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Rupert Stadler und Martin Winterkorn stehen 2014 bei der Hauptversammlung der Volkswagen AG auf dem Messegelände.

© dpa/Julian Stratenschulte

Audi-Chef Rupert Stadler festgenommen: Ein neues Debakel für den VW-Konzern

Mit Audi wollte der VW-Konzern noch einmal durchstarten. Doch jetzt sitzt Chef Stadler in U-Haft. Und die Dieselaffäre fällt dem Konzern wieder auf die Füße. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Als Audi-Chef Rupert Stadler am frühen Montagmorgen in seinem Haus festgenommen wurde, dämmerte es in Ingolstadt. Die Staatsanwaltschaft München II, die die vorläufige Festnahme veranlasst hatte, sah bei ihrem Bemühen, mehr Licht in die Dieselaffäre zu bringen, Gefahr im Verzug. Es bestehe Verdunkelungsgefahr, so begründete sie die spektakuläre Festsetzung des bislang ranghöchsten Managers im Abgasskandal.

Man sollte meinen, dass eigentlich nicht mehr viel verdunkelt werden kann. Drei Jahre nach Bekanntwerden der Manipulationen im VW-Konzern, zu dem Audi gehört, haben die Verantwortlichen wenig getan, um die Frage zu beantworten, ob und wie die Führungsebene des Auto-Konglomerats in die Machenschaften involviert war. Auch Rupert Stadler hat zur Aufklärung des millionenfachen Kundenbetrugs so gut wie nichts beigetragen. In der Öffentlichkeit schwieg er oder beließ es bei Ankündigungen und vorbereiteten Statements. Protegiert von den Familien Piëch und Porsche, die den Audi-Aufsichtsrat dominieren, fühlte sich der frühere Büroleiter von Ferdinand Piëch auf der sicheren Seite. Erst im vergangenen Jahr wurde sein Vertrag bis 2022 verlängert.

Offenbar genug belastendes Material vorhanden

Man kann es den Verdächtigten und Beschuldigten nicht verübeln, dass sie sich nicht selbst belasten. Und auch für Stadler gilt (noch) die Unschuldsvermutung. Doch nicht erst nach seiner Festnahme und den jüngst aufgenommenen Ermittlungen gegen ihn fällt es schwer zu glauben, der langjährige Audi-Chef habe von allem nichts gewusst. Der neue Höhepunkt im Diesel-Drama deutet jedenfalls darauf hin, dass die Staatsanwälte inzwischen genug Material gesammelt haben, um auch in den oberen Sphären der Konzernhierarchie strafverfolgend tätig zu werden.

Politiker, die bislang nachsichtig mit der Autoindustrie umgingen, scheinen auch aus diesem Grund nun – spät, aber immerhin – die Zeichen der Zeit zu erkennen. Der unangenehme Rapport von Daimler-Chef Dieter Zetsche bei Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und der amtliche Rückruf von 774.000 Mercedes-Modellen sind aktuelle Beispiele.

Die nächste Eskalationsstufe

Gleichwohl bleibt der Eindruck, dass nicht die Unternehmen und die Politik, sondern Staatsanwälte und Ermittler die treibende Kraft bei der Aufklärung waren und geblieben sind. Vertrauen wird so nicht wiederhergestellt. Zu viel ist kaputt gegangen 2015, als Volkswagen einräumen musste, Betrüger beschäftigt zu haben, die in gesetzlichen Grauzonen ihr Unwesen getrieben hatten – zu Lasten von Gesundheits- und Klimaschutz.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Volkswagen, Daimler, BMW & Co. den Schaden bald selbst reparieren können, den sie angerichtet haben, ist am Montag kleiner geworden. Mit der Verhaftung des Audi-Chefs hat die Krise der Branche eine weitere Eskalationsstufe erreicht.

Der VW-Konzern steht vor einem neuen Debakel. Wird Stadler abgelöst, fällt er als Chef der wichtigen, neuen Premium-Gruppe des Zwölf-Marken-Konzerns aus. Der Bereich, der die höchsten Gewinne nach Wolfsburg liefern soll, hätte zum Start eine Führungskrise.

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