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Shopping Center wie die Mall of Berlin könnten nächsten Tagen wieder öffnen - unter strengen Auflagen.

© REUTERS

Berlin lockert Regeln für den Einzelhandel: Wie gefährlich ist das Einkaufen in Coronazeiten?

Ist der Einkaufswagen ein Risiko? Wie viele Kunden dürfen gleichzeitig in einen Laden? Helfen Handschuhe und Mundschutz? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Der Berliner Senat hat entschieden: Ab diesem Mittwoch dürfen alle Geschäfte bis zu einer Größe von 800 Quadratmetern wieder öffnen. Auch Kaufhäuser und Shopping Malls dürfen mitmachen, allerdings können sie nur auf einer Rumpffläche von 800 Quadratmetern verkaufen.

Zudem soll es eine Begrenzung der Kundenzahl von umgerechnet einer Person pro 20 Quadratmetern geben. Sollte es nicht anders überprüft werden können, dürfen Shopping Center nur einen Eingang öffnen, um die Personenzahl zu kontrollieren.

"Die gezielten Lockerungen im Einzelhandel sollen der Versorgung dienen, nicht zum Bummeln und Verweilen einladen", sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Entsprechend dürfen Geschäfte keinerlei Anlass gegen, zu verweilen. Bänke oder andere Aufenthaltsangebote müssen gesperrt werden.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg hatte gehofft, dass Berlin die Warenhäuser ganz öffnet. „In großen Häusern kann man Kundenströme besser managen“, sagte Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen, dem Tagesspiegel.

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Die 800-Quadratmeter-Grenze stößt auch beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) auf Unverständnis. „Wir können in Shopping-Centern inzwischen ganz genau zählen, wie viele Menschen sich darin aufhalten", betont Iris Schöberl, Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Handel. Malls können verhindern, dass Menschen durch die Stadt fahren müssen, um verschiedene Besorgungen zu erledigen.

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Ein Überblick über die nun geltenden Regeln - und die Hygienemaßnahmen für Kunden:

Was gilt bundesweit?

Eigentlich hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Treffen am vergangenen Mittwoch auf ein einheitliches Vorgehen verständigt: Buchhandlungen und Fahrradhändler dürfen seit Montag wieder öffnen, in Berlin waren diese Läden allerdings niemals geschlossen worden.

Auch Autohäuser dürfen bundesweit wieder ihre Arbeit aufnehmen, dafür hatte vor allem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mit Blick auf VW gesorgt. Unabhängig von der Branche beschlossen Bund und Länder, dass Läden bis zu einer Fläche von 800 Quadratmetern wiedereröffnen dürfen, Friseure sollen ab dem 4. Mai wieder Kunden bedienen dürfen.

Der Abstand von 1,5 Metern ist weiterhin die wichtigste Regel.
Der Abstand von 1,5 Metern ist weiterhin die wichtigste Regel.

© dpa

Was machen die Bundesländer?

Deutschland ist ein Flickenteppich, was Ladenöffnungen betrifft. Um bestimmte Branchen zu schützen, haben die Ministerpräsidenten in ihren Bundesländern Ausnahmen gemacht. Mit kuriosen Ergebnissen: In Nordrhein-Westfalen dürfen Möbelhäuser und Babyfachmärkte öffnen, im Saarland Autowaschanlagen. Zugleich ärgert sich Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) aber darüber, dass Rheinland-Pfalz dem nahegelegene Fashion Outlet Center in Zweibrücken den Betrieb wieder erlaubt hat.

In Sachsen sind dagegen alle Shopping-Center geschlossen, die Läden dürfen nur von außen betreten werden. Der Zentrale Immobilien Ausschuss kann das Durcheinander nicht verstehen: „Es ist verfassungsrechtlich erklärungsbedürftig, dass ein Babyfachgeschäft in NRW weniger gefährlich ist als anderswo.“

Wie schützen die Händler ihre Kunden?

Wenn es um den Schutz der Kunden vor Ansteckung geht, gehen selbst in ein und derselben Stadt die Händler unterschiedliche Wege. Fast alle legen Obergrenzen für die Zahl der Menschen fest, die sich gleichzeitig im Geschäft aufhalten dürfen. In kleinen Läden dürfen die Kunden oft nur einzeln eintreten.

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Größere Geschäfte beschäftigen gern Security-Mitarbeiter, die nur Käufer in den Laden lassen, die einen Einkaufswagen dabei haben. Allerdings können sich die Kunden, wenn sie einmal drin sind, im Geschäft meist völlig frei bewegen – auch ohne Wagen. Andere Händler begrenzen zudem die Zahl der Einkaufswagen, um zu verhindern, dass sich zu viele Menschen im Laden aufhalten.

Wer legt die Obergrenze für Kunden fest und eine Einkaufswagenpflicht?

Wer denkt, in einem ansonsten so streng regulierten Land wie Deutschland gäbe es für all diese Fragen Vorschriften, der irrt. „Das organisieren die Unternehmen von sich aus“, sagt Nils Busch-Petersen vom Handelsverband. Zumindest galt das bis Dienstag. Ab Mittwoch greift der neue Richtwert von einer Person pro 20 Quadratmetern. Ist der Verkaufsraum kleiner als 20 Quadratmeter, darf nur ein Kunde rein.

Können Einkaufswagen oder Lebensmittel Covid-19 übertragen?

