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Wirtschaft: Auf den Stick gebracht

Wie der Spagat gelingt, kurz und knapp die wichtigsten Daten zusammenzutragen – und trotzdem einfallsreich und originell zu wirken

Cool ist es allemal, wenn man auf einer Veranstaltung dem Chef einer interessanten Firma begegnet, sich kurz vorstellt und ihm dann keine große Bewerbungsmappe, sondern einen kleinen USB-Stick in die Hand drückt. Was bei IT-Profis inzwischen die Regel ist, schwappt auch auf andere Branchen über. Doch nur wer das neue Medium wirklich zu nutzen weiß, sollte es auch einsetzen. Denn kommt auch die Übergabe cool rüber, ist es letztlich das, was auf dem Stick gespeichert ist, was zählt. Wie bei der klassischen Bewerbungsmappe, die auf dem Tisch der Personalabteilung landet, oder der Online-Bewerbung muss letztlich das Gesamtpaket überzeugen. Und wer hier punkten will, muss den berühmten Spagat schaffen: einerseits übersichtlich auf den Punkt gebracht und anschaulich Fakten vermitteln, andererseits Originalität beweisen.

Meterweise stehen Ratgeber zu dieser Herausforderung in den Regalen der Buchhändler. Im Internet sieht es nicht anders aus. „Richtig bewerben“ ergibt bei Google 892 000 Treffer. Wer nur einen Bruchteil dieser Informationsflut beherzigen will, hat mit jeder Bewerbung ein Mammutprojekt vor sich. „Auf die Basics konzentrieren“, heißt deshalb das Motto professioneller Berater. Dann bleiben auch Zeit und Raum für Kreativität.

ZAHLEN, DATEN, FAKTEN

Bei derzeit rund 3,6 Millionen Arbeitslosen landen täglich viele Bewerbungen bei den Personalverantwortlichen. Der Karriereberater Gerhard Winkler rät deshalb, sich in deren Situation hineinzuversetzen. „Stellen Sie sich einfach einmal vor, Sie werden jeden Tag mit Mails und Post überflutet und müssen ununterbrochen die Kerndaten aus all den Schreiben herauspicken. Was würden Sie sich da wünschen?“ Die Antwort liegt auf der Hand. „Eine klare, nüchtern formulierte Leistungsbilanz.“ Eine Bewerbung solle man als Zuarbeit sehen und dem Personaler etwas vorlegen, das ihm hilft, schnell und effektiv seinen Job zu erledigen.

Winkler rät deshalb, Zahlen, Daten und Fakten in der Vordergrund einer Bewerbung zu stellen. „Was ich bislang gemacht habe, zeigt, was ich künftig leisten kann.“ Und das solle man auch klar und unmissverständlich kundtun – mit konkreten Substantiven und starken Verben. „Wenn Sie zum Beispiel schreiben, dass Sie drei Jahre lang Vertriebsleiter bei dem Unternehmen X waren und dort die Verantwortung für 15 Mitarbeiter hatten, kann sich Ihr künftiger Arbeitgeber von Ihrer Qualifikation ein konkretes Bild machen.“

KREATIVITÄT GEFRAGT

Die Auswahl und das Arrangement der Fakten sind erst im nächsten Schritt die hohe Kunst der erfolgreichen Bewerbung. „Indem ein Kandidat auswählt, was er für wichtig hält und wie er diese Auswahl präsentiert, vermittelt er ein Bild von sich“, sagt Winkler. Das ist der Punkt, an dem individuelle Kreativität gefragt ist. Wie viel davon der künftige Arbeitgeber sehen will, entscheidet vor allem die Branche. Ein Grafiker, der in einer Werbeagentur einsteigen will, muss mehr bieten als ein Techniker, der sich auf eine Stelle in einem Labor bewirbt. „Die Kreativität des Bewerbens liegt vor allem in der Art der Darstellung von Fakten – und in der Kunst des Weglassens und Andersformulierens“, sagt auch Svenja Hofert. Das Credo der Hamburger Karriereexpertin lautet deshalb: Bewerben heißt nicht nachmachen, sondern selber machen.

Herzstück jeder Bewerbung ist das Anschreiben. Floskeln zu vermeiden und einfache, klare Sätze zu formulieren, ist hier die Grundvoraussetzung. „Gerade der erste Satz muss sitzen“, sagt Svenja Hofert. Hier ist der Platz, an dem Appetit auf den Rest der Mappe gemacht wird.

Die Gestaltung der Bewerbung soll nicht vom Wesentlichen, also der Information über den Bewerber ablenken, sondern die Argumente stützen. Kontraproduktiv wird Kreativität spätestens dann, wenn sie dem Personaler unnötige Arbeit macht. Einem Personalchef Puzzleteile zu schicken oder Konfetti, wird in den wenigsten Fällen Erfolg haben.

PROFESSIONELLE AUSSTRAHLUNG

Auch wenn sich Personalchefs vom Aussehen eines Bewerbers nicht beeinflussen lassen sollen, empfehlen Karriereberater dennoch, beim Foto nicht zu sparen. Es vermittelt einen persönlichen Eindruck und sollte deshalb von einem professionellen Fotografen erstellt werden. „Ihr Porträt zeigt, dass Sie im beruflichen Umfeld eine gute Figur machen. Deshalb sollten Sie darauf berufstätig oder ausbildungstauglich aussehen“, sagt Winkler.

ONLINE ODER PAPIER?

Doch wie entscheidet man, ob man besser eine Online- oder Papierbewerbung versenden sollte? Üblicherweise geben die Unternehmen in ihren Ausschreibungen an, was sie erwarten – oder lassen den Bewerbern die Wahl. Viele Konzerne verzichten inzwischen ganz auf Bewerbungsmappen per Post.

„Wir wollen hier kein Papier mehr“, sagt etwa Silvia Rösler von Siemens. Bewerbungen werden bei dem Dax-Unternehmen nur noch online entgegengenommen. Auf der Internetseite sind die entsprechenden Eingabemasken zu finden, die der Kreativität allerdings enge Grenzen setzen. Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse müssen hier in jedem Fall abgeliefert werden. Mehr ist aber nicht unbedingt nötig. „Ein Foto, das Alter des Bewerbers und seine Nationalität sind für eine Auswahl nicht entscheidend“, sagt die Rekruterin. „Allein schon wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind diese Kriterien für uns nicht notwendig.“

Im Wesentlichen geht es Personalern darum, sich ein konkretes Bild des Bewerbers machen zu können. Wo arbeitet er gerade? Welche Qualifikationen bringt er mit? Gibt es Lücken im Lebenslauf? „Diese Fakten sind für meine Auswahl wichtig“, sagt auch Silvia Rösler. „So kann ich vorsortieren, welche Bewerbungen ich an die Fachabteilungen weitergebe.“ Dass die Angaben hübsch verpackt seien, wirke sich natürlich positiv aus. Schließlich zähle auch der erste Eindruck. Bei guten Qualifikationen sei eine weniger gelungene Präsentation aber nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium.

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