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Berufliches Aus. Der Arbeitgeber darf nur unter bestimmten Bedingungen krankheitsbedingt kündigen.

© Julian Stratenschulte dpa/lni

Arbeitsrecht: Muss man wegen Krankheit gehen?

Kann der Chef einer Mitarbeiterin kündigen, wenn sie Krebs hat? Die Frage beantwortet die Arbeitsrechtlerin beim DGB Marta Böning.

Unsere Leserin fragt: Ich bin an Krebs erkrankt und hatte deshalb im vergangenen Jahr einige Fehlzeiten. Weil mein Chef davon ausging, dass ich meinen Job nicht mehr ausüben kann, hat er mir nun gekündigt. Darf er das? Dabei sieht es so aus, als könnte ich in zwei Monaten, nach der Reha, wieder arbeiten.

Die Arbeitsrechtlerin Marta Böning erklärt: Sind Sie bei Ihrem Arbeitgeber länger als sechs Monate beschäftigt und hat Ihr Betrieb mehr als zehn in Vollzeit angestellte Personen (inklusive der zusammengerechneten Teilzeitstellen), dann genießen Sie den allgemeinen Kündigungsschutz. Ihr Arbeitgeber benötigt einen wirksamen Grund um Sie zu entlassen.

Doch entgegen der verbreiteten Auffassung, die sich zwar mit dem Recht der DDR gedeckt, aber nie in der Bundesrepublik gegolten hat, darf auch während und gerade aufgrund einer Erkrankung gekündigt werden. Eine „krankheitsbedingte Kündigung“ ist aber nur rechtmäßig, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:

Zunächst muss Ihr Arbeitgeber nicht nur belegen, dass Sie in der Vergangenheit häufig krankheitsbedingt arbeitsunfähig waren, sondern er muss nachweisen, dass dies auch für die Zukunft zu erwarten ist. Das könnte der Fall sein, wenn sie an einer chronischen Krankheit leiden, die Sie arbeitsunfähig macht, mit einer Besserung aber nicht zu rechnen ist. Bei einer oder mehreren ausgeheilten Erkrankungen ist dagegen nicht davon auszugehen, dass mit derartigen Leiden auch in Zukunft gerechnet werden muss. Bei einer Langzeiterkrankung wie Ihrer wiederum könnte man von einer negativen Prognose ausgehen, wäre es nicht wahrscheinlich, dass Sie in absehbarer Zeit wieder einsatzfähig sind. Doch das scheint ja der Fall zu sein.

Einer längeren Erkrankung wie Ihrer darf der Arbeitgeber allerdings nicht tatenlos zusehen: Er ist verpflichtet, Bemühungen zu unternehmen, um Ihren Arbeitsplatz leidensgerecht zu gestalten, um Ihre Arbeitsfähigkeit zu unterstützen beziehungsweise einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen. Das passiert im Rahmen eines so genannten  betrieblichen Eingliederungsmanagements.

Die betrieblichen Abläufe erheblich gestört

Des Weiteren muss der Arbeitgeber belegen, dass Ihre Fehlzeiten sowohl zu erheblichen Störungen der betrieblichen Abläufe als auch zu finanziellen Belastungen führen. Dazu kann es in kleineren Betrieben beispielsweise kommen, wenn es durch häufige Ausfälle eines Mitarbeiters Umsatzeinbußen gibt, wenn für andere Beschäftigte oft Mehrbelastungen entstehen oder der Arbeitgeber bei häufigen Kurzerkrankungen immer wieder Entgeltfortzahlung leisten muss.

Schließlich müssen die Interessen des Arbeitgebers, Ihnen zu kündigen, Ihr Interesse, den Arbeitsplatz zu erhalten, überwiegen. Das ist bei einer schwerwiegenden Erkrankung in einem langjährigen, störungsfreien Beschäftigungsverhältnis anders zu bewerten als bei einem kurzen Arbeitsverhältnis, das von häufigen Krankheitszeiten gekennzeichnet war.

Nur wenn alle drei Anforderungen erfüllt sind, wird Ihr Arbeitgeber mit seiner Kündigung Erfolg haben. Entscheidend dabei ist: Sie müssen gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagen und zwar innerhalb von drei Wochen, nachdem Sie die schriftliche Kündigung erhalten habe. Halten Sie die Frist nicht ein, ist die Kündigung wirksam.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Marta Böning

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