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Zurücklehnen. Der Rücken freut sich über kleine Haltungsänderungen. Nach sechs Stunden ist arbeitsrechtlich aber eine größere Pause angesagt.

© Getty Images/iStockphoto

Arbeitsrecht: Regelmäßig ausspannen

Nach wie viel Stunden Arbeit ist eine Pause angesagt? Und zählen Pausen, die man nehmen muss, als Arbeitszeit? Das erklärt Marta Böning vom DGB.

Unser Leser fragt: Bisher habe ich immer in einem Unternehmen gearbeitet, in dem die Arbeitszeit per Chipkarte automatisch berechnet wurde. Bei meinem neuen Arbeitgeber kommt und geht man nun aber nach Vertrauen. Das verunsichert mich. Zum einen, wie zähle ich meine Stunden überhaupt? Ich habe eine 24-Stunden-Woche verteilt auf vier Tage, komme um 9 und gehe um 15 Uhr. Ist das so in Ordnung? Und kann ich die Pausenzeiten davon abrechnen?

Unsere Expertin, Marta Böning, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund, antwortet: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Was der Volksmund seit langem weiß, ist für Unternehmen in der gesamten EU bei der Dokumentation von Arbeitszeiten jetzt Pflicht. Das hat das oberste europäische Gericht, der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH), vor kurzem entschieden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU haben ein Grundrecht auf die Begrenzung ihrer Arbeitszeiten und auf die tägliche und wöchentliche Ruhezeit. Dieses Recht ist nicht neu, aber ohne Erfassung der Arbeitszeit wirkungslos. Deshalb entschied der EuGH, dass Mitgliedsstaaten Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die jeweilige geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Das bedeutet, dass Modelle, bei denen ausschließlich Ziele oder Aufgaben vereinbart, die Arbeitszeiten dagegen nicht dokumentiert werden, gegen das EU-Recht verstoßen und damit nicht zulässig sind. Der Aufwand ist gering: Mit digitalen Tools lassen sich Arbeitszeiten heute mit wenigen Klicks transparent und unkompliziert erfassen.

Sechs Stunden arbeiten am Tag - eine Punktlandung

Zurück zu Ihrem Fall: Nur weil Ihr Arbeitgeber Vertrauensarbeitszeit praktiziert, heißt das nicht, dass Arbeitszeiten nicht gemessen werden können. Auch hier lassen sich die Zeiten, in denen Sie Ihren Aufgaben nachgehen, bestimmen und damit als Arbeitszeit erfassen. Sie haben eine 24-Stunden-Woche vereinbart, verteilt auf vier Tage die Woche. Arbeiten Sie sechs Stunden durchgehend, erreichen Sie eine Punktlandung. Denn Ihr Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Ihnen spätestens nach der sechsten Arbeitsstunde eine 30-minütige Pause zu gewähren, die nicht als Arbeitszeit gilt. Dauert der Arbeitstag mehr als neun Stunden, müssen Sie mindestens eine 45-minütige Pause bekommen, die Sie im Laufe des Tages in 15-minütige Abschnitte aufteilen können. Darüber hinausgehende Arbeitsunterbrechungen sind in vielen Betrieben kein Problem, zählen aber grundsätzlich nicht als Arbeitszeit.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

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