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Rund 400 Ausbildungsangebote hängen an der „Jobwall“.

© Laurin Meyer

Ausbildungsmarkt: Letzte Chance für Betriebe und Jugendliche

Eine Last-Minute-Börse für Ausbildungsplätze in Berlin soll Suchende zusammenbringen. Ende August waren noch 4600 Stellen unbesetzt.

Von Laurin Meyer

Betriebe suchen nach Azubis, Jugendliche suchen nach Betrieben, gefunden haben sich viele aber noch nicht. Und das, obwohl das Ausbildungsjahr längst begonnen hat. Die letzte große Chance: eine Last-Minute-Börse für Ausbildungsplätze, die gestern in den Berliner Station-Hallen am Gleisdreieck startete. Sie soll jetzt noch Betriebe und Jugendliche zusammenbringen.

Der Bedarf scheint groß, die Schlangen vor den Ständen der rund 50 Aussteller sind lang. Allein in den ersten Stunden nach der Eröffnung besuchten circa 1400 Jugendliche die Börse. Für viele Unternehmen ist sie der letzte Strohhalm, so auch für die Spezialbaufirma K. Rogge. Drei freie Stellen will der Handwerksbetrieb noch besetzen, doch das falle schwer. „Keiner will mehr auf den Bau“, sagt Chris Terzibaschian, der selbst Azubi ist. Vielen sei das zu anstrengend. Dabei biete ein Job im Handwerk sichere Perspektiven und sei gut bezahlt.

Einladungen über Whatsapp

Auch Jette Najmann-Pech sucht Azubis in einer Branche, die bei Jugendlichen beliebter sein könnte. Sie ist Ausbildungsleiterin der Bäckerei-Kette Steinecke. 30 Börsenbesucher würde sie gerne sofort mitnehmen, darunter nicht nur Auszubildende, sondern auch Fachverkäufer. Um den Job attraktiver zu machen, sei das Unternehmen den Bewerbern im Laufe der vergangenen Jahre entgegengekommen, etwa bei den Arbeitszeiten. In Berlin-Charlottenburg betreibe die Kette eine Filiale, die ausschließlich von Azubis betrieben werde. Und auch in den Sozialen Netzwerken sei das Unternehmen aktiver geworden. „Mittlerweile schicke ich interessierten Jugendlichen sogar Einladungen über Whatsapp“, sagt Najmann-Pech.

Um die Jugendlichen kurz vor knapp noch für den Ausbildungsmarkt fit zu kriegen, haben sich die Organisatoren – die Berliner Kammern und die Agentur für Arbeit – einiges einfallen lassen. Börsenbesucher können ihre Bewerbungsunterlagen vor Ort prüfen lassen, professionelle Fotos machen – und bekommen auf Wunsch sogar eine Stylingberatung. Angelika Hildebrandt, Dozentin an der Berliner Vital-Kosmetikakademie, schminkt die Jugendlichen, bevor sie zum Fototermin oder in Gespräche mit Personalern gehen. „Wer sich nicht für den Beauty-Bereich interessiert, dem fehlt häufig die Kenntnis darüber“, sagt Hildebrandt.

QR-Codes sollen es einfacher machen

An sogenannten „Jobwalls“ hängen knapp 400 Zettel mit weiteren unbesetzten Ausbildungsstellen. Dabei soll es den Jugendlichen so einfach wie möglich gemacht werden. Die freien Plätze sind nach Berufsbild von A bis Z sortiert, auf den Stellenausschreibungen sind schwarz-weiße QR-Codes abgedruckt. Wer sie mit dem Smartphone einscannt, gelangt direkt zum Ansprechpartner im Unternehmen. Zudem können sich die Besucher der Börse an insgesamt 40 Plätzen über alle freien Stellen informieren, die bundesweit bei der Agentur für Arbeit gemeldet wurden. Berufsberater unterstützen sie dabei. Der beliebteste Wunsch der Jugendlichen: „Irgendetwas mit Medien“, sagt Marion Götzke, die seit 27 Jahren als Berufsberaterin arbeitet. Dabei würden die Bewerber aber meistens nicht die nötigen Zugangsvoraussetzungen erfüllen.

In Berlin blieben zum Start des Ausbildungsjahres rund 4600 Stellen unbesetzt. Gleichzeitig waren aber noch mehr als 6200 Jugendliche auf Platzsuche. Dass sich viele noch nicht gefunden haben, dafür gebe es zwei Gründe, sagt Jürgen Wittke, Geschäftsführer der Handwerkskammer Berlin. Einerseits seien einige Berufe anspruchsvoller geworden. So seien auch die Anforderungen der Betriebe, etwa an einen Mechatroniker, gestiegen. „Bei der zunehmenden Auswahl sind aber auch die Jugendlichen wählerischer geworden“, sagt Wittke. Viele könnten sich nicht entscheiden, würden erst einmal irgendetwas studieren.

Dieses Gefühl kennt Celine Lubojanski gut. „Ich wusste lange nicht, was ich machen soll“, sagt die junge Berlinerin, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist. Von der Last-Minute-Börse geht sie mit zwei Angeboten in der Altenpflege nach Hause. Allerdings nicht für eine Ausbildung, sondern nur für ein Praktikum – weil sie noch keine Erfahrungen in dem Bereich habe, hieß es von den Betrieben.

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