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Die Polizei will die Zahl der Migranten in ihren Reihen erhöhen.

© dpa

Ausbildung: Die Stadt spricht viele Sprachen

Die öffentlichen Arbeitgeber Berlins wollen mehr Azubis mit Migrationshintergrund. Eine Notwendigkeit in einer immer internationaler werdenden Stadt.

Um sich bei Einsätzen zu verständigen, braucht die Polizei Mitarbeiter, die arabisch, italienisch oder türkisch sprechen. Beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg soll die Belegschaft so multi-kulti sein wie der Szenekiez selbst. Kurzum: Die Öffentlichen Arbeitgeber Berlins suchen verstärkt Auszubildende mit Migrationshintergrund. Eine Notwendigkeit in einer immer internationaler werdenden Stadt.

Die aktuellen Zahlen dazu stellte Andreas Germershausen, Beauftragter des Senats für Integration und Migration, am Donnerstag vor. Im vergangenen Jahr hatte von den 1304 Auszubildenden im Öffentlichen Dienst fast jeder Fünfte einen Migrationshintergrund (2014: 17,6 Prozent). Mehr als ein Drittel der neuen Auszubildenden (504) wurde bei der Polizei Berlin eingestellt. Hier stieg der Anteil der Auszubildenden aus einer Einwandererfamilie auf 26,8 Prozent (2014: 22,6 Prozent). Bei den Bezirksämtern und der Humboldt-Universität lag die Quote bei 14,8 Prozent; bei der Freien Universität bei 10,5 Prozent. Zwar „begrüßte“ Germershausen den positiven Trend. Er sagte aber auch, dass, „der Anteil schneller steigen müsse“.

Vivantes sei "vorbildlich"

Ein weiteres Thema war die Entwicklung bei den Betrieben mit Landesbeteiligung. Dort wurden im vergangenen Jahr 878 Auszubildende neu eingestellt. 24,1 Prozent von ihnen mit Migrationshintergrund (2014: 21,9 Prozent). Bei der BVG lag der Anteil bei 32,2 Prozent. Die BSR nannte eine Quote von 18,1 Prozent; die Charité Gesundheitsakademie von 14,8 Prozent.

„Vorbildlich“ nannte der Integrationsbeauftragte den kommunalen Klinikkonzern Vivantes, wo der Migrationsanteil unter den Azubis 30,7 Prozent betrug. Vivantes nehme zum Beispiel sehr engagiert an einem neuen Pilotprojekt der Initiative „Berlin braucht dich“ teil. Schülerinnen und Schüler, die sich im Praktikum bewährt haben, könnten dort einen Ausbildungsplatz bekommen. Ohne weiteren Eignungstest.

Starten soll das Projekt mit 50 Plätzen im kommenden Jahr. Manche Betriebe sehen das Vorhaben allerdings kritisch: Sie befürchten, dass die Standards für eine Lehre gesenkt werden – und das bei einem schlechter werdenden Schulausbildungsniveau. Germershausen sagte dazu: „Wir wollen die Hürden senken, aber nicht die Qualität der Ausbildung.“

Fachkräftemangel wird drastischer

Während gut 3000 Beschäftigte im Öffentlichen Dienst pro Jahr in Rente gehen, wächst Berlin stetig. Deswegen werden in den nächsten Jahren rund 20000 Mitarbeiter gebraucht. Dazu kommt der Wandel der Stadtgesellschaft. Der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt bei den unter den 21-Jährigen bei 43 Prozent. „Es handelt sich um eine wachsende Gruppe in der Bevölkerung, ohne deren Gewinnung auch im Öffentlichen Dienst das Fachkräfteproblem nicht zu lösen sein wird“, sagte Germershausen. Dazu kommen die Geflüchteten, die noch mehr kulturelles Wissen fordern.

Was Jugendliche mit Migrationshintergrund von einer Bewerbung bei den Berliner Wasserbetrieben oder der Feuerwehr abhält, ist die Unsicherheit, ob die Stellen nicht zu anspruchsvoll für sie sind, falsche Vorstellungen vom Berufsalltag oder fehlende positive Vorbilder.

Das Ziel: Eine Quote von 25 Prozent

Wobei sich in den letzten Jahren schon einiges getan hat. Wie die IHK Berlin arbeitet die Kampagne „Berlin braucht dich“ seit Jahren an der Vernetzung von Schulen und Unternehmen. Als sie vor zehn Jahren damit anfing, fanden sich unter den Auszubildenden im öffentlichen Dienst 8,7 Prozent Jugendliche mit Migrationshintergrund. Bei einem Bevölkerungsanteil von 40 Prozent. Um das zu ändern, organisierte die Initiative Betriebsbesuche und erste Praxiserfahrungen. „Gerade Schüler mit wenig Chancen brauchen die besten Praktika“, sagte der Integrationsbeauftragte am Donnerstag.

Das anfangs gesetzte Ziel, 25 Prozent aller Ausbildungsverträge an Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte zu vergeben, haben einige der 60 Betriebe und Behörden mittlerweile erreicht. Die Bezirksämter in Friedrichshain-Kreuzberg und Spandau zum Beispiel, die Berliner Bäderbetriebe und die Tourismusgesellschaft Visit Berlin. Eines konnte Germershausen aber nicht erklären: Bei der Senatsverwaltung selbst lag der Anteil im vergangenen Jahr bei nur 16,2 Prozent.

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