler. Da ist es Zeit, dass Lehrer ihren interkulturellen Horizont erweitern.

© Hendrik Schmidt/dpa

Beruf: Lehrer: Grenzen überwinden

Für Studierende fast aller Fachbereiche ist es selbstverständlich, eine Zeit lang ins Ausland zu gehen. Künftige Lehrer entscheiden sich selten dafür. Ein Förderprogramm soll das ändern.

„Generation Erasmus“ – so werden die heutigen Studierenden oft genannt. Weil sie im Vergleich zu früheren Generationen viel häufiger zu einem Auslandsstudium oder für ein Praktikum ins Ausland gehen mit Hilfe des EU-Programms Erasmus. Doch das gilt nicht für alle Gruppen von Studierenden gleichermaßen. Noch immer gehören Lehramtsstudierende zu den eher weniger mobilen Gruppen.

Das soll sich mit dem neuen Förderprogramm „Lehramt.International“ des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ändern. Das Programm unterstützt seit Anfang Februar unter anderem Auslandspraktika von Lehramtsstudierenden finanziell. „Die Klassen in deutschen Schulen werden immer internationaler und multikultureller. Umso wichtiger ist es, dass unsere künftigen Lehrkräfte während ihrer Ausbildung selbst ins Ausland gegangen sind und interkulturelle Praxiserfahrungen gesammelt haben“, sagt Katharina Maschke. Sie leitet das Referat für Strategieentwicklung und Hochschulpolitik des DAAD und ist für das neue Programm zuständig.

Migrationserfahrungen verstehen

Julia Egbers sieht das ähnlich. Die Erziehungswissenschaftlerin erforscht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Auslandserfahrungen von Lehramtsstudierenden und welchen Einfluss diese auf ihre spätere Arbeit in internationalen Klassen haben. „Auslandsaufenthalte können dabei helfen, sich besser in die Biografie von Schülerinnen und Schülern und Eltern mit Migrationserfahrungen hineinzudenken“, sagt Egbers. Gerade die Lehrerfahrung im Ausland könne beispielsweise die Empathiefähigkeit für die Herausforderungen nichtmuttersprachlicher Schülerinnen und Schüler erhöhen. „Hat man selbst in einer anderen Sprache unterrichtet und erlebt, wie es ist, einfache Sachverhalte aufgrund der Sprachbarriere nicht erklären zu können, dann sensibilisiert das.“ Außerdem könnten Auslandsaufenthalte helfen, ein größeres Verständnis von und eine höhere Toleranz gegenüber anderen Kommunikations- und Verhaltensweisen zu entwickeln.

Prinzipiell konnten Lehramtsstudierende auch bisher wie alle anderen Studierenden während ihres Studiums ein Auslandssemester absolvieren oder ein Praktikum an einer Schule im Ausland machen. Die Gründe, warum sie die Chance eher selten genutzt haben, sind vielfältig. „Auslandsaufenthalte sind noch immer nicht genügend in den Lehramtsstudiengängen verankert“, sagt Egbers. Die Organisation von Auslandspraktika sei oft kompliziert und auch ihre Anerkennung durch die Hochschulen könne schwierig sein. Im Unterschied zu anderen Berufsfeldern erhöhten sich dadurch für angehende Lehrkräfte auch nicht die Karriereaussichten. „Darunter leidet natürlich die Motivation für ein Auslandspraktikum.“ Umso wichtiger sei es, dass sie mit einem Förderprogramm wie „Lehramt.International“ nun als eigene Zielgruppe angesprochen würden.

Im Studium oder vor dem Referendariat

Das DAAD-Programm setzt mit seiner Förderung dabei auf verschiedenen Ebenen an. Lehramtsstudierende wie Absolventen von Lehramtsstudiengängen aller Fachrichtungen und Schulformen können sich um Stipendien für Auslandspraktika bewerben. Außerdem können Hochschulen Fördermittel für Modellprojekte, die die Internationalisierung ihrer Lehramtsstudiengänge erhöhen, beantragen, zum Beispiel für die Entwicklung oder den Ausbau von Kooperationen mit Hochschulen und Schulen im Ausland.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das neue Programm zunächst vier Jahre mit insgesamt 14 Millionen Euro. Im Rahmen der Stipendien für einzelne Studierende werden bei Lehramtsstudierenden ein- bis sechsmonatige Schulpraktika im Ausland gefördert. Absolventen können vor ihrem Referendariat sechs bis zwölf Monate schulische Praxiserfahrung im Ausland sammeln. Die Praktikumsschulen müssen sich Interessierte vor ihrer Stipendiumsbewerbung selbst suchen.

„Durch die Stipendien sollen Auslandspraktika auch für angehende Lehrkräfte möglich werden, die sich solch einen Auslandsaufenthalt bisher nicht leisten konnten“, sagt DAAD-Mitarbeiterin Katharina Maschke. Der Austauschdienst unterstützt Praktikanten mit einer monatlichen Stipendienrate, die je nach Gastland variiert. Für ein Praktikum in Irland beispielsweise wären dies 900 Euro im Monat. Außerdem gibt es vom DAAD Leistungen zur Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung und abhängig vom Reiseland auch einen Zuschuss zu den Reisekosten.

Das Interesse der Studierenden sei groß: Bereits 122 Stipendien wurden seit Anfang Februar bewilligt. „Uns war es wichtig, die Bewerbungsmodalitäten für die Praktikumsstipendien so flexibel wie möglich zu gestalten“, sagt Maschke. Deshalb können sich Interessierte das ganze Jahr über bewerben und die Bewerbung muss erst vier Wochen vor Praktikumsbeginn online eingereicht werden.

Aus Julia Egbers Sicht ist es allerdings wichtig, dass die Auslandspraktika ausführlich vor- und nachbereitet werden, gerade bei Praktika im außereuropäischen Ausland. Dafür sollten die Hochschulen sie konzeptionell besser mit ihrem Curriculum verbinden. „Interkulturelle Kompetenzen sollten in Pflichtveranstaltungen des Studiums vermittelt werden“, rät die Wissenschaftlerin.

Zur Startseite