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Tech-Geschichte. Am 27. Januar 2010 präsentierte Steve Jobs in San Francisco das erste iPad. Es folgte der erfolgreichste Verkaufsstart eines Elektronik-Produkts für den Massenmarkt. Und die Konkurrenz legte mit eigenen Tablets nach.

© dpa

Apples Tablet-Revolution feiert Geburtstag: Das iPad – eine Liebe auf den zweiten Blick

Apples iPad hat sich auf dem Markt durchgesetzt. Danach sah es vor zehn Jahren nicht aus – das erste Tablet-Modell landete im Müll.

Von Laurin Meyer

Eines werde es zu seinem Tablet-Computer niemals geben, beteuerte Apple-Gründer Steve Jobs immer wieder: einen Stift.

„Du kramst ihn aus, du packst ihn weg, und dann verlierst du ihn“, hat Jobs gegenüber seinem Biographen über das Schreibzeug gesagt. „Gott gab uns schon zehn Griffel. Lasst uns nicht noch einen neuen erfinden.“

Ein Tablet ohne Stift? Das hatten sich Konkurrenten nie zuvor getraut.

Vor zehn Jahren stellte der damalige Apple-Chef das erste iPad vor. Einen Stift gab es wie angekündigt nicht, dafür besaß das Gerät einen hochsensiblen Touchscreen, um es mit den Fingern bedienen zu können.

Es war – wie schon das iPhone drei Jahre zuvor – eine technische Innovation. Statt wie sonst bei Produktpräsentationen auf der Bühne zu stehen, fläzte sich Jobs diesmal in einen Ledersessel, um die Bequemlichkeit im Umgang mit dem Gerät zu demonstrieren. Mails schreiben, Fotos anschauen, E-Books lesen: Das iPad sollte seriöser sein als ein Smartphone, aber lässiger als ein Laptop.

Enorme Nachfrage

Bereits einen Monat nach der Markteinführung hatte Apple gut eine Million iPads verkauft – das ging doppelt so schnell wie bei der Einführung des iPhone. Nach neun Monaten waren es bereits 15 Millionen verkaufte iPads. Damit legte das Apple- Tablet den bis dahin erfolgreichsten Verkaufsstart eines Elektronikgeräts überhaupt für den Massenmarkt hin. Und der Erfolg machte das iPad zum Vorbild für eine ganze Geräteklasse.

Zahlreiche Hersteller zogen nach und produzierten ähnliche Geräte. Noch im selben Jahr brachte der koreanische Handybauer Samsung seinen Bildschirmcomputer heraus. Der chinesische Tech-Konzern Huawei begann etwas später, den Markt mit Kampfpreisen aufzumischen. Microsoft versuchte es zuletzt mit einem Hybriden aus Laptop und Tablet. Und auch Apple selbst erweiterte die Reihe seiner iPads in rasendem Tempo. Vier Variationen gibt es mittlerweile; etwa besonders klein, besonders flach oder besonders leistungsstark. Das Standardmodell ist mittlerweile in der siebten Generation auf dem Markt.

Marktanteil von 38 Prozent

Mit der Vielfalt der Versionen will sich Apple gegenüber der Konkurrenz behaupten. Im zweiten Quartal des vergangenen Jahres hatte der Konzern mit seinen iPads immerhin einen Marktanteil von schätzungsweise rund 38 Prozent, gefolgt von Samsung (15,2 Prozent) und Huawei (10,3 Prozent). An die Anfangszeiten, in denen Apple zeitweise mehr als 60 Prozent des Marktes abgedeckt hat, kann der Konzern aus Cupertino aber schon lange nicht mehr anknüpfen.

Die Idee für den flachen Handcomputer geht nicht auf Steve Jobs zurück. Stattdessen wollte der damalige Apple-Chef John Sculley sein Talent als Visionär unter Beweis stellen, schon kurz nachdem er den mittlerweile verstorbenen Gründer im Jahr 1985 aus dem Unternehmen gedrängt hatte. Newton hieß sein Projekt – ein digitaler Notizblock samt Stift, der 1993 erstmals auf den Markt kam.

