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Das Zentrum für Photonik und Optische Technologien im Technologiepark Berlin-Adlershof.

© picture alliance / ZB

Berlins größter Forschungs- und Wirtschaftspark: Adlershof wächst - und holt sich eine Busladung voller Ideen

Berlins größter Technologiepark ist 2015 gewachsen. Doch die Gründer von einst werden älter, sie suchen Nachfolger und neue Ideen.

„Es ist noch Platz“, beteuert Roland Sillmann, der neue Chef der Wista-Management GmbH. Die Wista koordiniert das Geschehen an Berlins größtem Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof – und an weiteren kleineren Parks in der Stadt, in denen der Senat versucht, Forscher mit den Machern aus der freien Wirtschaft zusammenzubringen. Wer heute kreuz und quer durch Adlershof läuft, zumindest durch den 4,2 Quadratkilometer großen Geländekeil zwischen Teltowkanal und Adlergestell im Berliner Südosten, der mag kaum glauben, dass zwischen den Glas-Beton-Bauten noch viel Raum für Entfaltung sein soll. In den Jahren seit der Gründung 1991 wurde der einst führende Wissenschaftsstandort der DDR neu erfunden.

Sillmann, 45 Jahre jung, ist seit Sommer 2015 Mitglied der Wista-Geschäftsführung, zum Jahreswechsel hat er die Gesamtführung von Hardy Schmitz geerbt, der 14 Jahre lang das Gesicht der Wista GmbH war und bald mit viel Tamtam ganz offiziell in den Ruhestand verabschiedet werden soll. Sillmann hatte am Mittwoch Pflicht und Ehre, die letzten Jahreszahlen seines Vorgängers zu verkünden: Insgesamt haben sich in Adlershof im vergangenen Jahr 60 neuen Unternehmen angesiedelt (2014: 52), zugleich verließen 44 Unternehmen (2014: 34) den Standort. Prominentestes Beispiel dafür war der der Wegzug der Lufthansa-Tochter Global Tele Sales GmbH, dem wichtigsten Call Center der Lufthansa Gruppe weltweit. Es zog mit rund 500 Mitarbeitern nach Berlin-Tempelhof, bleibt Berlin aber also treu.

Damit waren Ende 2015 unterm Strich 1013 Firmen in Adlershof ansässig, was zeigt, dass es eben viele kleinen Firmen mit zehn bis 15 Mitarbeitern sind, die gern die vielen bereitstehenden Kombi-Flächen aus Büroraum, Labor und Lager mieten. Allerdings stehen auch sehr große Ansiedlungen an: 2019 erwartet Adlershof 500 Mitarbeiter des Landeslabors Berlin Brandenburg, das derzeit noch in Invalidenstraße und in Frankfurt (Oder) residiert. Im selben Jahr erwartet die Wista 2500 Mitarbeiter des Versicherungskonzerns Allianz, die noch in den Treptowers am Treptower Spreeufer sitzen und aus bis zu 32 Stockwerken auf die Stadt hinab blicken.

Insgesamt 3,4 Prozent mehr Umsatz in Adlershof

Insgesamt lagen 2015 die Umsätze, Haushalts- und Fördermittel des Standorts mit 1,887 Milliarden Euro um 3,4 Prozent über denen des Vorjahres. Die Auslastung der Technologiezentren lag 2015 mit 92 Prozent um fünf Prozent höher als im Vorjahr. Die Zahl der direkt bei Beschäftigten der Firmen unter Wista-Fittichen stieg um 4,6 Prozent (2014: 5,2) auf 6134. Die Umsätze dieser Unternehmen legten um 6,8 Prozent auf 766 Millionen Euro zu. 2014 war der Umsatz „nur“ 3,5 Prozent zum Vorjahr gestiegen. Hinzu kommen Fördermittel in Höhe von insgesamt 17 Millionen Euro (2014: 10 Millionen).

Ein Bus holte Gründer aus dem Café St. Oberholz ab

Ein Problem, oder besser Phänomen, dass der Standort Adlershof erlebt, ist die Suche nach geeigneten Firmennachfolgern. Viele Inhaber haben Firmen kurz nach dem Ende der DDR gegründet, zum Beispiel aus Forschungsinstituten, müssen sich aber nun, gut 25 Jahre später, Gedanken über die Nachfolge machen. Dazu kommt, dass diese Gründer von Firmen für hochspezielle optische Instrumente zum Beispiel relativ wenig Berührungspunkte mit der Start-up-Szene haben, für die Berlin mittlerweile in aller Welt bekannt ist.

So haben Sillmann und sein Sprecher Peter Strunk sogar schon junge Tech-Unternehmer aus dem Start-up-Kult-Café St. Oberholz am Rosenthaler Platz in Mitte mit dem Bus nach Adlershof gefahren, um sie mit der „alten“ Gründerszene zusammenzubringen. „Die haben nicht schlecht gestaunt, als wir ihnen unsere Räume gezeigt haben“, berichtet Sillmann.

Als weitere Maßnahme haben die Wista-Manager ein spezielles „Accelerator-Programm“ aufgelegt. Dort können sich junge Firmen, die sich (zu) oft an neuen Plattformen für den Kontakt von Firmen zum Endkunden (Business to Customer, B2C genannt) arbeiten, auch im B2B-Bereich (Business to Business) erproben, also ihre Erfahrungen mit marketingorientierten Dienstleistungen für Endverbraucher auch mit der endkundenfernen Industrie teilen.

Ein erstes derartiges Programm läuft bereits für junge Firmen, die der Energiebranche in die Zukunft helfen wollen. (Siehe auch Bericht zum Cluster Energie rechts). Die Wista-Manager planen bereits weitere Programme für Medizintechnik und Optik.

Die Institute der Humboldt-Uni entwickeln sich stabil

Doch Wista ist mehr als ein Industriegebiet. Dort wird auch (nicht nur technologische) Forschung betrieben. So hat die Humboldt-Universität (HU) dort unter anderem ihr Geographisches und das Psychologische Institut angesiedelt. Insgesamt hat sich der Förder- beziehungsweise Drittmittelanteil am Budget der sechs Institute der HU stabil entwickelt, hieß es gestern. Er betrug wie im Vorjahr 31 Millionen Euro, die Grundfinanzierung stieg geringfügig auf 49 Millionen Euro. Bei den zehn außeruniversitären Instituten lagen Haushaltsmittel mit 134 Millionen Euro etwas höher als im Vorjahr. Die Zahl der Beschäftigten der Institute am Standort blieb mit 2737 geringfügig unter der des Vorjahres.

In der Medienstadt Adlershof gingen die Umsätze 2,3 Prozent auf 209 Millionen Euro zurück. Die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter stieg im 1,6 Prozent auf 1246, die der freien Mitarbeiter sank hingegen um 12,8 Prozent auf 678. Hinzu kamen 53 Auszubildende. Die Umsätze und Haushaltsmittel der Unternehmen und Einrichtungen im übrigen Entwicklungsgebiet stiegen 2015 um 1,3 Prozent auf fast 639 Millionen Euro.

Die Geschäftsentwicklung für das Jahr 2016 schätzen die Unternehmen in Adlershof weiter optimistisch ein: 52,9 Prozent (2014: 57) gehen von einer Steigerung des Umsatzes aus. Lediglich 7,1 Prozent (2014: 3,6) befürchten einen Umsatzrückgang, 38,7 Prozent (2014: 32,7) der befragten Unternehmer erwarten eine steigende Mitarbeiterzahl.

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