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Kein Zutritt. Wenn man sich nicht an der Uni treffen kann, dann eben virtuell. Endlich macht die digitalisierte Hochschule richtig Sinn.

© imago images/STPP

Arbeitsmarkt Hochschule: Hinter geschlossenen Türen

An den Berliner Hochschulen herrscht seit Wochen Notbetrieb. Jetzt wird langsam wieder Personal eingestellt.

Es geht ruhig zu an den Berliner Hochschulen. Dort wo üblicherweise zum Semesterstart Tausende von Studierenden Flure, Vorlesungssäle und Mensen bevölkern, herrscht in diesen Tagen in Folge von Sars-CoV-2 nahezu Stille. Die Lehre ist ins Internet verlagert. Das gilt auch für viele Verwaltungsabläufe der Hochschulen, zum Beispiel für Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren.

So hat zum Beispiel die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin am 23. März mit Beginn des Präsenznotbetriebs alle laufenden Auswahlverfahren erst einmal auf Eis gelegt. „Die HWR hat keine neuen Stellenausschreibungen veröffentlicht, keine Auswahlverfahren durchgeführt und keine Neueinstellungen vorgenommen“, sagt HWR-Sprecherin Sylke Schumann. Dies sei geschehen, um soziale Kontakte, die mit Auswahlgesprächen, Personalratssitzungen oder auch Vertragsunterzeichnungen verbunden seien, weitgehend einzuschränken und so der Ausbreitung von Sars-CoV-2 entgegenzuwirken. Seit dem 20. April werden an der HWR aber nun wieder Stellen ausgeschrieben und Bewerbungen entgegengenommen.

Die Notsituation hat dazu geführt, dass Bewerbungsprozesse weiter ins Digitale verlagert werden. Personalabteilung und Personalrat tauschen Unterlagen beispielsweise ausschließlich digital aus, Personalratssitzungen werden per Videokonferenz, Vorstellungsgespräche online durchgeführt.

„Für die Unterzeichnung von Arbeitsverträgen etablieren wir gerade ein Verfahren, das möglichst wenige unmittelbare Begegnungen erfordert“, sagt Sprecherin Sylke Schumann.

Die Personalentscheider der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin setzen bei Bewerbungsgesprächen auf Audio- und Videoverfahren. Allerdings, sagt Sprecher Hans-Christoph Keller, müssten dem vorher alle Bewerberinnen und Bewerber sowie alle Mitglieder der Auswahlkommission zustimmen – also auch Vertreter des Personalrates, der Schwerbehindertenvertretung oder der zentralen Frauenbeauftragten. Keller erklärt: „Wenn die Zustimmung erfolgt ist, kann das Bewerbungsverfahren durchgeführt werden.“

Bei Online-Vorstellungsgesprächen auf Datenschutz achten

Ähnlich wie die HWR nahm auch die Technische Universität (TU) Berlin zu Beginn des Präsenznotbetriebs Einschränkungen bei Stellenausschreibungen vor. Vorstellungsgespräche fanden nicht statt. „Die Bereiche wurden gebeten, auf die Nutzung datenschutzrechtlich bedenklicher Tools wie Skype zu verzichten“, sagt Beate Niemann-Wieland, Leiterin der Personalabteilung der TU Berlin. Ein von der TU entwickeltes technische Tool, das in dieser Woche an den Start ging, soll datenschutzkonforme Vorstellungsgespräche ermöglichen. Das Einstellen von Personal, das die Vorstellungsgespräche bereits vor der Pandemie absolviert hat, werde weiter durchgeführt.

Auch aktuell würden aufgrund der Coronakrise weniger Stellen als üblich ausgeschrieben, weil die einzelnen Fachgebiete und Abteilungen der TU wegen des Präsenznotbetriebs nach weniger Mitarbeitern suchten.

Besonders gefragt sind an Berliner Hochschulen neben den Wissenschaftlern die IT-Experten. So schreibt die TU verstärkt Stellen für IT-ler aus und auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. „Seit Jahren betreibt unsere Hochschule den Ausbau digitaler Infrastruktur aktiv voran“, sagt der Präsident der HTW, Carsten Busch. Seit Jahresbeginn werde ein neues Campus-Management-System umgesetzt. Auch dafür würden Fachkräfte gebraucht.

Ebenso seien IT-ler vermehrt in den mehr als 60 Laboren der HTW gefragt: „Das Thema Digitalisierung hält Einzug in unsere technischen Labore.“ Vom Fachbereich Maschinenbau über die Naturwissenschaften bis zum Design kämen elektronische oder digitale Steuerungskomponenten zum Einsatz, zum Beispiel 3D-Druck oder die Steuerung von chemischen Analyseverfahren im Studiengang LifeScience. Für diese Aufgaben seien Laboringenieure sowie IT-affine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt.

Wer kennt sich mit Drittmitteln aus?

Auch Sachbearbeiter sind an den Berliner Hochschulen gefragt. An der Hochschule für Wirtschaft und Recht etwa seien derzeit rund 20 Stellen für nichtwissenschaftliches Personal zu besetzen, sagt Sprecherin Schumann. Die TU sucht jetzt vor allem Sachbearbeiter im Drittmittelbereich sowie Fachtechniker.

Trotz Notsituation und schwierigen Stellenbesetzungen blickt die HWR-Kanzlerin Sandra Westerburg optimistisch nach vorn: „Wir hoffen, dass die momentane Situation trotz all der damit verbundenen Einschränkungen und Sorgen auch etwas Positives hervorbringt, nämlich dass sie Hochschulen bei der Rekrutierung von Fachpersonal wettbewerbsfähiger macht“, sagt sie. Viele Mitarbeiter würden sich jetzt bewusst, dass es eine Reihe von Faktoren gebe, die höhere Gehälter, wie sie in der Wirtschaft in der Regel gezahlt würden, aufwiege: die Sicherheit etwa, die der öffentliche Dienst biete, die größere Flexibilität bei der Gestaltung des Arbeitsumfelds, die dynamische Anpassung der Arbeitsbedingungen und -aufgaben. Westerburg sagt: „Vielleicht gelingt es uns dadurch in Zukunft auch besser, qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber vor allem für unsere ohnehin schon laufenden IT-Vorhaben zu gewinnen.“

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