Vielen Menschen ist inzwischen unbehaglich zumute, wenn sie einkaufen gehen. Sie haben nicht nur Angst, angehustet oder angeniest zu werden und sich so mit dem Sars-CoV-2-Virus zu infizieren. Auch unverpacktes Obst und Gemüse, lose Backwaren aus dem Selbstbedienregal und Fleisch oder Fisch aus den Bedientheken ist ihnen nicht geheuer. Immerhin könnten Infizierte ja in Kontakt mit diesen Lebensmitteln geraten sein.

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Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt jedoch Entwarnung. „Es sind bisher keine Fälle bekannt, in denen das Virus über Backwaren, Obst oder Gemüse übertragen worden wäre“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Gleiches gilt für die Griffe von Einkaufswagen oder Bargeld. Es reichen die normalen Hygieneregeln, heißt es beim BfR: Hände waschen, wenn man nach Hause kommt, auch Obst und Gemüse sollte man gründlich unter Wasser abspülen, Fleisch erhitzen.

Übrigens: Backwaren und die Angebote in den Bedientheken sind in aller Regel schon durch den Spritzschutz an der Theke geschützt, betont das BfR. Einkaufswagen zu desinfizieren, ist nicht nötig. Seife reicht völlig, um das Virus unschädlich zu machen.

Was können Kunden tun, um andere und sich zu schützen?

Die wichtigste Maßnahme, um sich selbst zu schützen: Abstand halten, um Tröpfcheninfektionen zu verringern. 1,50 Meter sollte man Platz lassen, einige Geschäfte legen auch größere Abstandsregeln etwa im Kassenbereich fest. Zweiter wichtiger Tipp: „Fassen Sie sich niemals ins Gesicht, bevor Sie Ihre Hände gewaschen haben“, mahnt das BfR. Das Virus dringt über die Schleimhäute in den Körper ein.

Um andere vor einer Infektion zu bewahren, empfehlen Experten das Tragen von Mundschutz, in einigen Bundesländern ist die Mund-Nasen-Maske sogar Pflicht, wenn man shoppen geht. Viele Kunden ziehen auch Handschuhe über. Allerdings bringen diese anderen keinen Schutz, wenn man auf die behandschuhte Hand niest oder hustet. Armin Valet von der Verbraucherzentrale Bremen rät zudem, Einkäufe zu bündeln: „Gehen Sie seltener einkaufen, vermeiden Sie die Stoßzeiten.“ Auch eine Einkaufsliste hilft, das Einkaufstempo zu steigern.

Wie werden die Angestellten geschützt?

Aldi setzt seine Kassierer in Kabinen, um sie vor direktem Kontakt mit den Kunden zu schützen. Einige Händler spendieren dem Personal Mund-Nasen-Masken, in anderen Läden sieht es dagegen nicht anders aus als vor der Coronakrise. „Es gibt ein paar grundsätzliche Vorgaben für Arbeitgeber“, sagt Erika Ritter, Handelsexpertin der Gewerkschaft Verdi Berlin-Brandenburg.

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Das Bundesarbeitsministerium hat kürzlich Arbeitsschutzstandards veröffentlicht. Danach sollen Mitarbeiter mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Menschen haben, bei Publikumsverkehr sind die Arbeitgeber in der Pflicht, transparente Abtrennungen zu installieren. Bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen beziehungsweise wenn der Mindestabstand nicht sichergestellt ist, sollten den Beschäftigten Mund-Nase-Bedeckungen zur Verfügung gestellt werden.

Was die Unternehmen im einzelnen tun, ist aber weitgehend ihnen überlassen. Dennoch sollten sie die Vorschriften nicht auf die leichte Schulter nehmen, warnt Ritter: „Sollten sie die Voraussetzungen nicht erfüllen, laufen sie Gefahr, dass die geöffneten Läden durch die Ämter geschlossen werden.“

Sollten Geschäfte Kunden jetzt mit Sonderangeboten locken?

Einige Händler bieten Rabatte oder andere Aktionen, um Kunden zu gewinnen. Der Buchhändler Thalia verspricht seinen Kunden in einem Newsletter sogar kleine Geschenke in den Geschäften. Verständlich angesichts des Umsatzausfalls der vergangenen Wochen. Angesichts dessen, dass nicht zu viele Menschen auf engem Raum sein sollen, aber problematisch.

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Vorsichtiger geht beispielsweise Ikea vor, das am Mittwoch in Nordrhein-Westfalen wieder öffnen darf. „Um einen Ansturm zu Beginn möglichst zu vermeiden, bitten wir darum, die ersten Tage nach der Öffnung zurückhaltend zu nutzen“, sagt Dennis Balslev, Geschäftsführer von Ikea Deutschland. Der Handelsverband HDE sieht kein Problem in den Sonderangeboten, solange die geltenden Hygiene- und Abstandvorgaben umgesetzt werden. Einen Run auf die Geschäfte sieht man beim HDE ohnehin nicht. „Das liegt auch an der schlechten Konsumstimmung“, so ein Sprecher. „Die Verbraucher sorgen sich um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und halten ihr Geld lieber zusammen.“

Wie sorgen die Friseure für Hygiene?

Das ist noch nicht klar. Denn die Branche wartet noch auf Richtlinien, die die Berufsgenossenschaft BGW derzeit erarbeitet. Dieses Hygienekonzept soll verbindlich für alle Friseure sein und in diesen Tagen vorgestellt werden, teilte der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks auf Nachfrage mit.

Wegen der Unsicherheit läuft die Terminvergabe derzeit noch chaotisch. „Viele Betriebe vergeben erst ab nächster Woche Termine", berichtet Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer des Verbands. Auf Online-Plattformen zur Terminbuchung wie etwa Treatwell gibt es aber bereits einen Ansturm an Buchungen für den Monat Mai.

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