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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will lieber einer kleine Finanztransaktionssteuer als gar keine.

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Aus für die Finanztransaktionssteuer?: SPD glaubt der Drohung aus Österreich nicht

Obwohl die Kritik an Olaf Scholz' Aktiensteuer wächst, will die SPD ihren Plan durchziehen. Ein Ausscheiden Österreichs sei "sehr unwahrscheinlich".

Die Finanztransaktionssteuer (FTT) ist für die SPD von herausragender Bedeutung. Nicht nur, weil sie damit vermitteln will, die Zocker am Aktienmarkt nun endlich härter anzugehen. Nein, sie will mit den Einnahmen daraus auch die Grundrente finanzieren. Vielleicht erklärt sich so der Optimismus, den die Partei bei diesem Thema derzeit ausstrahlt, obwohl die FTT mehr denn je auf der Kippe steht.

Gestern hatte Österreich gedroht, seine Unterstützung zu versagen. „Wenn es hier zu keiner Änderung kommt, werden wir aus der Gruppe der Mitgliedsländer, die diese Finanztransaktionssteuer einführen will, aussteigen“, sagte der Finanzminister Gernot Blümel dem Tagesspiegel. „Das habe ich Olaf Scholz auch so mitgeteilt.“

"Kleinanleger werden mit der FTT gut leben können"

Damit steht der Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf der Kippe. Um das Gesetz auf EU-Ebene zu verankern, bräuchte es neun Staaten, die das Vorhaben mittragen. Doch ohne Österreich könnte das schwer werden, denn auch andere Länder sehen die FTT in dieser Form skeptisch. Der Hauptkritikpunkt: Derivate, Intradayhandel und der spekulative Hochfrequenzhandel bleiben dem aktuellen Entwurf nach verschont. Damit träfe die Steuer wohl nur Kleinanleger, die nicht auf andere Produkte ausweichen können. Große Player am Finanzmarkt - ebenjene Zocker, die die SPD angehen wollte - könnten die Abgabe jedoch leicht umgehen, so die Kritik.

Dennoch will man in der SPD nicht an ein Scheitern denken. Österreich habe sich von Beginn an aktiv in die Verhandlungen eingebracht, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, dem Tagesspiegel. „Ein Ausscheiden Österreichs erscheint deshalb sehr unwahrscheinlich.“ Die Einwände der Kritiker kann er nicht verstehen. „Wer seine Aktien selten verkauft und den Erlös erneut in Aktien anlegt, ist von der Finanztransaktionssteuer nicht spürbar betroffen“, meint er und denkt: „Kleinanleger werden deshalb gut mit der Finanztransaktionsteuer leben können.“

SPD will notfalls auch nationale FTT

Auf die Frage nach möglichen Änderungen am aktuellen Entwurf, schlägt Binding Maßnahmen vor, die auch Derivate und andere risikoreiche Finanzanlageprodukte einschließen würde; das wäre zwar in Blümels Sinne, würde eine europäische Einigung aber unmöglich machen, da Frankreich eine solche Lösung blockiert. Doch während Österreich die FTT dann lieber ganz verwerfen würde, will die SPD wenigstens bei den Kleinsparern kassieren. Notfalls auch in einem nationalen Alleingang, wie Binding klarstellt. Doch dafür bräuchten die Sozialdemokraten den Koalitionspartner. „Hier sehe ich noch Überzeugungsbedarf“, zeigt Binding sich skeptisch.

Auf eine umfassende Aktien-Steuer hatten sich die EU-Länder nämlich nicht einigen. Scholz’ Entwurf sieht vor, dass bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfällt. Damit orientiert er sich an dem französischen Modell, dass spekulative Geschäfte ebenfalls ausklammert und den Steuersatz von anfangs 0,2 auf aktuell 0,3 Prozent anhob.

In Deutschland kommt Kritik an dem FTT-Entwurf sogar von links wie rechts. Die Pläne beschädigten die Aktienkultur in Europa und Deutschland, warnte der CDU-Wirtschaftsrat. Generalsekretär Wolfgang Steiger argumentierte wie Österreich: „So wie die Finanztransaktionssteuer jetzt ausgestaltet ist, ist sie eine reine Aktiensteuer, die die einzig verbliebene rentable Altersvorsorgemöglichkeit in der Niedrigzinsphase belastet.“ Auch der Linken-Politiker Fabio De Masi erklärte: „Österreich hat Recht. Der Vorschlag von Olaf Scholz für eine Aktiensteuer schadet mehr als er nützt und nimmt die Verursacher von Finanzkrisen aus der Verantwortung.“

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