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Volumen. Massenhersteller wie Opel trifft die Russland-Krise hart.

© dpa

Automobilindustrie: Hersteller erwarten Einbruch im Russland-Geschäft

Der russische Automarkt schrumpft weiter, in China läuft es immer noch gut. Zu Hause wartet die Branche auf ein politisches Signal - das Elektromobilitätsgesetz.

Die deutsche Automobilindustrie rechnet mit einem Einbruch des russischen Marktes. „Wir erwarten 2014 einen Rückgang um neun bis zehn Prozent auf etwa 2,5 Millionen verkaufte Fahrzeuge“, sagte Matthias Wissmann, Präsident des Branchenverbandes VDA, am Donnerstagabend in Berlin. Schon 2013 war der russische Automarkt um 5,5 Prozent geschrumpft. Im Juni sei die Zahl der Neuzulassungen um 17 Prozent gesunken, sagte Wissmann. Die Erwartung, Russland könne in absehbarer Zeit der größte europäische Automarkt werden, ist damit nachhaltig enttäuscht worden. „Wir hatten gedacht, dass Russland stärker wird“, sagte Wissmann. Die Sanktionen im Kontext der Ukraine-Krise verschärften die Situation nun zusätzlich.

Deutsche Autohersteller haben 2013 132 000 Fahrzeuge nach Russland exportiert, etwas mehr werden vor Ort produziert. Vor allem die Premiummarken Audi, BMW, Mercedes und Porsche seien vom Einbruch des Marktes nicht allzu stark betroffen, sagte Wissmann. Der Anteil des Russlandgeschäfts liege hier bei zwei bis drei Prozent. Andere Hersteller treffe die Krise hingegen mit voller Wucht – etwa Opel, MAN oder den Aufbautenhersteller Schmitz Cargobull. Letzterer hatte diese Woche berichtet, der Absatz von Trailern aus dem russischen Werk werde sich in diesem Geschäftsjahr halbieren. Trailer sind Sattelauflieger mit verschiedenen Aufbauten wie Planen, Festboxen, Kühlfahrzeugen und Kippern.

Sanktionen dürfen die "Tür nicht zuschlagen"

Der VDA-Präsident hält Sanktionen gegen Russland für notwendig. „Die Dosis darf nur nicht so hoch sein, dass man jede Tür zuschlägt“, warnte Wissmann. Hätte die EU hingegen nicht reagiert, hätte sie „jede Autorität in Moskau verspielt“.

Mit Blick auf die wichtigsten Exportmärkte für die deutschen Autohersteller ist die Branche vor allem für den chinesischen Markt weiter optimistisch. Der VDA erwartet hier ein Marktwachstum von deutlich mehr als zehn Prozent. Damit würden 2014 in China mehr als 18 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen, in den USA etwa 16 Millionen, in Westeuropa etwa zwölf Millionen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es rund drei Millionen. Die deutschen Marken haben in China einen Marktanteil von 20 Prozent, Volkswagen ist in der Volksrepublik Marktführer.

Dass der Ausbau der Elektromobilität in China nicht so rasant wie angenommen verlaufen ist, macht Wissmann nicht unglücklich. Deutschland habe sich in der Zwischenzeit zu einem der weltgrößten Anbieter von Elektromobilität entwickeln können. „Beim Aufbau des Marktes ist aber noch viel zu tun“, räumte der VDA- Präsident ein. Die Nachfrage ist immer noch gering, wächst aber auf niedrigem Niveau kräftig. 2013 hatte sich die Zahl der Neuzulassungen auf 6050 verdoppelt, im Bestand waren Anfang 2014 rund 17 000 E-Fahrzeuge (inklusive Hybride). Wissmann kündigte 13 neue Elektro- und Hybrid-Modelle für 2015 an, bis Ende 2014 werden die deutschen Hersteller 16 elektrifizierte Modelle präsentiert haben.

Kagermann: "Wir brauchen dringend das Gesetz"

Henning Kagermann, Vorsitzender der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), glaubt, dass sich 2014 der Bestand an E-Autos verdoppeln wird. „Diese Dynamik müssen wir halten“, sagte er. Wie Wissmann fordert Kagermann bessere politische Rahmenbedingungen. Beide appellierten an Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), das angekündigte Elektromobilitätsgesetz umzusetzen. „Wir brauchen dringend das Gesetz“, sagte der NPE-Vorsitzende. „Ohne eine Förderung erreichen wir das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 nicht.“ Maßnahmen wie eine Sonderabschreibung für gewerbliche Kunden, die Kennzeichnung von Elektrofahrzeugen oder Beschaffungsprogramme sollten nach Kagermanns Vorstellung „spätestens im kommenden Jahr greifen, damit sie den Markthochlauf effektiv unterstützen“. Bis Ende 2017 sollen bereits 500 000 Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Die Bundesregierung lehnt eine Sonder-Afa bislang ab. „Sie würde die gewerbliche Nachfrage anschieben und den Bund etwa 130 Millionen Euro pro Jahr kosten“, rechnete Kagermann vor.

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