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Hin- und hergezogen. Für Mütter ist es oft nicht leicht, ihre Arbeitszeit auf die Betreuungszeit der Kinder abzustimmen.

© dpa

Arbeitsrecht: Bestimmt der Chef die Arbeitszeit?

Hat man Anspruch darauf, die Bürozeit im gewissen Rahmen selbst festzulegen? Die Arbeitsrechtlerin Marta Böning erklärt, was Recht ist.

Unsere Leserin fragt: Ich arbeite Vollzeit als Assistentin der Geschäftsführung und würde gern meine Arbeitszeit verschieben. Mein Chef möchte, dass ich zwischen 8 und 16.30 Uhr im Büro bin. Da die Kita meiner Tochter aber um 16 Uhr schließt und ich jeden Tag auf Unterstützung einer Babysitterin angewiesen bin, würde ich lieber, wie einige Kolleginnen in der Verwaltung, bereits um 7 Uhr anfangen und um 15.30 Uhr Feierabend machen. In meinem Arbeitsvertrag steht nicht, wann ich zu arbeiten habe. Kann ich von meinem Chef verlangen, meine Arbeitszeit entsprechend zu ändern?

Marta Böning, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund, antwortet: Eine einfache Antwort auf Ihre Frage gibt es nicht. Auch wenn in Ihrem Vertrag die Lage der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, kann es durchaus sein, dass bei Ihnen im Betrieb verbindlich geregelt ist, wie viel Spielraum Beschäftigte bei der Gestaltung der Arbeitszeit haben. Daran wäre auch Ihr Chef gebunden.

Denkbar ist beispielsweise, dass die betriebliche Arbeitszeit als so genannte Gleitzeit geregelt ist. Das bedeutet, dass Beschäftigte in den Kernzeiten „von-bis“ anwesend sein müssen, innerhalb der so genannten Gleitzone den Beginn und das Ende ihrer täglichen Arbeitszeit aber selbst bestimmen können – vorausgesetzt, sie halten ihre wöchentliche Arbeitszeit ein. Wäre dann die morgendliche Gleitzeitzone beispielsweise zwischen 7 und 9 Uhr festgelegt, könnte Ihr Chef nicht ohne Weiteres verlangen, dass Sie erst um 8 Uhr Ihre Arbeit beginnen.

Gleiches gilt, wenn es in Ihrem Unternehmen ausdrücklich geregelt ist, dass jeder Beschäftigte innerhalb der betrieblichen Arbeitszeiten seine individuelle Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Ob es bei Ihnen eine solche Regelung gibt, erfahren Sie von Ihrem Betriebsrat, der an der Festlegung der Regeln beteiligt ist.

Der Chef muss abwägen: Was ist wichtiger?

Fehlt es aber an einer Regelung der betrieblichen Arbeitszeiten und ist die Lage der Arbeitszeit im Vertrag nicht fixiert, darf der Chef sie bestimmen. Er muss dabei unter Abwägung der betrieblichen Interessen grundsätzlich auf Ihre familiären Verpflichtungen, vor allem die Belange der Kinderbetreuung, Rücksicht nehmen. Das Ergebnis kann, je nach Einzelfall, unterschiedlich ausfallen. So stellt sich bei Ihnen die Frage, wie unverzichtbar Ihre Assistenz bis 16.30 Uhr tatsächlich ist und wie sehr Sie darauf angewiesen sind, Ihre Arbeitszeit zu verschieben.

Anspruch darauf, die tägliche Lage Ihrer Arbeitszeit nach Ihren Bedürfnissen festzulegen, haben Sie also nicht. Sie können eine feste Lage der Arbeitszeit nur dann fordern, wenn Sie Ihre Arbeitszeit gleichzeitig reduzieren – auch hier kann der Arbeitgeber jedoch aus betrieblichen Gründen Nein sagen. Die Rechtslage ist für Arbeitnehmer, die familiäre Sorgearbeit leisten, unbefriedigend.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Marta Böning

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