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Marc-Wilhelm Kohfink mit einem seiner rund 120 Bienenvölker in Berlin. In der Familie des Imkers aus Berlin-Köpenick arbeitet man sei seit 120 Jahren mit Bienen.

© Imkerei am Pflanzgarten

Berichte über Bienensterben: Angestachelt zur Internationalen Konferenz in Berlin

In Berlin beraten Profi-Imker aus aller Welt über Umweltschutz, Agrarwende und Bienensterben.

Berichte über das Bienensterben verunsichern regelmäßig Konsumenten und vor allem Landwirte. Von einem Aussterben der Imker kann indes keine Rede sein. Gab es über Jahrzehnte in Berlin nur rund 500 Bienenhalter, sind es allein in der Hauptstadt mittlerweile rund 1500. Das schätzt Marc-Wilhelm Kohfink, Inhaber der "Imkerei am Pflanzgarten" im Stadtteil Köpenick – und einer der ganz wenigen Berufsimker Berlins. Seine Familie ist seit mehr als 120 Jahren der Bienenhaltung befasst. 99 Prozent der Imker würden Bienen nur als Hobby oder im Nebenerwerb halten. Das wachsende Interesse erklärt sich Kohfink mit dem Zeitgeist. „Die Menschen wissen, wie wichtig Bienen für die Umwelt sind“, sagt er. Zugleich hat er Zweifel, dass wirklich alle Imker wissen, wie man Imkerei nachhaltig betreibt.

Seit Dienstag tagen rund 500 Bienen-Experten in Berlin auf der Internationalen Bienenkonferenz. Im Fokus stehen Themen wie Bienengesundheit, Bienenernährung, Biodiversität sowie Herausforderungen durch den Klimawandel. Die Konferenz findet zum ersten Mal in einem internationalen Rahmen statt und unterstreicht damit die Wichtigkeit des Themas und den zunehmenden Handlungsbedarf seitens der Politik. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit wurde im vergangenen Jahrzehnt ein zunehmendes Bienensterben beobachtet.

Deutschland: Ein Land, 170.000 Völker

Bis zu 170.000 Bienenvölker haben den Winter in Deutschland möglicherweise nicht überstanden, wie aktuelle Prognosen des Fachzentrums Bienen und Imkerei in Mayen schätzen. Rund 6000 befragte Imker klagen demnach über Verluste von bis zu 50 Prozent. Die durchschnittliche Sterberate in der Überwinterungsphase liegt in der Regel bei zehn Prozent.

Schwankungen in der Bienenpopulation seien normal, sagt Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes, aber auch er beklagte am Dienstag einen hohen Völkerverlust unter den rund 700000 deutschen Bienenvölkern. Wesentliche Gründe für das Bienensterben seien laut Maske ein großer Mangel an Nahrung für die Bienen sowie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Besonders der Einsatz von gefährlichen Insektiziden, sogenannte Neonicotinoiden, die vor allem in Pflanzenschutzmitteln enthalten sind, wird auf der Konferenz kritisch diskutiert. Für die 110.000 in Deutschland ansässigen Imker besteht aber nun Hoffnung: Wie die britische Zeitung „The Guardian“ diesen Monat berichtete, plant die EU-Kommission zum Schutz der Bienen ein Verbot der Einsetzung von Neonicotinoide in Pflanzenschutzmitteln.

Diese Mittel sollen dann nur noch innerhalb von Gewächshäusern verwendet werden dürfen. Ein entsprechendes Verbot könnte bereits dieses Jahr in Kraft treten, wenn genug EU-Mitgliedsstaaten zustimmen.

Imker-Feind Nummer 1: Die Varroamilbe

„Aber auch der Kampf gegen die hartnäckige Varroamilbe“, die 2010 als einer der bedeutsamsten Bienenschädlinge weltweit identifiziert wurde, „ist noch nicht vorbei“, betonte Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Wie wichtig es auch für unsere Nahrungsmittelversorgung sowie die Wirtschaft ist, den Verlust von Bienenvölkern einzudämmen, machen folgende Zahlen deutlich: Eine Studie von 2008 schätzte, dass jeder dritte Löffel an Nahrung, den wir zu uns nehmen, von Lebensmitteln stammt, die auf Bienenbestäubung basieren. Weiter wurde der wirtschaftliche Wert der Arbeit, die die Bienen und andere Bestäuber leisten auf weltweit 153 Milliarden und in Europa allein auf 22 Milliarden Euro geschätzt.

