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Die Zellenfertigung ist hochkomplex - und sehr kapitalintensiv.

© dpa

Batteriezellen für Elektroautos: Die Chinesen kommen

In Deutschland und Europa werden massive Kapazitäten aufgebaut - vor allem von Asiaten.

Im Herbst 2019 hatten die Akquisiteure der brandenburgischen Wirtschaftsförderung ein Luxusproblem. Der chinesische Batteriehersteller SVolt Energy war auf der Suche nach einem Standort fündig geworden. In Brandenburg, ganz in der Nähe zu Berlin, gab es ein großes erschlossenes Gelände direkt an der Autobahn. Die Sache hatte nur einen Haken: SVolt kam zu spät. Tesla hatte sich den Standort Grünheide für seine europäische E-Auto-Fabrik ausgesucht und bekam den Zuschlag. SVolt musste weitersuchen.

SVolt investiert zwei Milliarden Euro

Ein gutes Jahr später ist die Standortentscheidung für die SVolt-Batteriefabrik mit 24 Gigawattstunden (GWh) gefallen. Mit dieser Menge können je nach Pkw- beziehungsweise Batteriegröße 300 000 bis 500 000 Elektroautos ausgerüstet werden. Am kommenden Dienstag wird das Geheimnis gelüftet, wo zwei Milliarden Euro investiert und bis zu 2000 Arbeitsplätze entstehen werden.

Bayern wird in der Branche gehandelt, aber auch Sachsen. Die Standortentscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab: Infrastruktur und Arbeitsplätze, Kosten und Kundennähe. Bereits in drei Jahren soll die neue Anlage Batterien fertigen.

CATL baut bei Erfurt

SVolt ist eine Ausgründung des chinesischen Autobauers Great Wall Motors. Bereits im Sommer letzten Jahres hatte das Unternehmen mitgeteilt, in Deutschland Kapazitäten schaffen zu wollen. Die Zellen für Autobatterien beziehen die deutschen Autokonzerne bislang ausschließlich von asiatischen Herstellern, die nach und nach Kapazitäten in Europa aufbauen.

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Die südkoreanischen Unternehmen LG Chem und SKI haben Fabriken in Polen und Ungarn errichtet. Die Chinesen investieren direkt in Deutschland, dem „Mutterland“ des Autos. Marktführer CATL baut am Erfurter Kreuz eine Anlage, die 2022 die ersten Zellen produziert. Die Kapazität in Thüringen könnte wie bei SVolt in der Endstufe 24 GWh erreichen.

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Mercedes kauft von Farasis Zellen

BMW nimmt einen großen Teil der CATL-Zellen ab, sodass eine Produktion von SVolt ebenfalls für BMW nicht in Frage kommt. Für Mercedes produziert die chinesische Farasis im sachsen-anhaltinischen Bitterfeld-Wolfen die Batteriezellen. Die bis 2022 angepeilte Kapazität liegt bei sechs GWh und kann perspektivisch auf zehn Gigawatt steigen. Nach eigenen Angaben investiert Farasis rund 600 Millionen Euro und schafft 600 Arbeitsplätze. Für Mercedes ist Farasis ein Lieferant unter vielen. Da Mercedes im sächsischen Kamenz Batterien produziert, könnte ein Zellenlieferant in der Nähe Sinn machen. Für Sachsen als Standort für SVolt spricht auch die neue BASF-Kathodenfertigung in Schwarzheide. Die regionale Lieferkette verliefe also von BASF über SVolt zu Mercedes.

SVolt ist im Vergleich zu CATL, BYD und Gotion ein kleiner Zellenhersteller aus China. Volkswagen, Marktführer in China, hat sich mit einer Milliarde Euro an Gotion High-Tech beteiligt, um den Bedarf an Zellen und Batterien für seine chinesischen E-Modelle abzusichern. Hierzulande steckt VW eine Milliarde Euro in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der schwedischen Norhthvolt. In Salzgitter entsteht eine Zellenfertigung, die 2024 etwa 16 Gigawatt liefern könnte. Das ist indes nur ein Bruchteil dessen, was Volkswagen braucht. Bis 2030 will der der größte Fahrzeughersteller der Welt 26 Millionen Elektroautos bauen. Die VW-Tochter Porsche hat sich mit Customcells zu einem Zellenfertigungsprojekt verbunden.

SVolt ist ein Marktneuling

Das Werk im sächsischen Zwickau hat VW als ersten großen Standort komplett auf E-Autos umgestellt. Womöglich kommt auch dafür SVolt als Lieferant in Frage – von einem sächsischen Standort aus. SVolt wirbt für sich mit einem „One-stop-Produktportfolio“, zu dem neben Batteriezellen, Module und Packs auch Batteriemanagementsysteme und Softwarelösungen gehören. Weltweit beschäftigt das junge Unternehmen rund 3000 Mitarbeiter, davon nach eigenen Angaben die Hälfte im Bereich Forschung und Entwicklung.

Tesla will alles selbst machen

Für Tesla in Grünheide kommen die Chinesen nicht als Lieferant in Betracht. Elon Musk kooperiert in den USA mit Panasonic und in China für bestimmte Zellen (Lithium-Phosphor-Eisen) mit CATL. Im brandenburgischen Grünheide will Tesla die Zellen selbst produzieren, sogar inklusive des Elektrodenmaterials. Dazu braucht man einen bestimmten Ofen, den nur ein japanisches Unternehmen baut. Als Tesla bei der Firma vorstellig wurde und erfuhr, dass die Lieferzeit 18 Monate beträgt, soll Musk ausgerastet sein, heißt es in der Batteriebranche. Bis Tesla die komplette Wertschöpfung in Grünheide hat, müssen Zellen und Batterien noch ein paar Jahre aus den USA oder China herbeigeschafft werden.

Altmaier will Tesla fördern

Zeit ist ein extrem wichtiger Faktor in dem kapitalintensiven Zellengeschäft – das haben die Chinesen erkannt und auch der Newcomer Elon Musk. Vermutlich noch in diesem Jahr wird Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bekanntgeben, mit wie viel staatlichen Fördermillionen Tesla für das Batterieprojekt in Grünheide rechnen kann. Während deutsche Spitzenmanager wie Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche über Jahre von der Zelle als „Commodity“ sprachen, die man einkauft wie Bremsen, Bleche oder Scheinwerfer, will Musk das technologisch anspruchsvollste Teil im Elektroauto unbedingt selbst produzieren: Die Zelle.

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