Ein Verkaufserfolg wurde das Gerät jedoch nie. Das dürfte auch am damaligen Preis gelegen haben. Knapp 700 Dollar rief Apple zum Start für den kleinen Handcomputer auf, inklusive Zubehör konnten Kunden auch schon mal mehr als 1000 Dollar ausgeben.

Samsung war vor Apple

Als Jobs im Jahr 1999 als Hoffnungsträger zum Tech-Konzern zurückkehrte, warf dieser die Tablets in den Müll – im wahrsten Sinne des Wortes. Zehntausende Newtons sollen damals in Apples angemieteter Deponie in Utah vergraben worden sein, heißt es. Zusammen mit fast 3000 Exemplaren des Lisa-Computers, die sich ebenfalls schlecht verkauften.

Andere hatten die Idee für eine digitale Schreibtafel aber noch früher. Die ersten Konzepte für kleine Bildschirmcomputer entstanden bei Apples Konkurrenten Ende der 80er-Jahre. Samsung baute im Auftrag einer US-Computerfirma das sogenannte Gridpad, so groß wie ein DIN- A4-Blatt und ganze vier Zentimeter dick. Das Gerät gilt heute als eines der ersten Tablets, das tatsächlich produziert worden ist. Der Zweck: Nutzer sollten handschriftliche Notizen machen, eine Texterkennung das Geschriebene dann digitalisieren. Das Gridpad sollte in der Lagerverwaltung, bei der Polizei, im Krankenhaus oder anderen Unternehmen zum Einsatz kommen, die täglich massenhaft Daten erfassen müssen. An den Heimnutzer dachte damals noch niemand. Das änderte sich erst mit den ersten digitalen Assistenten, die aus programmierbaren Taschenrechnern hervorgingen.

Auch Siemens hatte ein Produkt

Mit den kompakten Geräten sollten Besitzer vor allem Termine oder Adressen verwalten können. Der unmittelbare Vorläufer des iPads hat sogar einen deutschen Ursprung: Zur Jahrtausendwende brachte Siemens das Simpad auf den Markt, zunächst in der Schweiz, später vertrieb die Telekom das Gerät auch hierzulande. Behaupten konnte sich allerdings keines dieser Geräte. Und dann kam das iPad.

Die Macher bei Apple träumten schon davon, die klassischen PCs abzulösen. Und tatsächlich stiegen die Absatzzahlen der iPads zunächst stetig an und erreichten im Jahr 2013 mit rund 70 Millionen Stück ihren Höhepunkt. Parallel ging der Absatz von Laptops zugunsten der Tablets spürbar zurück. Gefährlich werden konnte das iPad den etablierten Rechnern aber nie.

Zuletzt sanken die Verkäufe sogar wieder, auch weil Verbraucher das iPad seltener gegen ein neues tauschen, ganz anders als bei Smartphones. Im Jahr 2018 wurden nur noch 43,5 Millionen iPads verkauft. Seitdem veröffentlicht Apple keine Absatzzahlen mehr. Analysten zweifeln am weiteren Erfolg – und setzen ihre Hoffnungen in die nächste Apple-Innovation. So spekulieren Beobachter etwa, der Konzern könnte im kommenden Jahr ein faltbares Tablet mit biegbarem Display auf den Markt bringen.

Jetzt kommt doch noch der Stift

Geht es nach Apple-Chef Tim Cook, soll bis dahin ein ganz bestimmtes Zubehör die Verkäufe wieder ankurbeln: ein Stift. Vor etwas mehr als einem Jahr brachte Apple die zweite Generation des „Apple Pencil“ heraus. Damit will der Konzern das iPad vor allem für Künstler und Kreative attraktiver machen, die aufwendige Skizzen zeichnen wollen. Was Steve Jobs wohl beim Blick auf das Preisschild gesagt hätte? Für den kleinen Stift, den es niemals hätte geben sollen, verlangt der Konzern 135 Euro.

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