Gerade jetzt im Frühjahr könne man viel für die Bienen tun, sagt Schmidt, der mit dem BMEL die Initiative „Bienen füttern“ ins Leben gerufen hat. Bei der Bepflanzung des eigenen Gartens oder Balkons, könne man beispielsweise darauf achten, bienenfreundliche Pflanzen zu verwenden. Besonders geeignet sind Obstbäume und Beerensträucher, aber auch Löwenzahn oder Gänseblümchen bieten Bienen eine langhaltige Nahrungsquelle. Denn: Damit die lokale Vielfalt an Obst- und Gemüsesorten bestehen bleiben kann, benötigen auch die Bienen genug Nahrung. Schließlich müssen 80 Prozent unserer Pflanzen bestäubt werden, damit sie sich fortpflanzen können. Der Bundesminister fasst es pragmatisch zusammen: „Wir brauchen die Bienen und die Bienen brauchen uns.“

Profi-Imker haben Hobby-Imker im Verdacht

Zurück zu Marc-Wilhelm Kohfink, dem Imker aus Köpenick. Ihm war am Dienstag nicht nach Panik zumute. Er glaube nicht, dass Pestizide Schuld sind am großen Bienensterben im Berliner Raum in dieser Saison. Er sieht zwei Ursachen: Der Befall mit Milben, den Experten bereits im vergangenen Jahr vorhergesagt haben, habe sich ausgewirkt. Der Umstand, dass unter den vielen Hobby-Imkern nicht alle erfahren genug sind im Umgang mit Arzneien, könnte den Milbenbefall begünstigt haben. "Manche behandeln die Krankheiten nicht richtig. Das ist ein Problem für andere Imker. Denn die Bienen stecken sich an." Kohfink gibt in seinem Fachbuch "Bienen überwintern - Gesund und stark ins Frühjahr" Gesundheitstipps.

Eine Bienenwabe, fotografiert in Alt Zeschdorf im Landkreis Märkisch-Oderland. Mehr als 40 Prozent der Bienenvölker Brandenburgs haben nach Angaben des Imkerverbandes den Winter 2016/17 nicht überlebt.
Eine Bienenwabe, fotografiert in Alt Zeschdorf im Landkreis Märkisch-Oderland. Mehr als 40 Prozent der Bienenvölker Brandenburgs haben nach Angaben des Imkerverbandes den Winter 2016/17 nicht überlebt.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

In seiner "Imkerei am Pflanzgarten" betreut er gemeinsam mit einem Mitarbeiter rund 120 Bienenvölker, die über die ganze Stadt verteilt stehen - von Köpenick im Südosten bis Spandau im Nordwesten. In jedem Volk leben zum Höhepunkt im Frühsommer 30.000 bis 50.000 Bienen. Mit der Sommersonnenwende Ende Juni nimmt die Zahl wieder rapide ab. Pro Volk überwintern nur wenige Tausend Insekten, erklärt Kohfink.

Er kommt mit seinem Betrieb über die Runden. Als zertifizierter Bioland-Betrieb verkauft er den Honig über das Internet, gehobene Berliner Hotels und im Einzelhandel. "Viele glauben, Bio-Honig sei Honig, den die Binen nur aus Nektar aus dem Biolandbau gesammelt haben", weiß der Imker. Das sei natürlich Quatsch, ein Imker könne ja nicht kontrollieren, wohin die Biene fliegt. Bio beziehe sich auf das Füttern mit Zucker und die Auswahl der Hölzer für den Bienenstock zum Beispiel - und eben auf die (Nicht)Verwendung bestimmter Arzneimittel.

Service: Die Bundesregierung hat die Broschüre "Bienenfreundliche Pflanzen für Balkon und Garten" veröffentlicht (hier zum PDF-Download). Zudem gibt es die Bienen-App mit nützlichen Infos für die Gestaltung eines bienenfreundlichen Gartens.

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